WiSe 2000/01

Lehrveranstaltungen von Prof. Dr. Rebekka Habermas


  • Vorlesung: Die Revolution von 1848

    Im Mittelpunkt der Vorlesung stehen die Ereignisse von 1848 und 1849 im deutschsprachigen Raum. Da 1848 ein europäisches Revolutionsjahr war, sollen auch Ausblicke auf die Situation in Frankreich, Italien und Österreich gegeben werden. Angefangen von einem einführenden Überblick über die soziale und wirtschaftliche Situation im Vormärz, wird ausführlich auf die kleineren und größeren Tumulte im Februar, März und April 1848 eingegangen: auf die bürgerlichen Proteste, die Agrartumulte und die Unterschichtenaufstände etwa der Berliner Erdarbeiter. Wie aus diesen Protesten schließlich die Revolution von 1848 ? mit einem ersten Parlament auf deutschem Boden ? wurde, soll in den einzelnen Etappen untersucht werden. Betrachtet werden die Formen der unterschiedlichen Fraktionen und Parteiungen, die Reaktionen der Landesherrschaften, die politische Ziele hatten, und schließlich die Frage, warum die Revolution scheiterte. Überdies soll nach den Folgen von 1848 gefragt werden.

    Literatur: Christof Dipper/Ulrich Speck (Hg.), 1848. Revolution in Deutschland, Frankfurt a.M. 1998; Wolfram Siemann, Die deutsche Revolution von 1848/49, Frankfurt a.M. 1985; Manfred Gailus, Straße und Brot. Sozialer Protest in den deutschen Staaten unter besonderer Berücksichtigung Preußens, 1847?1849 , Göttingen 1990; Dieter Dowe/Heinz-Gerhardt Haupt/Dieter Langewiesche (Hg.), Europa 1848. Revolution und Reform, Bonn 1998.



  • Seminar für fortgeschrittene Anfänger: Ländliche Gesellschaft im 19. Jahrhundert

    Im 19. Jahrhundert lebten mehr als zwei Drittel der Gesellschaft auf dem Lande: Sei es als Handwerker, als Heimarbeiterinnen, Vollbauern oder Mägde ? ihr Leben unterlag nicht zuletzt aufgrund der Agrarreformen erheblichen Veränderungen. Diesen Veränderungen ? ökonomischer, sozialer, mentaler und kultureller Natur ? soll in dem Seminar für fortgeschrittene Anfänger nachgegangen werden. Nach der Intensivierung der Landwirtschaft wird genauso zu fragen sein wie nach den unterschiedlichen Formen der "Landesfabriken". Ebenso wird das teilweise spannungsreiche Verhältnis von Stadt und Land in den Blick genommen und werden die Mythologisierungen vom Landleben untersucht. Gleichzeitig soll ein Überblick über verschiedene Quellentypen (Bildquellen, Ego-Dokumente, Gesetzestexte, Sozialstatistiken, Zeitungsberichte etc.) gegeben und in die bibliographischen Hilfsmittel eingeführt werden.

    Literatur: Richard Evans/William R. Lee (Hg.), The German Peasantry, Conflict and Community in Rural Society from the Eighteenth to the Twentienth Century, London 1986; Werner Troßbach/Clemens Zimmermann (Hg.), Agrargeschichte. Positionen und Perspektiven, Stuttgart 1998; Christof Dipper, Die Bauernbefreiung in Deutschland 1790?1850, Stuttgart 1980.



  • Hauptseminar: Tumulte und Proteste im 18. und 19. Jahrhundert

    Eine Vielzahl größerer und kleinerer Proteste und Tumulte durchziehen das 18. und 19. Jahrhundert: Bauernerhebungen, Handwerkerproteste, Brotunruhen, Katzenmusiken, Arbeiterstreiks. Obschon manche Forderungen und vor allem die sich dahinter verbergenden Vorstellungen von einer gerechten Gesellschaft (oder, wie es der englische Historiker Edward P. Thompson nannte, der "moral economy") zu ähneln scheinen, unterscheiden sich diese Proteste doch erheblich: Die soziale Zusammensetzung der Teilnehmerschaft, ihre Anzahl, ihre Anliegen, die Protestformen und die Reaktionen der jeweiligen Obrigkeit und ihrer Ordnungskräfte weisen eine große Variationsbreite auf. Vielfältig sind die methodischen Zugänge, mit denen die Forschung verstärkt seit den 1970er Jahren versucht, diese Proteste zu untersuchen: Sei es, daß man eher dem "materiellen Kern" der Tumulte nachgeht, sei es, daß man den symbolischen Ausdrucksformen größere Rechnung trägt, sei es, daß man eher quantitative Analysen vornimmt oder dichte Beschreibungen von Einzelfällen. Im Rahmen des Seminars soll nach unterschiedlichen Protesttypen, der Entwicklung vom 18. zum 19. Jahrhundert und nach den unterschiedlichen methodischen Zugangsweisen der neueren und neuesten Protestforschung gefragt werden.

    Literatur: Edward P. Thompson, Die moralische Ökonomie der englischen Unterschichten im 18. Jahrhundert, in: ders., Plebeische Kultur und moralische Ökonomie, hg. von Dieter Groh, Berlin 1980, 66?130; Helmut Berding (Hg.), Soziale Unruhen in Deutschland während der Französischen Revolution, Göttingen 1988; Christina von Hodenberg, Aufstand der Weber. Die Revolte von 1844 und ihr Aufstieg zum Mythos, Bonn 1997.



  • Prof. Dr. Rebekka Habermas/Prof. Dr. Hedwig Röckelein/Prof. Dr. Bernd Weisbrod
    Oberseminar: Kommunikation und Öffentlichkeit


    Im Mittelpunkt dieses Oberseminars steht der Gestalt- bzw. Strukturwandel von Öffentlichkeit und Kommunikation vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert. Dabei wird es einerseits darum gehen, Formen der Öffentlichkeit respektive Privatheit zu diskutieren. Wie läßt sich beispielsweise die "reformatorische Öffentlichkeit" oder die im 18. Jahrhundert neu entstehenden Öffentlichkeiten in den Aufklärungsgesellschaften beschreiben? Was kann unter Teilöffentlichkeit, Gegenöffentlichkeit, Erlebnis- und Ereignisöffentlichkeit verstanden werden, und stellen diese Begriffe sinnvolle Analysekategorien dar? Andererseits werden die unterschiedlichen Medien der Kommunikation untersucht: Von der oralen Kommunikation und bildlichen Darstellungen über die Erfindung des Buchdrucks, über den neu entstehenden Zeitungsmarkt bis zum Radio, Film, Fernsehen und Internet reicht hier das Spektrum. Dabei sollen die Formen und Techniken der unterschiedlichen Medien, ihre Verwendung wie der vielschichtige Komplex der Rezeption untersucht werden und u.a. danach gefragt werden, wie sich die Beziehungen zwischen Öffentlichkeit und Kommunikation, veröffentlichter Meinung und öffentlicher Meinung gestalten.

    Literatur: Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt a.M. 51996, darin das Vorwort zur Neuauflage 1990, 11?50; Gerd Althoff, Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters, in: Frühmittelalterliche Studien 31 (1997), 370?389; Lucian Hölscher, Öffentlichkeit, in: Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Kosellek (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, 8 Bde., Stuttgart 1972?1997, Bd. 4, 413?467; Martin Kintzinger, Communicatio personarum in domo. Begriffe und Verständnis einer Mitteilung aus Wissen, Rat und Handlungsabsichten, in: Heinz-Dieter Heimann in Verbindung mit Ivan Hlavacek (Hg.), Kommunikationspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter und in der Renaissance, Paderborn u.a. 1998, 139?164; Reinhart Koselleck, Politische Sinnlichkeit und mancherlei Künste, in: Sabine R. Arnold/Christian Fuhrmeister/Dietmar Schiller, Politische Inszenierung im 20. Jahrhundert. Zur Sinnlichkeit der Macht, Wien/Köln/Weimar 1998, 25?34.





Lehrveranstaltungen von PD Dr. Thomas Klingebiel


  • Proseminar Neuzeit: 'Familie' und Verwandtschaft in der Frühen Neuzeit

    Das Seminar will Studienanfänger mit den Methoden und Fragestellungen der frühneuzeitlichen Geschichte bekannt machen. Anhand ausgewählter Quellen und historiographischer Darstellungen sollen insbesondere die frühneuzeitlichen Formen der 'Familie' und Verwandtschaft untersucht werden. In methodischer Hinsicht werden ? abgesehen von der Rechts- und Sozialgeschichte ? vor allem Konzepte der Geschlechtergeschichte und Mikrohistorie einbezogen werden.

    Literatur: Winfried Schulze, Einführung in die Neuere Geschichte, Stuttgart 1987; Michael Mitterauer, Familie und Arbeitsteilung. Historisch-vergleichende Studien, Wien/Köln/Weimar 1992.



  • Seminar für fortgeschrittene Anfänger: Probleme der frühmodernen Staatsbildung

    Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung, die als Lektürekurs angelegt ist, wird den Studierenden Gelegenheit gegeben, sich mit den wichtigsten Staatsbildungsparadigmen der Historiographie vertraut zu machen. Neben ausgewählten Monographien, Aufsätzen und Handbuchartikeln, die es erlauben, den Gang der konzeptionellen Diskussion nachzuvollziehen, sollen auch einflußreiche Gesamtdarstellungen in die Seminararbeit einbezogen werden.

    Literatur: Ronald G. Asch/Heinz Duchhardt (Hg.), Der Absolutismus ? ein Mythos? Strukturwandel monarchischer Herrschaft in West- und Mitteleuropa (ca. 1550?1700), Köln/Weimar/Wien 1996; Wolfgang Reinhard (Hg.), Power Elites and State Building, Oxford u.a. 1996, 1?18; Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1999; Ernst Schubert, Fürstliche Herrschaft und Territorium im späten Mittelalter, München 1996; Charles Tilly (Hg.), The Formation of National States in Western Europe, Princeton 1975.




Lehrveranstaltungen von Dr. Tanja Hommen


  • Seminar für fortgeschrittene Anfänger zur Vorbereitung auf die ZP: Männer und Frauen im Krieg (19./20. Jahrhundert)

    In Kriegen sehen wir stets nur Männer als Handelnde ? in der Diplomatie wie im Militär. Im Seminar soll die Beteiligung und Betroffenheit von Männern und Frauen in Kriegen thematisiert werden. Außerdem wird untersucht, wie bereits in der theoretischen Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden die Verknüpfung von Männlichkeit und Krieg hergestellt und definiert wurde. Das Seminar wird zunächst in einige wichtige Theorien zu Krieg und Frieden einführen und sie auf geschlechtsspezifische Zuschreibungen und Erklärungsmuster hin untersuchen. Anschließend werden anhand konkreter Beispiele (Napoleonische Kriege, Amerikanischer Bürgerkrieg, deutsch-französischer Krieg 1870/71, Erster Weltkrieg und Spanischer Bürgerkrieg) Erfahrungs- und Handlungsweisen, die jeweiligen Anforderungen der kriegführenden Parteien an Männer und Frauen sowie geschlechtsspezifische Feindbilder herausgearbeitet. Das Seminar bietet ? neben der Vertiefung von Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens ? eine Einführung in Fragestellungen und Methoden der Mentalitätsgeschichte, der Historischen Anthropologie sowie der Frauen- und Geschlechtergeschichte.

    Literatur: Carl von Clausewitz, Vom Kriege, hgg. von Wolfgang Pichert u.a., Reinbek bei Hamburg 1996; Ute Daniel, Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft. Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1989; Karen Hagemann/Ralf Pröve (Hg.), Landsknechte, Soldatenfrauen und Nationalkrieger. Militär, Krieg und Geschlechterordnung im hostorischen Wandel, Frankfurt a.M./New York 1998; Regina Schulte, Die verkehrte Welt des Krieges. Studien zu Geschlecht, Religion und Tod, Frankfurt a.M./New York 1998; Bertha von Suttner, Die Waffen nieder! Eine Lebensgeschichte, hgg. und mit einem Nachwort versehen von Sigrid und Helmut Bock, Berlin 1990; Françoise Thébaud, Der Erste Weltkrieg. Triumph der Geschlechtertrennung, in: Georges Duby/Michelle Perrot (Hg.), Geschichte der Frauen, 5 Bde., Frankfurt a.M./New York 1993?1995, Bd. 5: 20. Jahrhundert, hgg. von Françoise Thébaud, 33?91.



  • Helmut Göbel/Ludger Grenzmann/Tanja Hommen: Interdisziplinäres Erasmus-Seminar: Das Europa der Revolutionen

    Dieses Seminar wird für ERASMUS-Stipendiaten aus Besançon und Göttingen sowie weitere am Thema Interessierte abgehalten. Von Projektgruppen (Zusammensetzung: binational (multinational), interdisziplinär, Studierende/Dozenten) werden festzulegende Themenkomplexe bearbeitet; von diesen Gruppen werden dem Plenum ausgewählte Materialien und zu erschließende Fragestellungen zur Diskussion vorgelegt; sofern erforderlich, werden auch Hintergrund und Zusammenhänge klärende Kurzbeiträge vorgetragen. Voraussichtlich werden folgende thematische Schwerpunkte gewählt: Aspekte der Französischen Revolution von 1789 sowie ihre Rezeption und Bewertung in Deutschland; die deutsche Revolution von 1918/19 und ihre Folgen.

    Literatur: Reinhart Kosellek, 'Revolution, Rebellion, Aufruhr, Bürgerkrieg', in: Otto Brunner/Werner Conze/ders. (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, 8 Bde., Stuttgart 1972?1997, Bd. 5, 653?788; ferner wird die Informierung über historische Grunddaten von Entwicklung und Verlauf beider Revolutionen empfohlen.