WiSe 2003/04

Lehrveranstaltungen von Prof. Dr. Rebekka Habermas


  • Vorlesung: Geschichte des Kolonialismus

    Mo. 12:15-13:45 Uhr, ZHG 006, Beginn: 20.10.03, Kennziffer: 45790

    Achtung! Raumänderung!
    Die Vorlesung findet nicht, wie angekündigt, im Hörsaal ZHG 004, sondern im Hörsaal ZHG 006 statt.

    Mit der Entdeckung der "Neuen Welt" durch die Europäer begann ein lang anhaltender Prozess der Kolonialisierung. Während die Staaten der iberischen Halbinsel zu Beginn des 19. Jahrhunderts weite Teile ihres Imperiums bereits wieder verloren hatten, begannen andere europäische Staaten mit dem Auf- oder gar schon Ausbau ihrer überseeischen Herrschaft. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts kam es in Afrika, Südostasien sowie im Pazifik zu einer massiven Intensivierung des Kolonialisierungs-prozesses: Dieser wird im Mittelpunkt der Vorlesung stehen.
    Beleuchtet werden sollen die politischen und ökonomischen Aspekte dieses Prozesses genauso wie die sozialen und kulturellen. Dabei wird es auch darum gehen, das mit der Kolonialisierung entstehende globale Beziehungsnetz zwischen Europa und den Kolonien einerseits, und andererseits zwischen den verschiedenen Kolonien beziehungsweise vormaligen Besitztümern untereinander zu beleuchten ? beispielsweise die Arbeitsmigration von Chinesinnen und Chinesen nach Südamerika.
    Überdies soll die innenpolitische Bedeutung des Kolonialen ? etwa in den Rassedebatten ? während des Kaiserreichs untersucht werden. Gleichzeitig werden auch die kolonialen Gesellschaften und ihre Techniken des Widerstands, der Aneignung, der Übernahme oder Selbstzerstörung betrachtet werden.

    Literatur: Birthe Kundrus, Moderne Imperialisten. Das Kaiserreich im Spiegel seiner Kolonien, Köln 2003; Gesine Krüger, Kriegsbewältigung und Geschichtsbewusstsein. Realität, Deutung und Verarbeitung des deutschen Kolonialkrieges in Namibia 1904 bis 1907, Göttingen 1999.



  • Hauptseminar: Bürgertum im 19. Jahrhundert

    Di. 9:15-10:45 Uhr, MZG 1118, Beginn: 21.10.03, Kennziffer: 45801

    Im Laufe des 18. Jahrhundert entsteht bekanntlich die neue soziale Formation des Bürgertums, welche mit dem 19. Jahrhundert in allen wesentlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen der europäischen Gesellschaften wichtige Positionen besetzt. Im Rahmen dieses Seminars soll es darum gehen, zu klären, wie sich diese neue soziale Formation beschreiben lässt, wer zu dieser sich schnell in Wirtschafts- und Bildungsbürgertum ausdifferenzierenden Schicht gehörte. Überdies werden die Selbst- und Fremdwahrnehmung genauso wie die Ausbildung spezifisch bürgerlicher Werte und Praktiken (etwa die Geselligkeitsformen im Privaten und Öffentlichen) zu untersuchen sein. Schließlich soll nach rechtlichen Positionierungen, den politischen Ambitionen, und nach den Vorstellungen von einer neu zu errichtenden bürgerlichen Gesellschaft gefragt werden. Überdies wird es um die Analyse einer spezifisch bürgerlichen Geschlechterordnung gehen und um die Frage, wie gleichsam mit dem Bürgertum andere soziale Formationen im 19. Jahrhundert Gestalt annahmen: das "Proletariat" und der neue Adel.

    Literatur: Jürgen Kocka (Hg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert, München 1988, 3 Bde.



  • Oberseminar: Wissenschaftsgeschichte ? Lektürekurs

    Di. 14:15-15:45 Uhr, Juridicum J 0 21, Beginn: 21.10.03, Kennziffer: 45845

    Im Mittelpunkt des Kurses steht die gemeinsame Lektüre und Diskussion zentraler Texte der neueren Wissenschaftsgeschichte, die in die verschiedenen Themengebiete einführen und gleichsam die methodischen Debatten des Faches kritisch reflektieren.
    Lange Zeit galt die Wissenschaftsgeschichte als Hort von Kategorien wie Genius, Kreativität oder Intuition ? kurzum, Männer und ihre großen Entdeckungen beziehungsweise die hagiographische Verklärung einer vermeintlich freien und unabhängig agierenden Wissenschaft, die sich im Laufe der frühen Neuzeit gegen die dogmatische Kirchenherrschaft durchsetzte, wurden heraufbeschworen. Genau diese Perspektive ist mittlerweile durch die sogenannte neuere Wissenschaftsgeschichte infrage gestellt worden. An ihre Stelle ist eine Wissenschaftsgeschichte getreten, die versucht Strukturen und Praktiken von Wissenssystemen jenseits essentialistischer Fixierungen in den Blick zu nehmen. Gefragt wird nach den Praktiken (etwa das Experiment) und Orten (z.B. das Labor) der Wissensproduktion, nach den Orten der Wissensvermittlung (z.B. das im 19. Jahrhundert erfundene Seminar), nach den Repräsentationen (z.B. die Statistik) und natürlich nach den diskursiven Formationen der Theoriebildung. Ebenso geht es darum, wissenschaftliche Aufbewahrungssysteme (z.B. das Archiv), Netzwerkbildungen, Kartelle des Wissenschaftstourismus und dergleichen mehr zu analysieren.

    Literatur: Michael Hagner (Hg.), Ansichten der Wissenschaftsgeschichte, Frankfurt 2001.



  • Forschungskolloquium

    Di. 18:15-19:45 Uhr, MZG 1118, Beginn: 21.10.03, Kennziffer: 45814

    Im Rahmen des Kolloquiums werden Staatsexamens-, Magister- und Doktorarbeiten sowie laufende Forschungsarbeiten der Neueren Geschichte vorgestellt und diskutiert. Überdies sollen wichtige Neuerscheinungen aus dem Bereich der Kulturgeschichte vorgestellt werden. Insbesondere Studierende in den Abschlusssemestern bzw. der Prüfungsphase sind hoch willkommen, um im Rahmen dieses Seminars eigene und fremde Forschungsarbeiten zu debattieren.







Lehrveranstaltungen von Dr. Alexandra Przyrembel


  • Proseminar I:
    Geburt, Krankheit und Tod im 19. Jahrhundert: Die Geschichte der Medikalisierung


    Di. 16:15-17:45 Uhr, MZG 1213, Beginn: 21.10.03 und
    Mi. 11:15-12:00 Uhr, MZG 1940, Beginn: 22.10.03, Kennziffer: 45791

    Das Proseminar "Geschichte der Medikalisierung" bewegt sich an der Schnittstelle von Medizin-, Sozial-, Geschlechter- und schließlich Kulturgeschichte. Im Zentrum des Seminars steht die Frage nach dem Stellenwert von Geburt, Krankheit und Tod in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Im Zuge der "Medikalisierung", die Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzte und mit der Einführung der staatlichen Sozialversicherung Ende des 19. Jahrhunderts einen ? mittlerweile wieder kontrovers diskutierten ? Höhepunkt erlebte, bildete sich ein dichtes Netz medizinischer Versorgung heraus. Inwieweit dieser Prozess mit der Disziplinierung von Bevölkerungsgruppen einherging oder auch der Durchsetzung bestimmter Körpervorstellungen diente, wird kontrovers zu diskutieren sein.

    Dieses Proseminar I richtet sich an Studierende, die mit dem Studium der Geschichtswissenschaft gerade begonnen haben. In ihm werden sowohl die grundlegenden Hilfsmittel der Geschichtswissenschaften (Fachbibliographien, Zeitschriften, Handbücher etc.) vorgestellt als auch unterschiedliche "Schreibstrategien" und Genres (Essay, Rezension, Hausarbeit etc.) "ausprobiert". Das Seminar schließt mit einer Klausur ab.

    Literatur: Barbara Duden (Hg.), Geschichte des Ungeborenen: zur Erfahrungs- und Wissenschaftsgeschichte der Schwangerschaft, 17.?20. Jahrhundert, Göttingen 2002; Richard J. Evans, Tod in Hamburg: Stadt, Gesellschaft und Politik in den Cholera-Jahren 1830?1910, Reinbek bei Hamburg 1996; Ute Frevert, Krankheit als politisches Problem 1770?1880: soziale Unterschichten in Preußen zwischen medizinischer Polizei und staatlicher Sozialversicherung, Göttingen 1984; Alfons Labisch, Homo Hygienicus. Gesundheit und Medizin in der Neuzeit, Frankfurt ? New York 1992.



  • Seminar für fortgeschrittene Anfänger: Körpergeschichte

    Mi. 16:15-17:45 Uhr, MZG 1213, Beginn: 22.10.03, Kennziffer: 45827

    Die Geschichte der Körper hat Konjunktur - Einzeldarstellungen und Sammelbände, Ausstellungen, Graduiertenkollegs und Tagungen signalisieren, dass die Geschichtswissenschaft dem Körper mittlerweile einen zentralen Ort in der Geschichte zuweist. Ob als Hautstück, gebärender Leib oder zerstückelter Torso, ob als idealtypische Wunschvorstellung oder Negativfolie, die Geschichtswissenschaft rückt der Historizität und Wandelbarkeit der Auffassungen vom Körper "auf den Leib". In dem Seminar sollen nicht nur die bedeutenden theoretischen Debatten - ursprünglich von der US-Amerikanerin Judith Butler initiiert ? nachvollzogen, sondern ebenso die unterschiedliche Codierung 'männlicher' und 'weiblicher' Körper seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert herausgearbeitet werden.

    Das Seminar richtet sich an Studierende der Geschichtswissenschaft und des Studienganges "Geschlechterforschung". Regelmäßige Mitarbeit sowie ein Referat sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme.

    Literatur: Claudia Benthien/Christoph Wulf (Hg.), Körperteile. Eine kulturelle Anatomie, Reinbek bei Hamburg 2001; Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt a.M. 1991; Caroline W. Bynum, The Resurrection of the Body in Western Christianity, 200?1336, New York 1995; Barbara Duden, Die Frau ohne Unterleib: Zu Judith Butlers Entkörperung. Ein Zeitdokument, in: Feministische Studien 2/1993, 24?33; Robert Jütte, Geschichte der Sinne: von der Antike bis zum Cyberspace, München 2000; Maren Lorenz, Leibhaftige Vergangenheit. Einführung in die Körpergeschichte, Tübingen 2000; Philipp Sarasin, Reizbare Maschinen. Eine Geschichte des Körpers 1765?1914, Frankfurt a.M. 2001.