Pilze am lebenden Baum

Die Edelkastanie wird von vielerlei verschiedenen Pilzen befallen.
Die zwei wichtigsten sind Phytophtora cambivora BUISM. und Cryphonectria parasitica MURR. (SCHÜTT et al. 1994).
Phytophtora cambivora BUISM. sowie Ph. cinnamomi RANDS sind beides Erreger der sogenannten Tintenkrankheit der Edelkastanie und haben meist einen tödlichen Ausgang (BUTIN 1996).
Es handelt sich bei den Pilzen um Wurzelparasiten, welche in erster Linie Bäume auf frischen Böden infizieren. Dabei dringt der Pilz mittels dunkler Mycellappen von der Wurzel zur Krone vor (SCHÜTT et al. 1994). Entfernt man die Rinde, kann man eine violett-braune bis schwarze Verfärbung des Kambiums sowie der äußeren Splintschichten erkennen (BUTIN 1996). Die Symptome sind fehlende Fruchtbildung, Blattwelke und Absterben der Krone von außen nach innen. Es finden sich mitunter schwarze Exsudate an der Stammbasis (SCHÜTT et al. 1994). Diese Pilzerkrankung kommt nur im maritimen Klimabereich vor (BUTIN 1996).
tintenkrankheit
Abb. 13: Tintenkrankheit (dunkel verfärbtes Kambium)
(Bild: www.wsl.ch)

Der Erreger des Kastanienrindenkrebses Cryphonectria parasitica MURR. gehört zu den wirtschaftlich bedeutsamsten Schadfaktoren, die bisher auf der Edelkastanie und verwandten Arten aufgetreten sind (BUTIN 1996).
Der Pilz gelangte von Asien über die USA, Genua und den angrenzenden Mittelmeerländern in die Schweiz, wo heute alle Kastanienbestände der schweizerischen Alpensüdseite betroffen sind. Dennoch ist die Kastanie in der Südschweiz in ihrem Überleben nicht bedroht. Seit 1992 tritt der Pilz in Deutschland auf.
Der Pilz, der zu den Ascomyceten gehört, dringt über Wunden in die Rinde ein, die dann entweder oberflächlich oder bis zum Kambium partiell abstirbt (BUTIN 1996).Die befallene Rinde von Stamm und Ästen färbt sich rot, sinkt ein und springt auf (HEINIGER 1994).
Bei älteren, grobborkigen Stämmen ist nach Aufbrechen der abgestorbenen Rinde ein darunterliegendes, cremefarbenes Myzel zu erkennen (BUTIN 1996). Der Baum versucht das zerstörte Gewebe zu überwallen. Oberhalb der befallenen Stelle stirbt die Pflanze ab und die Blätter welken (HEINIGER 1994). Die Folge dieses Absterbens von Ästen oder ganzen Bäumen sowie der umfangreichen Blattwelke ist die Entwicklung von Stockausschlägen, die über viele Jahre gesund bleiben können (BUTIN 1996). Auf der abgestorbenen Rinde bilden sich schließlich gelb-orange bis rote Fruchtkörperchen.
Die Sporen dieses Erregers werden durch Regenwasser, Wind, Vögel, Insekten und Schnecken weiterverbreitet (HEINIGER 1994).
Hauptwirt von C. parasitica ist in Europa die Edelkastanie, wobei sich der Pilz auch auf Eichenarten entwickeln kann (HEINIGER 1994). Hypovirulente Stämme werden jedoch von den Wirtsbäumen abgeblockt (SCHÜTT et al. 1994).
Die Hypovirulenz wird durch einen Virusbefall des Pilzes verursacht, der die Aggressivität des Pilzes schwächt. Im Süden Europas ist die Hypovirulenz im Gegensatz zur Alpennordseite, mit Ausnahme von einem einzelnen Isolat in Deutschland, weit verbreitet. In Kastanienplantagen werden heute Befallsstellen mit hypovirulenten
C. parasitica-Stämmen erfolgreich beimpft, weil das Virus zwischen verschiedenen Pilzstämmen übertragbar ist (HEINIGER 1994).
Krebs
Abb. 14: Aktiver Krebs, tiefe Rindenrisse, Wasserreiser unterhalb des Krebses (Bild: www.wsl.ch)

Zu diesen zwei sehr bedeutenden Krankheiten kommen noch zwei weniger bedeutende Infektionen, die zum einen von Cryptodiaphorte castanea WEHM. und zum anderen von Mycosphaerella maculiformis HUBN. hervorgerufen werden.
Der Rindenpilz Cryptodiaphorte castanea WEHM. verursacht bei Edelkastanien Zweigsterben und Rindennekrosen an Trieben und dickeren Ästen (BUTIN 1996). Mycosphaerella maculiformis HUBN. ruft dunkle Blattflecken mit hellem Rand, gewöhnlich im unteren Kronenbereich, hervor (SCHÜTT et al. 1994).