Forum for Economic Policy

Globalisierung geht mit Wachstum einher



Axel Dreher, Thurgauer Zeitung, p. 7, July 26, 2005


Globalisierung wird oft mit steigender Armut und noch häufiger mit der Erosion von Sozial- und Umweltstandards in Verbindung gebracht. Tatsächlich ging die Globalisierung der letzten Jahrzehnte aber mit einer wachsenden Sozialleistungsquote in den OECD-Ländern und einem hohen Wirtschaftswachstum in globalisierenden Entwicklungsländern einher. Letzteres hat einen starken Rückgang extremer Armut mit sich gebracht, und auch die Umweltstandards sind in den meisten Ländern nicht gesunken, sondern vielmehr gestiegen. Diese gemeinsame Enwicklung lässt freilich zunächst einmal keine kausale Interpretation zu. Sie bedarf fundierter wissenschaftlicher Analyse.


Ob und inwieweit die Globalisierung tatsächlich einen kausalen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik und das Wirtschaftswachstum hat, untersucht eine Reihe am TWI enstandener Forschungsarbeiten. Dazu muss „Globalisierung“ zunächst definiert und gemessen werden. Vereinfacht bezeichnet Globalisierung den weltweiten Austausch von Menschen, Informationen, Ideen, Kapital und Waren. Sie geht damit weit über die wirtschaftliche Globalisierung hinaus, mit der der Begriff häufig gleichgesetzt wird. Wir messen sie mit einem Index, der 23 Variablen kombiniert, darunter Handels- und Kapitalströme, Beschränkungen für Kapital und Waren, das internationale politische Engagement eines Landes, und verschiedene Maße für den Austausch von Informationen zwischen den Bewohnern verschiedener Länder.


Es zeigt sich, dass der negative Einfluss der Globalisierung überschätzt wird. Über die letzten 30 Jahre hat sie in den OECD-Ländern weder die Höhe noch die Zusammensetzung der Staatsausgaben beeinflusst. Das Gleiche gilt für die Steuern auf Konsum und Arbeit; die Steuern auf Kapital sind in Folge der Globalisierung nicht gesunken, sondern vielmehr gestiegen. Eine Studie für 123 Länder zeigt, dass die Globalisierung das Wirtschaftswachstum signifikant erhöht, und somit die Armut in den Entwicklungsländern gesenkt hat. Wäre die Schweiz beispielsweise im gleichen Umfang globalisiert wie die USA – die an der Spitze der Tabelle steht – hätte ihre Wirtschaft jedes Jahr um ungefähr einen Prozentpunkt stärker wachsen können. Für Ruanda beträgt das zusätzliche Wachstum sogar 6 Prozentpunkte im Jahr.


Nicht die Länder, die sich geöffnet haben, zählen heute zu den ärmsten der Welt, sondern die, in denen Bürgerkriege, Diktatoren, Korruption, ethnische Auseinandersetzungen und die Unterdrückung der Frauen den zivilisatorischen Prozess behindern. Die Länder, die sich der Globalisierung nicht gestellt haben.