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Biologie

Die Tanne zählt mit einer maximal gemessenen Höhe von 65 m zu den höchsten Bäumen Europas. Sie erreicht einen Brusthöhendurchmesser von max. 3,8 m. Diese gewaltigen Dimensionen hat man in einem Tannen-Urwald vorgefunden. In unseren Wäldern werden jedoch nur selten solche Maße erreicht. Trotz alledem kann die Weißtanne in unseren wirtschaftlich geprägten Wäldern immer noch beeindruckende Größen erzielen. In ihrer Gestalt stellt sie einen sehr regelmäßig verzweigten, immergrünen Baum mit durchgehendem Stamm dar. Die Äste am Stamm sind scheinquirlig angeordnet (etagiert stehend), wobei die oberen aufrecht, die unteren fast waagerecht oder etwas hängend verzweigt sind. Die Tanne zählt zu den Totasterhaltern. Die abgestorbenen Äste werden erst spät durch eine Astreinigung vom Stamm abgestoßen.



Storchennest03



Abb. 03: Storchennest bei einem Altbaum
(Foto: KIRCHHOFF A.)




Bei der Betrachtung älterer Tannen fällt ein sehr markantes Merkmal auf: Die Ausbildung eines sogenannten „Storchennestes“ im oberen Kronenbereich (s. Abb. 03). Diese arttypische Ausbildung ist auf das Wachstumsverhalten im Alter zurückzuführen, die mit der Einstellung des Höhenwachstums zusammenhängt. Der Gipfeltrieb wird durch weiterhin anhaltenden Zuwachs der Seitentriebe überwachsen.


Nadeln, Knospen und Triebe

Die Tannennadeln besitzen eine Länge zw. 10 - 35 mm und ihre Breite variiert zwischen 2 und 3 mm. Im Allgemeinen sind die Nadeln sprossunterseits länger als oberseits. Diese verschiedenen Nadelgrößen an einem Baum entstehen durch unterschiedliche Lichtexposition. Aber nicht nur die Größe variiert, sondern auch die Stellung der Nadeln am Zweig. So sind Nadeln an Gipfeltrieben, ebenso wie an lichtexponierten Seitenzweigen, kleiner und gleichzeitig radial orientiert. Nadeln, die im Schatten verbleiben, nehmen eine größere Form an und sind am Zweig kammförmig angeordnet.
Durch diesen Unterschied kann die Pflanze geringere Lichtverhältnisse kompensieren. Die Nadeln sind nicht stechend und haben eine abgeflachte Erscheinungsform. Die Oberseite ist dunkelgrün glänzend und es lässt sich eine schwach eingesenkte Mittelader und keine, oder sich nur an der Spitze befindende Spaltöffnungslinien erkennen. Die Unterseite ist eher hell- bis mittelgrün mit silberweißen Spaltöffnungsstreifen und einer erhabenen Mittelader (GODET, 1994) (s. Abb. 04).



Tannennadeln04



Abb. 04: Tannennadeln (Foto: KIRCHHOFF A.)



Eine günstige Eigenschaft der Weißtanne ist, dass durch einen erhöhten Lichteinfluss die Schattenbenadelung durch eine Lichtbenadelung ersetzt werden kann. Mit diesem Nadelübergang ist der sogenannte „Schattenschlaf“ beendet, der mit einem Winterschlaf vergleichbar ist. Bei diesem „Schattenschlaf“ werden die Lebensfunktionen des Baumes auf ein Minimum herabgesetzt. Das Höhen- und Dickenwachstum wird fast vollständig eingestellt, wodurch das Überleben des Baumes gesichert wird. Diese Phase des eingeschränkten Wachstums kann bei einer Tanne bis zu 100 Jahre andauern (MEISTER 1999).
Beim Entfernen der Nadel vom Zweig entsteht dort, wo der „Saugnapf “-artige Nadelansatz am Spross saß, eine glatte runde Narbe. Durch diese Gegebenheit ist eine Unterscheidung zu anderen Nadelbäumen möglich. Das Alter der Nadeln beläuft sich bei gesunden Weißtannen auf 8 - 12 Jahre. Das ist unter den heimischen Nadelbaumarten der Rekord. Erwähnt sei noch der aromatische Geruch (Terpentin-Balsam), der beim Zerreiben der Nadeln zwischen den Fingern entsteht.

Die Knospen sind stumpf, eiförmig und haben eine rötlich hellbraune Färbung. Die Größe der harzfreien Knospe beträgt ca. 5 mm. An der Triebspitze befinden sich i.d.R. eine Terminal- sowie unmittelbar darunter 2 - 5 quirlförmig angeordnete Lateralknospen (s. Abb. 05). Zusätzlich können noch weitere intermediär liegende Knospen vorkommen. Diese Knospen befinden sich zwischen den diesjährigen Quirlknospen und dem vorjährigen Quirl. Die Knospenanzahl ist abhängig vom Entwicklungsstadium des Baumes und der Anordnung des Triebes. Nach dem Austreiben verbleiben die Knospenschuppen am Zweig.

Bei der Ausbildung der Triebe handelt es sich ausschließlich um Langtriebe, die eine blass graubraune Färbung und eine dichtstehende kurze Behaarung aufweisen (s. Abb. 06).



Terminalknospe21 Knospenbehaarung22



Abb. 05 und 06: Terminalknospe und Trieb
(Fotos: KIRCHHOFF A.)




Blüten, Zapfen und Samen

Bei der Tanne handelt es sich um eine monözische (einhäusige) Pflanze, bei der die männlichen und weiblichen Blütenstände getrennt voneinander auf einem Baum vorkommen. Erst spät in ihrem Leben erlangt sie ihre Blühfähigkeit, man spricht auch von Mannbarkeit, d.h. die Fähigkeit keimfähige Samen zu produzieren. Dieses Entwicklungsstadium wird bei freistehenden Tannen mit 30 bis 40 Jahren und im Bestand erst mit 60 bis 70 Jahren erreicht. Um den Gefahren eines Spätfrostes entgegenzuwirken, ist die Blütezeit in den Monaten Mai und Juni.
Die blassgrünen, weiblichen Blütenzapfen (s.Abb. 07) sind weniger zahlreich vorhanden als die männlichen Blüten. Sie stehen aufrecht und einzeln auf der Oberseite vorjähriger Triebe.



weibliche



Abb.07: Weiblicher Blütenzapfen
(Foto: KIRCHHOFF A.)




Die Befruchtung des weiblichen Blütenstandes mit Pollen erfolgt über Windbestäubung. Während der andauernden 5monatigen Zapfenentwicklung verändert sich die Farbe des Zapfens von blassgrün bis hin zu hellbraun. Der reife Zapfen kann 6 - 10 cm lang und 3 - 5 cm dick sein. Nach der Samenreife fällt der Zapfen nicht als Ganzes ab, sondern es lösen sich die Samenschuppen von der Zapfenspindel und sinken zu Boden. Die Zapfenspindel verbleibt noch längere Zeit am Baum (s. Abb. 08). Ein markantes Aussehen erhält der Zapfen durch den zurückgebogenen, grannenartigen Fortsatz der Deckschuppen (s. Abb. 13), der die Samenschuppen überragt (s. Abb. 09).



ZapfenspindelKrone05 ZapfenspindelBoden06



Abb. 08 und 09: Zapfenspindel im Kronenbereich und Zapfenspindel mit restlichen Samenschuppen
(Fotos: KIRCHHOFF A.)




Die männlichen Blüten (s. Abb. 10) befinden sich meist im mittleren und unteren Kronendrittel auf der Unterseite vorjähriger Triebe. Sie stehen einzeln in den Achseln der Nadeln und sind am Grund von bräunlichen Schuppenblättern umgeben. Bei der Reife nehmen sie eine gelbliche Farbe an und haben eine Größe von 2 - 3 cm. Die Pollen, die sie enthalten, sind mit zwei Luftsäcken versehen, die sich deutlich vom Korpus abheben (SCHÜTT, 1994).



Maennliche



Abb.10: Männlicher Blütenstand
(Foto: KIRCHHOFF A.)




In jeder Samenschuppe befinden sich zwei braune, unregelmäßig dreikantige, 7 - 13 mm lange Samen (s. Abb. 12), die aus dem reifen Zapfen nach dem Eintrocknen entlassen werden. Die harzreiche Testa (Samenschale) des Samens ist fest mit einem breiten, dreieckigen Flügel verwachsen (s. Abb. 11). Mit Hilfe dieses Samenflügels, der die Funktion eines „Propellers“ hat, wird die Sinkgeschwindigkeit auf ein Minimum von ca. 1,06 m/sek. reduziert (HECKER, 1998). Somit kann eine seitlich ansetzende Luftströmung erheblich zur Verbreitung des Samen beitragen.



GeflügelterSamen07 Samenhaufen Deckschuppe



Abb. 11,12 und 13: Geflügelter Samen, Samen und einzelne Samenschuppe
(Fotos: KIRCHHOFF A.)




Rinde



Die Rinde jüngerer Tannen unterscheidet sich im Aussehen erheblich von derjenigen der Älteren (s. Abb.15). Erstere besitzen eine hellgraue und glatte Rinde, die mit kleinen Harzblasen versehen ist. Bei älteren Weißtannen findet eine Entwicklung von der glatten Rinde hin zur grobrissigen Schuppenborke mit deutlichen Querrissen, auch „Tafelborke“ genannt, statt. Diese Veränderung entsteht im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Die gebildeten Schuppen weisen eine Dicke von 3 bis 8 mm, wobei die Innenrinde eine rötlich-braune Färbung aufweist (s. Abb. 14).



AlteBorke10 JungeBorke11



Abb. 14 und 15: Rinde eines Altbaumes und Rinde eines Jungbaumes
(Fotos: KIRCHHOFF A.)




Wurzelwerk der Weißtanne

Es wird ein tiefreichendes, kräftiges Pfahl- oder Herzwurzelsystem ausgebildet, das wiederum schwach verzweigt ist. In der Jugend bildet die Weißtanne eine typische Pfahlwurzel aus, die allerdings in den ersten 10 Jahren nur 40 cm in den Boden eindringt. Ab einem Alter von 30 - 40 Jahren entstehen aus den mittlerweile gebildeten kräftigen Seitenwurzeln die sogenannten „Senker“, die zusammen mit der Pfahlwurzel den Bodenraum bis zu einer Tiefe von 1,6 m erschließen können. Das voll ausgebildete Wurzelsystem, das auch „Herzwurzelsystem“ genannt wird, besteht aus Pfahlwurzel, Seitenwurzeln, Feinwurzeln und Senkern.
Dieses charakteristische Wurzelbild der Weißtanne wurde auf fast allen Standorten, auf denen die Weißtanne vorkommt, nachgewiesen. Sie besitzt die besondere Fähigkeit, bis ins hohe Alter Wurzelmasse zu bilden. Hierauf wird auch die langanhaltende Zuwachsleistung dieser Baumart zurückgeführt. Die Gesamtwurzellänge kann bei einer 100-jährigen Tanne bis zu 270 m betragen. Mit der Ausbildung eines tiefgreifenden Wurzelsystems garantiert die Tanne nicht nur sturmstabile Wälder, sondern auch den Schutz des Bodens vor Erosion.