Daten - mit Sicherheit bedroht? Aktuelle Herausforderungen im Datenschutz

Das Thema Datenschutz wird immer wieder und unter unterschiedlichen Aspekten öffentlich kontrovers diskutiert. Stand in den 1980er Jahren im Zusammenhang mit der Volkszählung der Schutz der Bürger vor einem vermeintlichen oder tatsächlichen ungezügelten Wissensanspruch des Staates im Mittelpunkt der Kontroverse, stellt sich das Thema heute komplexer dar. Das Thema Datenschutz wird nicht mehr nur als Schutzanspruch des Bürgers gegenüber dem Staat diskutiert. Hinzu kommt eine aktive Rolle des Staates zum Schutz der Interessen der Bürger gegenüber privaten kommerziellen Interessen.

Moderiert von Prof. Dr. Kilian Bizer diskutierten am 19. Juni 2014 der Datenschutzbeauftragte von Niedersachsen Joachim Wahlbrink mit Prof. Niko Härting, Rechtsanwalt, Prof. Dr. Andreas Busch, Institut für Politikwissenschaft, Universität Göttingen, und Prof. Dr. Gerald Spindler, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Universität Göttingen verschiedene Aspekte des Datenschutzes.

Eingangs präsentierte Andreas Busch ausgewählte Aspekte des Themas. Er betonte, dass der Begriff "Datenschutz" insofern irreführend sei, als es letztlich um den Schutz der Bürger und ihrer Rechte, nicht aber in erster Linie um den Schutz der Daten gehe. Er zeigte die unterschiedlichen Interessen im Zusammenhang mit Datenschutz, wie etwa ökonomische Interessen, Sicherheitsinteressen und die bürgerrechtliche Perspektive. Am Ende seines Impulsreferates wies er auf Zielkonflikte beim Schutz der Privatheit hin, etwa im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung oder der Verbrechensbekämpfung.

Im Anschluss wies Joachim Wahlbrink auf die Diskrepanz zwischen der desinteressierten Öffentlichkeit und der Omnipräsenz des Themas hin. So droht seiner Auffassung nach eine Überwachung über jegliche Form von Netzen (z. B. Straßen-, Wasser- und Stromnetz). Durch die allgegenwärtige Überwachung sieht er gravierende Folgen für das gesellschaftliche Miteinander in wirtschaftlichem und politischem Verhalten. Dies beinhaltet sowohl die Tendenz zur Monopolisierung der Märkte als auch ein Rückgang an selbstbestimmter demokratischer Partizipation.

Niko Härtling strich in seinem Vortrag heraus, dass wir alle Datenverarbeiter seien. Datenverarbeitung finde beispielsweise auch dadurch statt, dass wir personenbezogene Daten wie Adressen in einem Smartphone speichern. Auch da ließe sich fragen, ob man nicht die Erlaubnis des Datenbesitzers einholen müsse. Er wies darauf hin, dass Nachrichtendienste vor neuen Herausforderungen stehen. Allerdings bedürfe die nachrichtendienstliche Aktivität einer größeren Kontrolle durch das Parlament. Im internationalen Vergleich gelte es zu beachten, dass die Befugnisse der Nachrichtendienste sehr unterschiedlich seien. Pauschale Äußerungen seien daher nicht sinnvoll.

Gerald Spindler betonte in seinem Impulsreferat, dass man die vermeintlichen Monopolisierungstendenzen durch die Digitalisierung der Wirtschaft relativieren müsse. Im Zeitverlauf habe sich herausgestellt, dass Marktanteile sich drastisch ändern können, wenn man z. B. die Entwicklung des Portals "Myspace" betrachte. Wenn Konsumenten Datenschutz bei der Nutzung digitaler Dienste wichtig sei, so stellte Spindler heraus, werden sie auch tendenziell solche Dienste wählen, die schonend mit Daten umgehen. Vorstellbar wären Regelungen, die aus persönlichen Daten über Standardlizenzen handelbare Güter machen. Indem persönliche Daten lizensiert werden würden, könnte die Übertragung geregelt und mit einem Haftungsanspruch verbunden werden. Gleichzeitig könnte der ökonomische Wert auch Anreiz sein, die eigenen Daten zu wertschätzen und damit ein sinnvolles Schutzniveau zu wählen.

In der anschließenden Diskussion wurde die Lizenzierung von persönlichen Daten noch einmal aufgegriffen und unter verschiedenen Gesichtspunkten wie der Praktikabilität dieser Überlegung, auch vor dem Hintergrund von Verteilungsfragen beleuchtet. Auch wurde noch einmal das Nutzerverhalten, etwa bei der Nutzung von Smartphones erörtert. So zahlt man i.d.R. bei "kostenlosen" Programmen den "Preis", dass die Daten des Nutzers weiterverarbeitet werden. Durch ein geändertes Nutzerverhalten könnten Konsumenten Marktmacht entfalten. Auch für andere Bereiche als die Smartphone-Nutzung gilt, dass die Akzeptanz der Datenverarbeitung steigt, je größer der wahrgenommene Nutzen dieser Maßnahme ist. So wird Videoüberwachung typischerweise dort akzeptiert, wo die Bevölkerung sich einen Sicherheitsgewinn davon verspricht. Dort, wo Konsumenten Kosten und Nutzen nicht richtig abwägen können, insbesondere bei minderjährigen Nutzern, muss auf systematische Fehleinschätzungen vielleicht auch regulatorisch reagiert werden.

Im Anschluss an die Vorträge hatten die Zuhörer Gelegenheit, ihre Fragen an die Experten zu richten. Die Veranstaltung klang bei Laugengebäck, kühlen Getränken und zahlreichen Gesprächen in kleinen Gruppen aus.

Bilder von der Veranstaltung finden Sie hier.