Theodor Fontane: »Von Zwanzig bis Dreißig«

Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Universität Göttingen, kommentiert von Wolfgang Rasch. Berlin 2014 (GBA – Das autobiographische Werk, Band. 3)


Erweiterter Anhang

Inhaltsverzeichnis



Ergänzungen zum Stellenkommentar

Rezensionen


Ergänzungen zum Stellenkommentar

Die Ergänzungen zum Stellenkommentar der Buchedition umfassen zusätzliche Informationen zu den historischen Personen: außerdem werden viele Paraphrasierungen im Druck ergänzt durch die entsprechenden Textzitate. Alle Informationen, die über den gedruckten Stellenkommentar hinausgehen, sind blau markiert. Die Siglen der verwendeten Literatur sind im Literatur- und Siglenverzeichnis aufgelöst.


Berlin 1840
Erstes Kapitel




7 von 89 und 13] Mit der Französischen Revolution von 1789 begann für Mitteleuropa ein unruhiges und kriegerisches Zeitalter, das in den antinapoleonischen Kriegen 1813/15 vorerst seinen Abschluss fand.

8 der alte Wilhelm Rose] Fontanes Lehrherr Wilhelm Rose war 44 Jahre alt, als Fontane ins Geschäft trat. Geboren 1792 in Berlin, absolvierte er seine Lehrzeit in Berlin, Straßburg, Danzig, Mitau und Regensburg, legte 1815 in Berlin die Provisor-Prüfung ab und nahm am Krieg gegen Napoleon als Feldapotheker teil. 1817 trat er als Provisor in das Geschäft seiner Mutter ein (der Vater war schon 1807 gestorben), machte die pharmazeutische Staatsprüfung und heiratete 1818 Luise Tieftrunk (geb. 1793, gest. nach 1867), Tochter eines Professors in Halle. Die Ehe blieb kinderlos. Wilhelm Rose übernahm von seiner Mutter 1819 »die in blühendem Zustande befindliche[n] Apotheke« (Rose 1867, S. 14; vgl. auch Anm. zu S. 3 »Rosesche Apotheke«), die er ein Vierteljahrhundert hindurch führte und 1845 verkaufte. Danach zog er in die Dessauer Straße 29 und lebte bis zu seinem Tod 1867 »ganz seiner Wanderlust, der Politik, und der ›angenehmen Pflicht andere zu unterstützen‹ (Tagebuch)« (Rose 1867, S. 14). Roses soziales und politisches Engagement wird von Fontane nicht erwähnt. So war sein Lehrherr von 1820 bis 1842 Mitglied des Berliner Bürger-Rettungs-Instituts, das in Armut geratene Bürger unterstützte, und seit 1826 der Armenkommission des Bezirks. Spätestens seit 1848 beteiligte sich Rose lebhaft an der Politik, wurde Bürgerwehrmann, Wahlmann zur Preußischen Nationalversammlung und zum Frankfurter Paulskirchenparlament, Mitglied des linksliberalen »Konstitutionellen Clubs«, 1850 Wahlmann für das Erfurter Parlament, später mehrfach für das Preußische Abgeordnetenhaus und Mitglied des Deutschen Nationalvereins. »In der trüben wortscheuen Zeit der ›Reaktion‹«, so notiert die Denkschrift über Rose, schrieb er mehrfach »politische Ergüsse und freimüthige Stoßseufzer in der Vossischen Zeitung« (Rose 1867, S. 14). Rose, zuletzt Anhänger der liberalen Fortschrittspartei, stand in den 1850er und 1860er Jahren Fontanes politischen Anschauungen konträr gegenüber. 1862 nahmen beide als Vertreter gegensätzlicher politischer Lager an der Wahl zum Preußischen Abgeordnetenhaus teil: Fontane als Wahlmann der Konservativen Partei (vgl. Chronik, Bd. 2, S. 1178), Rose im liberalen Lager. Rose unterlag aber schon »bei der Urwahl als zu freisinnig« (Rose 1867, S. 14). Frühere Äußerungen Fontanes lassen keine Rückschlüsse über eine belastete oder konfliktgeladene Beziehung zu Rose zu. 1850 schreibt er an Gustav Schwab, »mein Lehrherr war human« (HFA, IV, Bd. 1, S. 115), 1857 besucht er das Ehepaar Rose mit Frau und Sohn George: »Rose’s sehr nett und freundlich und wenigstens so interessant wie möglich.« (GBA-Tagebücher, Bd. 1, S. 241.) Auch in Fontanes Ende der 1870er Jahre geplantem Berliner Gesellschaftsroman »Allerlei Glück«, in dem Wilhelm Rose zum literarischen Vorbild des Rentners Dr. Heinrich Brose werden sollte, lassen sich keine pejorativ-karikierenden Tendenzen in der Figurengestaltung erkennen. Vgl. auch Julius Petersens Vortrag »Fontanes erster Berliner Gesellschaftsroman« (Nachgedruckt in: NFA, Bd. 24, S. 756–808). Darin kommt Petersen zu dem Schluss: »In allem dem ist Brose ein veredelter Wilhelm Rose.« (S. 771.)

10 das Reisen] Seit 1834 unternahm Rose jährlich eine mehrere Monate dauernde große Reise, die ihn durch viele europäische Länder bis nach Nordafrika führte: »Italien (Süd-Italien zuerst 1835) und Frankreich (Pyrenäen 1843. 1855), Skandinavien (1836), Holland (1838), England und Schottland (zuerst 1839). Die Weltausstellungen in London 1851 und 1862 und in Paris 1855 wurden dabei nicht versäumt. Zweimal ging er nach Spanien (1847 und […] 1865 […]). 1852 nach Syrien (Konstantinopel, Kairo, Pyramiden), 1855 nach Algerien und Tunis.« (Rose 1867, S. 15.) Wilhelm Rose veröffentlichte mehrere seiner Reise-Erlebnisse in der Berliner Tagespresse: »Mittheilungen über diese Reisen liebte er, zuerst in den Monatsberichten der Berliner geographischen Gesellschaft, deren Mitglied er war, später in der Vossischen und Spenerschen und andren Berliner und Schweizer Zeitungen zu machen […]: vollständig beschrieb er sie in handschriftlichen Tagebüchern, deren Ausarbeitung ihn neben der Vorbereitung zu neuen Reisen im Winter beschäftigte.« (Rose 1867, S. 15.)

10 in Italien […] England] Rose reiste 1835 nach Italien und besuchte 1839 Großbritannien. Frankreich hatte Rose schon nach seiner Teilnahme an den Befreiungskriegen kennengelernt; von November 1816 bis Juni 1817 lebte und studierte er in Paris (Rose 1867, S. 13).

11 seine Reisevorträge] Diese sporadischen Vorträge werden auch in der Denkschrift über Wilhelm Rose erwähnt: »Einige Male hielt er in seiner Wohnung eine Reihe von Vorlesungen (oder auch ›Bilderschau‹ aus seiner großen Kupferstichsammlung) – für Freunde und Freundinnen, denen der bewegliche lebenslustige Mann viele suchte und fand, immer bereit seine freudige Anerkennung jedes tüchtigen Strebens in persönliche Freundschaft zu übersetzen« (Rose 1867, S. 15).

12 König Artus] Im Mittelpunkt der europäischen Artusdichtung des Hoch- und Spätmittelalters steht die sagenumwobene Figur des Königs Artus, der zur Tafelrunde eine Reihe besonders tugendhafter und kühner Ritter wählt und dessen Hof Ausgangspunkt zahlreicher Abenteuer wird.

13 ein Bruder] Vermutlich der Jurist, Chemiefabrikant und Apotheker Rudolf Schulze aus Delitzsch, ein jüngerer Bruder von Hermann Schulze-Delitzsch. Wann genau und wie lange er bei Rose beschäftigt war, ist nicht ermittelt. Es muss aber vor 1838 gewesen sein, da Rudolf Schulze 1838 ein Anwesen in Delitzsch erwarb, um dort eine chemische Fabrik zu errichten. Vgl. Hans-Jürgen Moltrecht: Unbekannte Hinterlassenschaften von Hermann Schulze-Delitzsch. Delitzsch 2005, S. 23. Vgl. auch »Bilder und Materialien«, http://www.uni-goettingen.de/de/bilder-und-materialien/496830.html

15 Verwandter des Hauses] Karl Friedrich Schinkels Frau Susanne war mit der Familie Rose nicht verwandt. Verwandtschaftliche Bezüge ergaben sich vielmehr durch seine Mutter Dorothea Schinkel, geb. Rose. Dorothea Schinkel und Wilhelm Roses Großvater Valentin Rose waren Geschwister, Schinkels Mutter also eine Großtante von Wilhelm Rose. Nach dem Tod ihres Mannes Johann Christoph Schinkel (1736–1787) zog Dorothea Schinkel von Neuruppin nach Berlin. Valentin Rose jun., der Vater Wilhelm Roses, übernahm die Vormundschaft für seinen jüngeren Vetter Karl Friedrich Schinkel, so dass die familiären Bande zwischen den Familien noch enger wurden.


Berlin 1840
Zweites Kapitel


24 nach Lenau] Der österreichische Lyriker und Versepiker Nikolaus Lenau hatte 1832 mit einem Band »Gedichte« debütiert und sich als feinsinniger Naturlyriker, melancholisch-elegischer ›Weltschmerzpoet‹ sowie sensibler Kritiker von politischer Unfreiheit, Bevormundung und sozialer Ungerechtigkeit einen Namen gemacht. Dem damals geläufigen Schlagwort der ›Zerrissenheit‹ verliehen Lenaus Gedichte einen prägnanten Ausdruck und vor allem die Jugend begeisterte sich an Lenaus Lyrik. Bis 1840 erreichten seine Gedichte schon vier Auflagen. Dass Fontane Lenau erst 1840 kennengelernt haben will, ist unglaubwürdig, denn viele seiner Gedichte wurden in den 1830er Jahren von belletristischen Blättern, die Fontane in den Lesecafés zugänglich waren, abgedruckt.

28 Hermann Maron] Vgl. auch »Bilder und Materialien«, http://www.uni-goettingen.de/de/bilder-und-materialien/496830.html. Hermann Maron studierte vom Wintersemester 1839/40 bis zum Wintersemester 1841/42 in Berlin Theologie. Hier freundete er sich mit Julius Faucher an und verkehrte im Kreise der ›Freien‹ um Bruno Bauer und Max Stirner. Seit 1843 arbeitete er auf dem Gut seines Vaters in der Provinz Posen, studierte 1843/44 Landwirtschaft in Regenwalde bei Stettin und gehörte 1847 mit Faucher zu den Mitbegründern des Freihandelsvereins in Berlin. Maron nahm 1848 aktiv an der Märzrevolution teil, redigierte von Sommer 1848 bis Anfang 1850 die freihändlerischen »Ostsee-Zeitung« in Stettin, lebte danach als Gutsbesitzer in Schlesien, »und zwar mit solchem Erfolge, daß dabei seiner Frau und sein eigenes Vermögen völlig draufgehen mußte« (Kastan 1925, S. 207). 1859 promovierte er mit einer Arbeit über künstliche Düngemittel in Jena und nahm 1860/62 an einer Expedition teil. Seit 1863 lebte Maron in Berlin, wurde 1863 Sekretär des Deutschen Handelstages, 1866 Gründungsmitglied und Schriftführer des »Vereins zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts«. In Berlin arbeitete er als Journalist, schrieb für die Berliner »Tägliche Rundschau« und das »Berliner Tageblatt« vornehmlich über volkswirtschaftliche Fragen. Am 27. Dezember 1882 schied er freiwillig aus dem Leben, nachdem er zuvor seine Frau getötet hatte. Der Fall machte enormes Aufsehen und führte vorübergehend zu einer Debatte über die soziale Lage von Journalisten und Schriftstellern in Deutschland. Vgl. Gustav Spiethoff: Die Großmacht Presse und das deutsche Schriftsteller-Elend. Ein Wort an alle Zeitungs-Verleger und Literaten Deutschlands aus Anlaß des Falles Dr. Maron in Berlin. Düsseldorf: Bagel 1883.

29 Eins seiner Gedichte] Marons Gedicht »Gestorben!«, das nicht vier, sondern sieben Strophen umfasst und neben Mutter und Freund noch Vater und Geschwister anführt, allerdings keine »Geliebte«. Es erschien in Nr. 170 des »Berliner Figaro« vom 24. Juli 1839 und lautet: »Ich sitz’ in meiner trüben Zelle, / Laß den Gedanken freien Lauf, / Und der Erinnrung flücht’ge Welle / Bringt mir manch trübes Bild herauf. // Mein altes Stammbuch, goldgerändert, / Nehm’ ich zur Hand mit Wehmuthssinn. / Wie hat sich Alles jetzt geändert, – / Was ich geliebt, es ist dahin! / Dort steht mein Vater wohl vor Allem, / Dem ich noch manche Thräne weih’; / Schon längst ist er der Gruft verfallen, – / Ich mach’ ein schwarzes Kreuz dabei. // Hier seh’ ich auch die Mutter stehen, / Sie schlummert schon in süßer Ruh’. / Mich faßt ein kaltes Todeswehen, – / Ich mach’ ein schwarzes Kreuz dazu. // Und wie ich blätternd weiter gehe, // Stehn die Geschwister nach der Reih’. / Das Herz thut oft um sie mir wehe, – / Ich mach’ ein schwarzes Kreuz dabei. // Dann kommt der Freund; an diesem Stabe / Ging ich durch’s Leben froh und frei. / Nun liegt er lang’ im finstern Grabe, – / Ich mach’ ein schwarzes Kreuz dabei. // Hier schrieb ich selbst ein Blatt daneben; – / Wohl recht steh’ ich in dieser Reih’. / Gott, nenn’ ich wohl mein Leben: Leben? – / Ich mach’ getrost ein Kreuz dabei.« Dieses Gedicht erwähnt Fontane auch in seinem erstmals 1886 erschienenen Feuilleton »Cafés von heut und Konditoreien von ehmals«, wo er in der Konditorei von Fiocati zur Nachtstunde gemeinsam mit einem Freund zum »Berliner Figaro« greift und von den Versen fasziniert ist: »Irr ich nicht, so war es nur ein dreistrophiges Gedicht von Hermann Maron, das uns an diesem Abende zu Gesicht kam und uns entzückte. Maron war einer der talentvollsten aus dem Kreise, faul und schlaff, und dann plötzlich von einer krankhaften Energie.« (AFA–Autobiogr. Schriften, Bd. 3/1, S. 410.) Vgl. auch »Bilder und Materialien«, http://www.uni-goettingen.de/de/bilder-und-materialien/496830.html.

31 Charakteristisch […] gerichtete Brief] Fontane gibt den Inhalt des Briefes vom 27. Dezember 1882 nicht korrekt wieder. Von Entschuldigung ist darin keine Rede. Maron fordert seinen Vermieter lediglich auf, seine finanziellen Interessen rechtzeitig zu wahren. In dem Schreiben vom 27. Dezember 1882 heißt es: » […] Die Kunde von der That, die ich begehen mußte, wird schneller zu Ihnen gedrungen sein, als diese Zeilen. Hierdurch theile ich Ihnen mit, daß heute Mittag der Gerichtsvollzieher G. (Oranienburgerstraße) in meiner Wohnung zu erwarten ist, um Möbel zur Pfandkammer zu bringen. Wahren Sie Ihr Vorzugsrecht. Es handelt sich um 200 Mark, eine zweite Siegelung beläuft sich (von anderer Seite) auf 50 Mark. […] Im Interesse meiner übrigen Gläubiger außer Ihnen und den Vorgenannten wäre es mir lieb […], wenn die Sachen noch in der Wohnung bleiben, von gerichtlich vereideten Personen geordnet und ein vollständiges Inventarium aufgenommen werden könnte. Erben habe ich nicht, und diejenigen, welche ich habe, werden die Erbschaft sicher nicht antreten. Wenn mein Nachlaß aber so behandelt und dann verauktionirt wird, so glaube ich, daß alle Gläubiger befriedigt werden können. Was Sie thun können, daß der Weinhändler Herr A. K. befriedigt wird, das thun Sie vor allen Dingen.« (Zit. nach Gustav Spiethoff: Die Großmacht Presse und das deutsche Schriftsteller-Elend. Ein Wort an alle Zeitungs-Verleger und Literaten Deutschlands aus Anlaß des Falles Dr. Maron in Berlin. Düsseldorf: Bagel 1883, S. 47.)

31 Julius Faucher] Julius Faucher studierte vom Wintersemester 1839/40 bis zum Sommersemester 1843 an der Berliner Universität und war dort in der Philosophischen Fakultät eingeschrieben, widmete sich aber schon als Student volkswirtschaftlichen und mathematischen Fragen. Als Student schloss er sich wie sein Freund Maron den Linkshegelianern um Bruno Bauer an und wurde 1844 in Abwesenheit an der Universität Jena zum Dr. phil. promoviert. Faucher gehörte 1846 als radikaler Vertreter der Freihandelsidee neben John Prince-Smith zu den Gründungsvätern des ersten deutschen Freihandelsvereins. Seit 1847 redigierte er die »Ostsee-Zeitung« in Stettin, wurde 1848 als Abgeordneter von Elbing zum ersten Kongress der deutschen Handels- und Fabrikstädte nach Frankfurt entsandt, gründete 1850 in Berlin die radikaldemokratische, gegen den »Zwangsstaat« mit seinem Steuersystem und Schutzzöllen opponierende »Abend-Post« und ging nach dem Verbot der Zeitung 1850 nach London, wo er als Auslandskorrespondent für deutsche Zeitungen und als Sekretär des Unternehmers und Manchersterliberalen Richard Cobden (1804–1865) tätig war. 1861 kehrte Faucher nach Deutschland zurück, zog als Vertreter der Fortschrittspartei bzw. der Nationalliberalen Partei ins Preußische Abgeordnetenhaus und gründete 1863 die »Viertelsjahrsschrift für Volkswirtschaft und Kulturgeschichte«, die er bis 1877 leitete. Faucher entfaltete in Deutschland eine rege Vortragstätigkeit, war in vielen wirtschaftspolitischen Gremien, Vereinen und auf Kongressen tätig und arbeitete weiter als Journalist. Obwohl Fontane mit Faucher vor allem in ihrer gemeinsamen Londoner Zeit viel verkehrte, hat er die eigentlichen Leistungen Fauchers als Wirtschaftspolitiker nie recht verstehen und würdigen können. »Ich habe gerade diesen persönlich sehr gut gekannt, aber von dem, was er sozialpolitisch war, habe ich keinen Schimmer«, schreibt er am 30. Juni 1896 an Friedrich Stephani (HFA, IV, Bd. 4, S. 573).

34 Bruno Bauer] Der Philosoph, Theologe und spätere Publizist Bruno Bauer studierte an der Berliner Universität Theologie, habilitierte sich 1834 dort und mutierte in den folgenden Jahren von einem kirchentreuen konservativen Vertreter des Protestantismus zu einem radikalen Evangelien- und damit auch Kirchenkritiker. In seiner Aufsehen erregenden »Kritik der evangelischen Geschichte des Johannes« (1840) und »Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker« (1841/42) legte er dar, dass die Evangelien des Neuen Testaments weitgehend frei erfunden seien und die historische Person Jesu nicht bewiesen werden könne. Dieser kritische Befund wurde in Preußen nicht nur als Angriff auf die Kirche, sondern auch auf den Staat verstanden. Bauer, seit 1839 Privatdozent in Bonn, wurde 1842 die Lehrerlaubnis entzogen und er kehrte als freier Publizist nach Berlin zurück. Galt er zunächst noch als einer der profiliertesten Vertreter des Linkshegelianismus in Deutschland, so beschritt er in den folgenden Jahren ganz eigene Wege. In seiner Schrift »Die Judenfrage« (1843) wandte er sich gegen die Judenemanzipation und gegen Forderungen des Liberalismus, in seiner »Allgemeinen Literaturzeitung« (1843/44) kämpft er vor allem gegen die (gesellschaftliche) ›Masse‹ und deren Nivellierungspotential und verwarf die Aufklärung des 18. Jahrhunderts. Das erklärt nicht nur eine weitgehende politische Abstinenz in der Revolution von 1848, sondern auch eine Hinwendung zu extrem konservativen Kreisen. Bauer arbeitete nach 1848 für die »Kreuzzeitung«, später für die »Berliner Revue« und andere reaktionäre Blätter und übernahm die Redaktion des Konversationslexikons von Hermann Wagener. Mit einer 1853 veröffentlichten prorussischen Broschüre »Rußland und das Germanenthum« geriet er öffentlich in den Verdacht, russischer Spion zu sein. Bauer zog sich als Gemüse- und Obstbauer auf das Anwesen seines Bruders Egbert Bauer in Rixdorf zurück, wo er 1882, fast ganz vergessen, starb.

35 Bruder Edgar] Der Junghegelianer, Publizist und Journalist Edgar Bauer wurde 1844 wegen seiner als atheistisch und staatsfeindlich verbotenen Schrift »Der Streit der Kritik mit Kirche und Staat« zu vier Jahren Festungshaft verurteilt, die er in Magdeburg absaß. Er beteiligte sich an der Revolution 1848/49, floh nach Altona und von dort über Kopenhagen 1851 nach London, wo er als Journalist und dänischer Polizeispitzel bis 1861 lebte und zuweilen mit Fontane zusammentraf, den er sporadisch in seinen Spitzelberichten erwähnte (vgl. Edgar Bauer: Konfidentenberichte über die europäische Emigration in London 1852–1861. Hrsg. von Erik Gamby. Trier: Karl-Marx-Haus 1989). 1861 kehrte Bauer nach Berlin zurück, arbeitete – inzwischen ins konservative Lager gewechselt – für das rechte »Preußische Volksblatt«, gründete 1870 in Altona die »Kirchlichen Blätter« und lebte seit 1873 in Hannover, wo er zuletzt als Journalist für die Anhänger des 1866 abgesetzten Welfenhauses wirkte.

36 Bolle] Carl Bolle, der im Bauboom der Gründerzeit zu Geld gekommen war, begann 1881 mit drei kleinen Pferdewagen Milchprodukte in Berlin zu verkaufen. Siebzig Kühe, die er sich auf einem Grundstück am Landwehrkanal hielt, lieferten zunächst die Milch. Das Geschäft florierte so enorm, dass Bolle bald bei Bauern in Brandenburg Milch kaufte und 1882 schon 56 Milchwagen durch Berlins Straßen fuhren, eine Flotte, die sich jährlich vermehrte. 1897 zog Bolle mit seiner immer größer gewordenen Meierei nach Berlin-Moabit, von wo aus sich frühmorgens bis zu 250 Wagen auf den Weg machten, um die Stadt mit Milch zu versorgen.

37 Saß] Der Schriftsteller und Journalist Friedrich Saß hatte 1841/42 als Redakteur in Hamburg und Altona gearbeitet, war 1843 aus Leipzig ausgewiesen worden und nach Berlin gezogen. Dort stieß er schnell zum Kreis der ›Freien‹. 1846 erschien sein bedeutendstes Werk »Berlin in seiner neuesten Zeit und Entwicklung«, eine facettenreiche Schilderung der preußischen Hauptstadt und ihrer politischen, sozialen und kulturellen Verhältnisse. 1849 wurde Saß, der während der Revolution im ›Demokratischen Club‹ eine führende Rolle gespielt hatte, aus Berlin verwiesen, emigrierte nach Paris, dann nach London und starb mit nur 32 Jahren in Brüssel. Wegen seiner hageren, hochgewachsenen Gestalt wurde er in Literatenkreisen nur »der lange Saß« genannt.

38 ich glaube der Kladderadatsch] Das Berliner Witzblatt »Kladderadatsch« brachte in Nr. 4 vom 27. Januar 1850 auf den Seiten 13 bis 14 eine satirische Korrespondenz aus der französischen Hauptstadt unter dem Titel »Briefe aus Paris. Von einem Gelehrten des Kladderadatsch«. Der »Gelehrte« war David Kalisch, Mitbegründer des »Kladderadatsch«, der einst »bei den ›Freien‹ seines Witzes wegen gern gesehen wurde, aber auch von ihrer scharfen Kritik Manches gelernt haben mag.« (Mackay 1910, S. 79 f.) Illustriert wurde die Satire vom Hauptzeichner der Zeitschrift Wilhelm Scholz. Fontane hat offenbar nur noch das Bild vor Augen gehabt, da er die Geschichte selbst ungenau und verkürzt wiedergibt. Kalisch erzählt in seinem Pariser Brief, wie er mit Louis Napoleon einen Turm von Notre Dame besteigt. »Kaum hatten wir die höchste Spitze des Kirchthurms erreicht und ich meine Nase zu einer Dachluke hinausgestreckt, als mir eine Cigarre entgegen gehalten und ich im reinsten Deutsch gefragt wurde: Haben Sie vielleicht etwas Feuer? ›Saß! lieber Saß! wie kommen Sie hier her?‹ rief ich. Denn – denken Sie sich! Friedrich Saß, unser großer Flottensaß, stand vor mir. Er war vorübergegangen, hatte mich am Fenster erblickt und war an Notre Dame herangetreten.« (S. 14.) Nicht Louis Napoleon bittet also Saß um Feuer, sondern Saß zündet sich seine Zigarre an der seines Freundes Kalisch an.

39 Heinrich Beta] Der Journalist und Publizist Heinrich Beta war nach dem Studium in Halle 1838 nach Berlin gegangen, um als Redakteur belletristischer Zeitschriften sowie als Korrespondent auswärtiger Zeitungen zu arbeiten. Da er seine Korrespondenzen gewöhnlich mit dem griechischen Buchstaben Beta chiffrierte, übernahm er »Beta« schließlich als Autornamen. Der radikale Junghegelianer fand Anfang der 1840er Jahre Anschluss bei den ›Freien‹, freundete sich mit Julius Faucher an und gehörte 1846 zu den Mitbegründern des Berliner Freihandelsvereins. Während der Revolution 1848/49 gab er den »Berliner Krakehler« heraus und korrespondierte für Ernst Keils radikaldemokratisches Blatt »Der Leuchtthurm«. 1850 musste er nach London fliehen, nachdem er in Berlin wegen seiner politischen Kampfschrift »Die rothe Fahne wird über ganz Europa wehen« der Anstiftung zum Hochverrat beschuldigt worden war. Im englischen Exil lebte Beta als vielbeschäftigter London-Korrespondent und geschätzter Berichterstatter englischen Lebens. Anlässlich der preußischen Amnestie von 1861 konnte er 1862 nach Berlin zurückkehren, wo er zuletzt halb gelähmt und an Gicht leidend 1876 starb. Fontane setzte sich offenbar im Januar 1857 mit Beta in Verbindung. Trotz gegensätzlicher politischer Positionierung entwickelte sich zwischen ihnen in den folgenden Jahren ein reger gesellschaftlicher Verkehr, in den auch die Familien eingebunden wurden. Als Beta 1862 nach Berlin zurückkehrte, wurde die alte Beziehung zu den Fontanes nicht mehr rege fortgeführt und schlief ein. Aber noch nach Betas Tod befürwortete Fontane ein Unterstützungsgesuch der Witwe bei der Deutschen Schillerstiftung. Hier wies er – anders als in seinen Erinnerungen – ausdrücklich auf Betas Verdienste für den Erfolg der »Gartenlaube« hin: »Beta mehr als irgendeiner hat die Gartenlaube groß und reich gemacht, und seine Familie muß es nun erleben, daß in gerade jetzt kursierenden, die Geschichte der Gartenlaube behandelnden Artikeln der Name Beta totgeschwiegen wird. Beta war ein Kreuzträger sein Leben lang, und seine Witwe setzt es fort.« (Rudolf Göhler: Geschichte der Deutschen Schillerstiftung. Berlin: Duncker 1909, S. 120.)

39 wie in allem, kritiklos.] In seinem Buch »Deutschlands Verjüngung« hat Ottomar Beta, der Sohn Heinrich Betas, dieser Charakterisierung widersprochen und darauf hingewiesen, dass Fontane »als Kreuzzeitungsmann und Anhängsel der Gesandtschaft und mein Vater als Mann der ›Gartenlaube‹ […] Gegenfüssler waren. Desshalb kann es auch kommen, dass Fontane die Fähigkeit meines Vaters, das Verwendbare überall zu erkennen, und seine Begeisterungsfähigkeit für alles Gute und Fördernde sehr lakonisch mit dem Worte ›Kritiklosigkeit‹ abthut. […] Mein Vater war in erster Linie in seiner schriftstellerischen Weise Stadtreformer. Dieser Umstand scheint Th. Fontane ganz entgangen zu sein, auch dass eine solche Thätigkeit damals in dem von seinem eigenen Wachsthum überraschten Berlin Noth that« (Beta 1900, S. 33). Tatsächlich hat Heinrich Beta vor allem in seinen letzten Lebensjahren mehrere Broschüren und Aufsätze über städtische Hygiene, Stadtplanung, Baugenossenschaften, die Wohnungsfrage und die allgemeine Verbesserung urbanen Lebens geschrieben.

40 Gartenlaube] Die 1853 von Ernst Keil und Ferdinand Stolle gegründete »Gartenlaube« war die erfolgreichste illustrierte Familienzeitschrift des 19. Jahrhunderts. Die Zeitschrift legte zunächst großen Wert auf Volksbildung, brachte viel Beiträge über technische, medizinische, naturwissenschaftliche Entwicklungen, war deutlich linksliberal ausgerichtet (das Blatt wurde zeitweilig in Preußen verboten), wurde aber nach der Reichsgründung mehr und mehr staatstragend-nationalliberal und verkam nach 1880 zu einem unpolitischen Unterhaltungsblatt. Keil hat in einem Nachruf auf Beta dessen Anteil am Aufstieg der »Gartenlaube« mit einem Seitenblick auf dessen geschickt getarnten politischen Ideenschmuggel dankbar hervorgehoben, denn »wie redlich er mitgeholfen an der Ausdehnung und dem Aufschwunge der ›Gartenlaube‹, das wissen Alle, die unser Blatt mit Aufmerksamkeit verfolgt haben. / Die Leser der ersten vier oder fünf Jahrgänge werden sich noch mit Vergnügen der trefflichen Schilderungen aus überseeischen Ländern, namentlich aber aus London, erinnern, die in den Jahren 1853 bis 1857 fast in jeder Nummer unserer Zeitschrift zur Erscheinung kamen. Damals mußte trotz der garantirten Preßfreiheit noch jedes Wort vorsichtig abgewogen werden, und Beta verstand es vortrefflich, in der unschuldigsten, harmlosesten Form der Schilderung alle die Principien und freiheitlichen Fragen wieder zur Geltung zu bringen, für die wir früher gestritten und gelitten.« (E[rnst] K[eil]: Heinrich Beta. In: Die Gartenlaube. Leipzig. Nr. 17, [Mai] 1876, S. 294.)

44 Die Gesellschaft heißt ›Babel‹] Der vor allem aus Journalisten bestehende Club sollte dem gegenseitigen Informations- und Kontaktaustausch dienen. Fontane war nur einige Monate – zwischen Oktober 1857 und Juni 1858 – in diesem Verein aktiv, der 1855 gegründet, zwischenzeitlich eingeschlafen und im Oktober 1857 reaktiviert worden war. So vermerkt Fontane am 22. Oktober 1857 im Tagebuch nach einem gemeinsamen Essen mit Heymann und Mosabini: »Die Reconstituirung Babel’s wurde beschlossen.« (GBA-Tagebücher, Bd. 1, S. 280.) Die Gesellschaft bestand offenbar nur aus knapp zehn bis zwanzig Mitgliedern, zu denen auch Edgar Bauer gehörte, und tagte regelmäßig in Anderton’s Hotel (Fleet Street) in der Londoner City. Dort wurden Vorträge gehalten, Diskussionen geführt, vor allem auch gegessen, getrunken und ungezwungen kommuniziert. Der Stiftungstag dieses Vereins fiel – zufälligerweise wie der Stiftungstag des ›Tunnels‹ – auf den 3. Dezember. Zu diesem Anlass trug Fontane am 3. Dezember 1857 vor etwa zehn Vereinsmitgliedern ein englisch verfasstes Ghasel vor (GBA-Tagebücher, Bd. 1, S. 291 f.). Fontane erwähnt den Club in seinen Tagebüchern zuletzt am 24. Juni 1858 (»Ich zum Babel-Diner nach Dulwich«, GBA-Tagebücher, Bd. 1, S. 333), nachdem er seit Januar nur noch selten den Verein besucht hatte. Vgl. über ›Babel‹ auch Berbig/Hartz, S. 441 f.

45 Mr. Bernard […] Orsini die Bomben] Der italienische Revolutionär und Nationalist Felice Graf Orsini unternahm am Abend des 14. Januar 1858 in Paris gemeinsam mit anderen Verschwörern ein Attentat auf Napoleon III., da sie ihn für einen Gegner der italienischen Unabhängigkeitsbewegung hielten. Insgesamt vier Bomben wurden vor der Pariser Oper auf die Wagenkolonne des französischen Kaisers geschleudert und explodierten. Über 150 Menschen wurden verletzt, acht starben, der Kaiser blieb aber unversehrt. Orsini wurde tags darauf festgenommen und nach einem Prozess am 13. März 1858 durch die Guillotine hingerichtet. Als Helfershelfer galt der französische Schiffsarzt und Republikaner Simon-François Bernard, den Orsini im gemeinsamen Londoner Exil kennengelernt hatte. Bernard wurde von der französischen Regierung als Komplize Orsinis angeklagt, vom englischen zentralen Strafgerichtshof (Old Bailey) am 18. April 1858 nach sechs Tagen Verhandlung jedoch freigesprochen. Sowohl das Attentat als auch der Prozess gegen Bernard fanden zu einer Zeit statt, in der Fontane den Babel-Club immer seltener besuchte. In Fontanes Tagebüchern und Briefen wird Bernard nicht erwähnt.

46 »Deutschland, Deutschland über alles«] Das »Lied der Deutschen« von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, dessen erste Strophe mit »Deutschland, Deutschland über alles / über alles in der Welt« beginnt. Der liberale, von der Zensur geplagte und mit Berufsverbot belegte ehemalige Professor August Heinrich Hoffmann von Fallersleben schrieb das Lied im August 1841. Im September 1841 erschien es mit der Melodie von Joseph Haydns »Gott erhalte Franz den Kaiser« bei Hoffmann und Campe in Hamburg als Einblattdruck. Hoffmann von Fallersleben bringt darin keineswegs den Vorrang Deutschlands über andere Länder und Völker zum Ausdruck (in diesem Sinne ist das Lied später missdeutet und aus dem historischen Kontext gerissen worden), sondern stellt die Einheit und rechtsstaatliche Freiheit Deutschlands über die Partikularinteressen der einzelnen souveränen deutschen Fürsten und Feudalherrn. Nach der Reichsgründung 1871 (das Kaiserreich hatte keine Nationalhymne) wurde es bei offiziellen Anlässen zunächst selten gesungen und erst 1922 durch den Reichspräsidenten Friedrich Ebert zur deutschen Nationalhymne erhoben.

46 Dühring, unser Tiftel-Genie] Fontane erinnert sich nur ungenau an den Namen des Erfinders, der Carl Johann Bühring hieß. 1843 kam Bühring nach Berlin (wo er Faucher und Beta kennenlernte), wurde bei Borsig beschäftigt, Mitglied des frühkommunistischen ›Bund der Gerechten‹, schloss sich 1846 dem Berliner Freihandelsverein an und wurde als Kommunist 1847 aus Berlin ausgewiesen. Bühring emigrierte 1850 nach London und gehörte dort zum Bekanntenkreis von Marx. In einem Brief an Engels vom 27. Februar 1861 charakterisiert ihn Marx lakonisch: »Bühring […] ein wahres Erfindungsgenie, jedoch kein Geschäftsmann, daher immer geprellt, während andre seine Erfindungen ausbeuten.« (MEW, Bd. 30, S. 159.) Laut Tagebuch begegnete Fontane Bühring erstmals am 13. März 1857 (»ein verrücktes Genie aus Mecklenburg«, GBA-Tagebücher, Bd. 1, S. 231), traf dann Bühring im Sommer 1857 gelegentlich bei Heinrich Beta und besuchte am 8. Februar 1858 Bührings Londoner Werkstatt: »Die Herrlichkeiten der ›plastischen Kohle‹ in Augenschein genommen.« (GBA-Tagebücher, Bd. 1, S. 308.) Der ironisch verwendete Ausdruck »Herrlichkeiten« lässt darauf schließen, dass Fontane von der Wirkung der »plastischen Kohle« (künstlich hergestellte, gepresste, geformte und poröse Kohle) nicht sonderlich überzeugt war. Bühring wird nach dem 8. Februar in Fontanes Tagebuch nicht mehr erwähnt.

47 berühmt gewordenen Kohlenfiltern] Bühring ließ sich Anfang der 1860er Jahre in Hamburg nieder und gründete hier die Firma C. Bühring u. Co., die erfolgreich seine Erfindung eines Kohlefilterverfahrens kommerziell verwertete. Jahrzehntelang versorgte Bührings Firma Privathaushalte, Krankenhäuser, Lazarette und Unternehmen aller Art mit Filtrieranlagen. 1863 warb Heinrich Beta für die Produkte seines früheren Londoner Freundes in einem Beitrag »Neue Reinigungsmittel für Luft und Wasser« und empfahl seinen Lesern: »Deshalb sollte Niemandem ein Filtrir-Apparat aus Bühring’s Fabrik fehlen, und sei’s nur ein kleiner in der Tasche.« (Die Gartenlaube. Leipzig. Nr. 47, [November] 1863, S. 750.)

47 das »Government«] Am 2. Juli 1858 fand vor Vertretern des britischen Parlaments und dem Leiter des Gesundheitsamts eine Anhörung statt, bei der Bühring seine Erfindung vorstellte. Heinrich Beta schrieb darüber auch für die deutsche Presse »Begeisterungsartikel«. In dem nicht gezeichneten Beitrag »Eine deutsche Herculesarbeit vor dem englischen Parlamente« (Die Gartenlaube. Leipzig. Nr. 31, [August] 1858, S. 444 ff.) wird Bühring als deutscher Herkules gefeiert, der sich anschicke, den Augiasstall Londons, die schmutzige Themse, auszumisten: »Die Bühring’schen Erperimente vor dem Comité des Parlaments fielen so befriedigend und überraschend aus, daß es beschloß, sich sofort der Sache anzunehmen.« (S. 445 f.) Ein zweites Experiment vor Bevollmächtigten des Gesundheitsamtes ein paar Tage später misslang jedoch und Bührings Projekt wurde von Seiten der Behörden nicht weiter verfolgt.


Berlin 1840
Drittes Kapitel


57 Platen-Klubs] Wenig ist über den ›Platen-Club‹ bekannt, da man fast ausschließlich auf Fontanes Erinnerungen als Quelle angewiesen ist. Fontane erwähnt nicht einmal den Stifter des Vereins Bernhard von Lepel. Dieser hatte, wie aus seinem Brief an Ignaz Hub vom 9. Januar 1870 hervorgeht, den literarischen Zirkel 1839 ins Leben gerufen: »Es gelang mir, einen Verein von Mitstrebenden zu stiften, in welchen auch Th. Fontane 1839 eintrat.« (Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, Handschriftenabteilung, Signatur: Atg. 3369; erstmals von Gabriele Radecke ermittelt; vgl. FLep2, Bd. 2, Nachwort, S. 856.) Treffpunkt des Vereins war wohl Lepels Stube in der Kaserne des Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regiments (vgl. Anm. zu S. 59 »Cotillonorden«). Lepel galt als ausgesprochener Platen-Anhänger. August Graf von Platen-Hallermünde, als Lyriker ein strenger Formkünstler und Sprachartist, der Vers, Strophenbau und Metrik meisterhaft beherrschte, war für junge Dichter ein ausgesprochener Lyrik-Erzieher. »Das Studium Platen’s (eine Platen’sche Schule würden wir für ein Unglück und für den Tod unserer jungen Poesie halten)«, so schreibt Fontane 1853 in seinem Essay »Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848«, »wäre jedem jungen Dichter anzurathen; es würde zum Ernste stimmen und uns vor jenem Drauflosdichten bewahren, das den Büchermarkt mit unreifen Productionen überschwemmt und das verselesende Publicum immer stutziger und kleiner macht.« (Zit. nach FLep2, Bd. 1, Rezensionen und Aufsätze, S. 708.) Über seine formale Meisterschaft hinaus hatte Platen auch mit politisch-freisinnigen Gedichten, vor allem mit seinen »Polenliedern« (1832), in der für Freiheit schwärmenden Jugend viele Anhänger gewonnen. Nach Platen war der Verein allerdings nicht benannt worden. »Auch dieser Club«, so steht in der Handschrift, »hieß eigentlich anders, und ich gebe ihm diesen Namen – auf den er übrigens vollen Anspruch hatte – nur zur schärferen Unterscheidung von seinem Nebenbuhler.« (SSB, H, I, 3, Blatt 1r.) Fontane nennt als Mitglieder nur einen Maler Flans, Werner Hahn und Egbert Hanisch (d. i. Friedrich Wilhelm Bossart). In der Handschrift (SSB, H, I, 3, Bl. 1r) wird noch ein viertes Mitglied erwähnt: der Jurist und spätere Staatsbeamte Karl Erich (vgl. S. 911), der gemeinsam mit Lepel am 1. Dezember 1839 in den ›Tunnel‹ aufgenommen wurde. Hahn trat dem ›Tunnel‹ vier Monate später bei. Das spricht dafür, dass der poetische Tatendrang der ›Plateniden‹ mehr und mehr in den ›Tunnel‹ verlegt wurde. Der ›Platen-Verein‹ brach vermutlich 1840 auseinander: Egbert Hanisch alias Friedrich Wilhelm Bossart verließ wohl schon im Sommer 1839 Berlin, Lepel trat 1840 eine lange Italien-Reise an, und Fontane verschlug es im Herbst des Jahres nach Burg.

57 Flans] Der Name ist nicht nachgewiesen.Wie aus der stark überarbeiteten und gekürzten Passage der Handschrift hervorgeht, soll Flans ein entfernter Verwandter Fontanes gewesen sein, ein unehelicher Sohn einer der Berliner Tanten von Fontanes Mutter, vermutlich Louise Reer (geb. Labry, 1779–1846), die von 1833 bis zu ihrem Tod unter der Adresse Schlossfreiheit 3 als Witwe und ›Rentiere‹ im Berliner Adressbuch geführt wird (vgl. Berliner Adressbuch, Jg. 1845, S. 362), nach anderen Quellen von dem Berliner Maurer Reer aber geschieden war (Horlitz 2009, S. 203). In der Handschrift heißt es: »Maler Flans, ein entfernter Vetter meiner Mutter – die, wenn sie nach Berlin kam, nie versäumte bei der Mutter des Malers, der verwittweten ›Tante Flans‹ vorzusprechen – war ein fixer Junge, großmäulig und unverfroren und wie geschaffen zur Illustrirung des alten Satzes: ›Spandauer Wind und Berliner Kind, Beide nicht viel nütze sind.‹ Vom Maler hatte er nichts als Barret und Sammtrock, viele Portraitsitzungen und noch mehr Liebesverhältnisse. Besonders in letztrem Punkt war er groß, worauf er als Illegitimer auch einen legitimen Anspruch hatte. Mehrere Jahre nach meinem Eintritt in den Platen=Club, führte der Umstand daß ›Vetter Flans‹ aus seiner Illegitimität mehr herausschlagen wollte (auch thatsächlich herausschlug) als ihm zuzugestehen war zu einem Bruch mit meiner Familie.« (SSB, H, I, 3, Blatt 2r.) Fontane erzählt dann, wie es zur Namensänderung kam. Flans hätte eigentlich den Namen seiner Mutter tragen müssen. »Flans junior aber, richtiger der ›falsche Flans‹ hatte zu seinem Unheil in Erfahrung gebracht, daß es in zurückliegenden Jahrhunderten in der Altmark eine berühmte Familie v. Flans gegeben habe und von diesem Augenblick an stand es für ihn fest, daß er in diese längst ausgestorbene Familie noch nachträglich hinein zu wachsen habe. In seiner grenzenlosen Eitelkeit war er möglicherweise der Ansicht, damit ein gutes Werk und dem Andenken der alten Uradel=Familie einen Dienst zu thun. Und ›where there is a will, there is a way‹; kleine Höfe mit bewundernswerther Ausdauer umspinnend, gelang es ihm seine Nobilitirung durch zusetzen und plötzlich an einem Ort dritten Ranges (Berlin mied er) als ›v. Flans‹ aufzulaufen. Meine Mutter, als sie davon hörte, war außer sich und sagte: ›Das ist mir denn doch über den Spaß. Er war nicht einmal ein Flans und nun gar ein v. Flans.‹ Zum Glück ist er kinderlos gestorben und so darf ich das alles hier erzählen.« (SSB, H, I, 3, Blatt 3r.) Tatsächlich existierte in der Mark Brandenburg früher ein Adelsgeschlecht von Flans (Flansz) mit einigen Besitzungen, die allerdings nicht in der Altmark.


»Mein Leipzig lob’ ich mir.«
Erstes Kapitel


70 Neubert] Ludwig August Neubert war Inhaber der Apotheke »Zum weißen Adler«. Über ein halbes Jahrhundert leitete er erfolgreich sein Geschäft. 1875 wird er als Bürger, Haus- und Apothekenbesitzer, ferner als »Besitzer der Reben-, Forst- und Obstbaumschule Zitzschewig bei Kötschenbroda und von Trinkhallen für kohlensaures Wasser« im »Leipziger Adreß-Buch« (Leipzig: Edelmann 1875, S. 175) aufgeführt. Seine Wohnung hatte er inzwischen in die Pfaffendorfer Straße verlegt. Neubert starb im Oktober 1880 in Zitzschewig. Seine Apotheke »Zum weißen Adler«, seit 1735 Hofapotheke, war 1709 von Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, der zugleich König von Polen war, als vierte Apotheke Leipzigs konzessioniert worden. Möglicherweise bezieht sich der Apothekenname auf das polnische Königshaus, dessen Wappen der weiße Adler war.


»Mein Leipzig lob’ ich mir.«
Zweites Kapitel


76 ganze Geschäftskram […] langweilig] Neubert war tatsächlich ein unternehmerisches Multitalent, das sich für das profane Apothekergeschäft nicht allzu viel Zeit nahm. So mischte er als Stadtverordneter in der Leipziger Kommunalpolitik mit, beteiligte sich an einer Lebensversicherungsgesellschaft, unterhielt florierende Erdbeer- und Spargelplantagen an der Elster und widmete sich eingehend der Sammlung und Kultivierung von Rebsorten, die er listenmäßig erfasste, detailliert kommentierte und auch verkaufte. Nebenher richtete er 1842 gemeinsam mit dem Schriftsteller und späteren Revolutionär Otto von Corvin (1812–1886) die erste öffentliche Schwimmanstalt Leipzigs ein, die bis in die 1860er Jahre bestand: »Apotheker Neubert war ein unternehmender Mann; er unternahm aber zu Vielerlei, sagten Manche, und behaupteten, daß er eine Eiche fällen lasse, wenn er einen Pflock brauche.« (Corvin 1880, Bd. 2, S. 229 f.)

79 Dr. Adler] Christian Friedrich Adler, 1799 in Weißenfels geboren. Er wohnte 1840 in der parallel zur Hainstraße verlaufenden Großen Fleischergasse 1 (Leipziger Adreßbuch, Jg. 1840, S. 78). Letztmalig ist er in den Leipziger Adressbüchern 1851 mit der Adresse Brühl 44 nachgewiesen (Leipziger Adreßbuch 1851, S. 176). Zuletzt soll er »privatisierend« in Pommern gelebt haben. Dass er 1841 »in den Anfängen des Delirium tremens« gesteckt haben soll, wie Fontane weiter unten behauptet, scheint zweifelhaft. Denn 1843 erschien von ihm bei Brockhaus eine Nachdichtung von Ovids »Ars amatoria« unter dem Titel: »Die Liebekunst«, die Adler mit einem schwungvollen Widmungsgedicht Friedrich Rückert zueignete. Die sehr profunde, launig geschriebene und 58 Seiten umfassende Einleitung weist Adler als vorzüglichen Kenner der antiken Literatur und der klassischen Verslehre aus, ebenso als Experten für die Weltliteratur und Gegenwartsdichtung. Es ist kaum vorstellbar, dass Adler bei einer fortgeschrittenen Alkoholkrankheit diese Arbeit hätte fertigstellen können. Weitere Werke Adlers sind im Buchhandel nicht erschienen. Auch in belletristischen Blättern lassen sich unter seinem Namen keine Gedichte oder andere dichterische Beiträge nachweisen. Belegt ist die Mitarbeit Adlers an der »Leipziger Allgemeinen Zeitung«, für die er zwischen 1837 und 1840 als Lokalkorrespondent »besonders rührig« tätig war. »Er verfolgte neben Tagesneuigkeiten insbesondere den Stand von Handel und Industrie. An den politischen Fragen der Zeit hat er sich so gut wie gar nicht beteiligt.« (Fritz Neefe: Geschichte der Leipziger Allgemeinen Zeitung 1837–1843. Leipzig: Voigtländer 1914, S. 70.) Adler dürfte über die »Leipziger Allgemeine Zeitung« auch Johann Georg Günther gekannt haben, der Redakteur der Zeitung war und 1841 incognito »Die Eisenbahn« übernahm. »Die Beziehung Adlers zu Günther wird es gewesen sein«, so Michael Masanetz, »die Fontane Zutritt in den Kreis um Robert Binders Zeitschrift ›Die Eisenbahn‹ verschaffte.« (Masanetz 2008, S. 71; vgl. auch GBA-Gedichte, Bd. 2, Anmerkungen, S. 504 f.)

83 »Die Eisenbahn«] Die Zeitschrift »Die Eisenbahn« erschien seit 1838 in Leipzig, kam im Quartformat mit einem Umfang von vier Seiten dreimal in der Woche heraus und brachte vor allem Gedichte, Erzählungen, kritische Beiträge, Aufsätze und Korrespondenzen. Der »unbelletristische« Titel verweist auf die Tendenz der Zeitschrift: Sie fühlte sich der ›Bewegung‹ und dem ›Fortschritt‹ verpflichtet und verstand sich ausdrücklich als »Zeitorgan«. Im Sommer 1841 ging die Zeitschrift in den Verlag Robert Binders über, der am 3. Juli 1841 zum Inhalt der Zeitschrift verkündete: »Sie wird ihren Lesern eine reiche Auswahl von Originalartikeln aus dem Gebiete der schöngeistigen Literatur, ernsten und launigen Inhalts, bringen, von den neuen Erscheinungen der ausländischen Literatur in diesem Fache nur das Gediegenste berücksichtigen, in ernster, leidenschaftsloser und gehaltener Weise die Kritik neu auftauchender Schöpfungen der Literatur und Kunst verwalten, und unter dem Namen Fruchtlese (Feuilleton) alle interessanten Zeitvorkommnisse zur Kenntniß ihrer Leser zu bringen bemüht sein.« Einige Monate später wurde das politische Profil des Blattes hervorgehoben: »Gegenüber der mattherzigen und gesinnungsleeren Richtung, wie sie ein großer Theil unserer schöngeistigen Presse eingeschlagen hat, soll die Eisenbahn auch ferner Fronte machen und den Ideen der Gegenwart zugethan, deren Tendenzen in ihren Spalten abspiegeln, so weit dies eben in der Tendenz des Blattes selbst liegen kann. Geistreiche und talentvolle Mitarbeiter leihen demselben ihre Unterstützung.« (Die Eisenbahn. Leipzig. Nr. 64, 27. November 1841, S. 253.) Incognito wurde die »Eisenbahn« bis Januar 1842 von Johann Georg Günther geleitet und von Spitzeln der Metternich-Polizei aufmerksam beobachtet. So heißt es in einem Spitzelbericht aus Leipzig vom 5. Juli 1841: »Haupttendenz dieses Blattes ist, den König von Preußen und den Minister von Rochow lächerlich und verhaßt zu machen.« (Adler 1977, Bd. 1, S. 93.) Damit hatten Günther und Binder Erfolg, denn Ende 1843 soll die »Eisenbahn« einem Spitzelbericht zufolge 1000 Abonnenten gehabt haben (Adler 1977, Bd. 1, S. 249) – für ein belletristisch-kritisches Journal im Vormärz eine recht große Zahl von Abnehmern. 1845 wurde das Blatt nach kurzer Unterbrechung in Altenburg unter dem Titel »Deutsche Eisenbahn« fortgesetzt und bestand noch bis 1848. – Fontanes Mitarbeit begann im September 1841 und endete vermutlich im Dezember 1843. (Da von den Jahrgängen 1843 und 1844 nur Bruchteile überliefert sind, können keine verlässlichen Angaben über Fontanes Mitarbeit gemacht werden.) Für die Zeitschrift lieferte er nicht nur Gedichte, vor allem politische Zeitgedichte, sondern auch Übersetzungen aus dem Englischen (John Critchley Prince) und seit Juni 1842 auch mehrere Korrespondenzen aus dem Oderbruch bzw. aus Dresden. Anfang 1842 sollte der ständige Mitarbeiter Fontane sogar die Redaktion des Blattes übernehmen (vgl. Anm. zu S. 88 »als Redakteur […] anzustellen«). Das Blatt ist in einem weiteren Zusammenhang aufschlussreich, da es nämlich als eine Art ›Organ‹ des von Fontane so bezeichneten »Herwegh-Clubs« gelten kann. Aus den Reihen dieses geheimen burschenschaftlichen Kreises sind einige Poeten mehrfach in der »Eisenbahn« vertreten, 1841/42 vor allem Ludwig Köhler und Hermann Schauenburg (Pseudonym H. Auen), gelegentlich auch unter dem Pseudonym Carl Maien Wilhelm Wolfsohn. Vgl. Wülfing 1987, S. 40–66; Berbig/Hartz, S. 104–108.

»Mein Leipzig lob’ ich mir.«
Drittes Kapitel


87 Robert Binder] Robert Binder, ein gelernter Buchhändler, war in Halle während eines kurzen Studiums 1827/28 Mitglied eines burschenschaftlichen Kränzchens. 1830 arbeitete er im Bibliographischen Institut des Verlegers Joseph Meyer in Hildburghausen, dessen Haus und Verlag ein Zentrum der liberalen Opposition war. Ende 1833 wurde Binder verhaftet und saß bis Juli 1836 wegen Verbreitung staatsgefährdenden Schrifttums in Untersuchunghaft. Auf Kaution entlassen versuchte Binder, sich als Redakteur des »Gewerbeblatts für Sachsen« und als stiller Teilhaber des Verlags Goedsche u. Co. in Chemnitz über Wasser zu halten, musste aber 1839/40 in der Festung Magdeburg eine Haftstrafe wegen angeblicher demagogischer Aktivitäten absitzen. Aus der Haft entlassen, gründete er im Januar 1841 den Verlag Robert Binder in Leipzig. Er übernahm die Zeitschrift »Die Eisenbahn«, verlegte neben belletristischer Literatur seit 1843 auch die »Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft« sowie einige philosophische und tagespolitische Broschüren wie etwa »Schelling und die Offenbarung« (1842) von Friedrich Engels. Im Oktober 1844 musste Binder Konkurs anmelden. Die Firma wurde liquidiert. Binder arbeitete als Journalist und Redakteur, blieb politisch aktiv und wurde im August 1849 verhaftet, weil er für flüchtige Revolutionäre des Dresdener Aufstandes Geld gesammelt hatte. Dafür verbüßte Binder zehn Jahre Haft im berüchtigten Zuchthaus Waldheim. Nach seiner Entlassung ging er nach Chemnitz und redigierte hier bis zu seinem Tod 1870 die »Sächsische« bzw. seit 1862 »Deutsche Industrie-Zeitung«.

88 Hermann Schauenburg] Schauenburg studierte von Oktober 1840 bis zum Februar 1842 in Leipzig Medizin, setzte in Berlin das Studium fort und wurde im August 1843 zum Dr. med. promoviert. In Berlin nahm man ihn aufgrund von Briefen, die bei seinem in München inhaftierten Freund Hermann Kriege gefunden worden waren, im April 1843 fest, ließ ihn nach sieben Wochen aber wieder frei. Die Haft wurde ihm als Strafe für seine Teilnahme an der verbotenen Leipziger Burschenschaft angerechnet. Schauenburg arbeitete nach dem Studium in Westfalen als Arzt, war von 1851 bis 1856 erster Assistent an der chirurgischen Klinik in Bonn und habilitierte sich 1852 an der Bonner Universität als Privatdozent. 1857 wurde ihm die Lehrerlaubnis von der Universität entzogen. Schauenburg nahm im Rheinland seine hausärztliche Praxis wieder auf, wurde 1866 Kreisphysikus in Zell an der Mosel, 1868 in Quedlinburg und 1875 in Moers.

88 Hermann Kriege] Kriege studierte seit dem Wintersemester 1840/41 in Leipzig zuerst Medizin, dann Philosophie. Er freundete sich mit Robert Blum an, pflegte Kontakte zu Arnold Ruge und war ein begeisterter Anhänger Ludwig Feuerbachs. Zum Wintersemester 1842/43 ging Kriege nach München, wurde aufgrund politischer Aktivitäten im März 1843 verhaftet und exmatrikuliert. Versuche, sich im Sommer 1843 an der Berliner Universität einzuschreiben, scheiterten. Kriege wurde stattdessen zur Ableistung seines Militärpflichtjahrs in die westfälische Heimat abgeschoben. Weitere politische Verfolgung und Haft bewogen ihn Anfang 1845, zunächst nach London zu gehen, wo er Mitglied des frühkommunistischen ›Bund der Gerechten‹ wurde, und schließlich nach New York, wo er die Arbeiterzeitung »Der Volkstribun. Organ des jungen Amerika« redigierte. In Barmen hatte er 1845 Friedrich Engels kennengelernt, in Brüssel Karl Marx. Beide schätzten ihn anfangs, griffen ihn jedoch später wegen politischer Differenzen in ihrem »Zirkular gegen Kriege« (MEW, Bd. 4, S. 3–17) an. Nach der Revolution 1848 kehrte Kriege kurzzeitig nach Deutschland zurück, wurde in den ›Centralausschuß der demokratischen Vereine Deutschlands‹ gewählt, der von Juli bis Ende 1848 seinen Sitz in Berlin hatte. Kriege eröffnete im Oktober 1848 den zweiten Demokratenkongress in Berlin (vgl. Anm. zu S. 88 »»Tagung der äußersten Linken«). Im Juli 1849 kehrte er nach New York zurück, arbeitete dort wieder als Journalist, wurde gemüts- oder geisteskrank und starb schon 1850.

88 Leipziger Burschenschaft] Burschenschaften bildeten sich im Zuge der Befreiungskriege als studentische Verbindungen mit ausgesprochen politischer Intention. Ihre Ziele bestanden in der Überwindung feudal-absolutistischer Zustände und der Gründung eines freiheitlich verfassten, einheitlichen Nationalstaats. Mit den Karlsbader Beschlüssen 1819 wurden Burschenschaften verboten, ihre Mitglieder als ›Demagogen‹ verfolgt und das Universitätsleben streng überwacht. Die bloße Mitgliedschaft konnte mit einer langjährigen Haftstrafe geahndet werden, schlimmstenfalls drohte die Todesstrafe. Insofern betrat Fontane mit der Kontaktaufnahme zu aktiven Burschenschaftlern im Spätsommer 1841 ein gefährliches Terrain. In Jena hatte sich 1815 die Urburschenschaft gegründet. In Leipzig bildete sich drei Jahre später eine Burschenschaft, die seit den frühen 1820er Jahren nur im Untergrund arbeiten konnte und zunächst bis 1833 existierte. Am 12. August 1839 wurde die Leipziger Burschenschaft unter Mitwirkung des Nicht-Akademikers Robert Blum und des ehemaligen Studenten Georg Günther sowie von Burschenschaftsvertretern aus Halle und Jena heimlich erneuert und erhielt, da sie seit 1840 in der Gastwirtschaft Koch in der Fleischergasse tagte, den Decknamen ›Kochei‹. Ihr Sprecher war Hermann Kriege, während Schauenburg zeitweilig die Funktion eines Fechtwarts ausübte, im November 1841 aber austrat, um sich – neben Kriege – ganz dem Aufbau der ›Allgemeinheit‹ widmen zu können (Schultze 1970, S. 164). Im September 1841 wurde in Leipzig nämlich als Gegengewicht zu den elitären studentischen Corps die ›Allgemeinheit‹ ins Leben gerufen, der sich auch Studenten anschließen konnten, die nicht in einer Verbindung waren. »Die Kochei wurde schnell zur führenden Kraft in der […] rund 600 Mitglieder zählenden ›Allgemeinheit‹, was rund zwei Drittel der Leipziger Studentenschaft entsprach. Kriege war die beherrschende Persönlichkeit der Kochei und der Allgemeinheit bis zu seinem Weggang nach München im Herbst 1842, wo er Anfang 1843 auf preußisches Verlangen […] verhaftet wurde. Das löste eine neue Welle der Verhaftungen, Untersuchungen und Prozesse aus, am 19. März wurden die ersten Mitglieder der Kochei in Leipzig verhaftet, am 6. Dezember die ersten Urteile verkündet. An diesem Tag wurde auch die Burschenschaft offiziell aufgelöst, die Allgemeinheit zerfiel.« (Harald Lönnecker: »In Leipzig angekommen, als Füchslein aufgenommen« – Verbindungen und Vereine an der Universität Leipzig im langen 19. Jahrhundert. In: Die Matrikel der Universität Leipzig. Hrsg. von Jens Blecher u. Gerald Wiemers. Teilbd. 2: Die Jahre 1832 bis 1863. Weimar: Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaft 2007, S. 25.)

88 Dichten […] Kinderkrankheit] Das stimmt nicht, denn neben seiner ärztlichen Praxis blieb Schauenburg fortlaufend literarisch tätig. 1847 widmete er sein anonym bei Brockhaus erschienenes Buch »Julie und ihr Haus« Bettina von Arnim, 1853 erschien von ihm ein Band »Gedichte«. In den 1850er Jahren wirkte er als Poet und Redakteur an den »Düsseldorfer Monatsheften« mit und lud auch Fontane zur Mitarbeit ein. 1872 schickte er ihm ein Lustspiel »Das Reservelazarett in Schöppenstedt«, offenbar verbunden mit der Bitte um eine Besprechung. Schauenburg blieb durch persönliche Kontakte dauerhaft der literarischen Szene verbunden (vgl. Heinrich Meisner: Herrmann Schauenburg und sein Freundeskreis. Hamburg: Verlagsanstalt 1900). Als er einen Antrag um Unterstützung bei der Deutschen Schillerstiftung stellte, urteilte Julius Grosse am 14. Juni 1875 über den Poeten Schauenburg: »Schauenburg besitzt alle Gaben eines ganzen Poeten, und er wäre sicherlich ein bedeutender Dichter geworden, wenn er eben Mut gehabt hätte, die Dichtkunst und nicht die Medizin zu seinem Lebensberuf zu wählen. So ist er doch nur Dilettant geblieben.« (178 literarische Gutachten der Deutschen Schillerstiftung. Ein Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Zusammengestellt u. hrsg. von Rudolf Goehler. Berlin: A. Duncker 1909, S. 141.)

89 Streitigkeiten mit […] C. O. Weber] Schauenburg hatte sich Ostern 1852 an der medizinischen Fakultät der Universität Bonn habilitiert und war Privatdozent geworden. 1857 entzog ihm überraschend und aus formalen Gründen die Bonner Fakultät die Lehrerlaubnis. Schauenburg gelang es nicht, die Lehrerlaubnis zurück zu erhalten. Bei der medizinischen Fakultät der Universität Bonn und den vorgesetzten Behörden war Schauenburg offenbar durch falsche Anschuldigungen in Ungnade gefallen: 1857 hatte sich in seiner Praxis eine Patientin namens Apollonia Menner gemeldet, die behauptete, vom damaligen Bonner Assistenzarzt Carl Otto Weber geschwängert worden zu sein. Nachdem ihre Schwangerschaft feststand, habe Weber mehrfach schmerzhafte Abtreibungsversuche an ihr vorgenommen, an deren Folgen sie jetzt litt. Schauenburg vertraute sich in dieser Angelegenheit dem Bonner Kreisphysikus an, der weitere Erkundigungen einzog und die Angelegenheit zur Anzeige brachte. Doch während der Voruntersuchung gegen Weber zog Apollonia Menner unerwartet ihre Vorwürfe zurück. Die Ermittlungen gegen Weber wurden eingestellt. Weber, der 1857 zum außerordentlichen Professor in Bonn ernannt worden war, konnte sich der Solidarität seiner Fakultät sicher sein, während Schauenburg nach und nach in die Rolle eines ›Nestbeschmutzers‹ geriet. Die Auseinandersetzung Schauenburgs mit der Fakultät und die Vorgänge um Carl Otto Weber sind ausführlich in einer von Schauenburg herausgegebenen Broschüre »Zur Sittengeschichte deutscher Hochschulen« (Lahr: Moritz Schauenburg 1860) dokumentiert worden.

91 Dr. Georg Günther] Vgl. auch »Bilder und Materialien«, http://www.uni-goettingen.de/de/bilder-und-materialien/496830.html. Johann Georg Günther studierte von 1827 bis 1829 in Leipzig und lebte seit 1830 dort als freier Schriftsteller, Journalist und engagierter Verfechter des sächsischen Liberalismus. In den 1830er Jahren schloss er Freundschaft mit Robert Blum. Mit ihm organisierte er zahlreiche politische Zirkel, Clubs und Vereine. Beide förderten namentlich die verbotene oppositionelle Leipziger Burschenschaft. 1837 wurde er Redakteur für den Wirtschaftsteil der »Leipziger Allgemeinen Zeitung«, war von 1839 bis Anfang 1841 Chefredakteur und arbeitete anschließend als Redakteur des »Gewerbeblatts für Sachsen«, der »Eisenbahn« und der »Sächsischen Vaterlandsblätter«. 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, gehörte er als Vertreter der Linken dem Parlament bis zu seiner Auflösung 1849 an. In Frankfurt redigierte Günther 1848/49 – zunächst mit Robert Blum – die »Deutsche Reichstagszeitung«, dann 1849/50 die »Neue Deutsche Zeitung«. 1850 musste Günther in die Schweiz flüchten, emigrierte 1851 über England in die USA und lebte als Arzt, Homöopath und Journalist bis 1871 im Bundesstaat Milwaukee. Im Herbst 1871 kehrte er, schwer erkrankt, nach Deutschland zurück, wo er schon Anfang 1872 in Berlin-Westend starb.

93 Robert Blum] Der Schriftsteller, Politiker und Theaterenthusiast Robert Blum stammte aus ärmlichen Verhältnissen, machte eine Handwerkerlehre, bildete sich autodidaktisch weiter und kam Ende der 1830er Jahre nach Leipzig. Dort war er Kassierer am Leipziger Stadttheater, engagierte sich in politischen Clubs und literarischen Vereinen und machte sich als liberaler Volksredner einen Namen. Mit seinen »Sächsischen Vaterlandsblättern« (1840 gegründet, 1845 verboten) und anderen Publikationen verlieh er der demokratischen Oppositionsbewegung weit über Sachsens Grenzen hinaus eine Stimme.1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, gehörte Blum zum linken Flügel des Parlaments. Im Oktober 1848 reiste er als Abgesandter der Nationalversammlung nach Wien, um den Wiener Revolutionären eine Grußadresse zu überbringen. Nach der Eroberung Wiens durch kaiserliche Truppen wurde er verhaftet und unter Missachtung seiner Abgeordnetenimmunität am 9. November 1849 erschossen, was in weiten Kreisen Deutschlands für Empörung sorgte und Blum zu einem Märtyrer der Revolution und der demokratischen Bürgerrechtsbewegung machte.

»Mein Leipzig lob’ ich mir.«
Viertes Kapitel


95 Georg Herwegh] Georg Herwegh, einer der bedeutendsten und wirkungsvollsten politischen Lyriker des Vormärz, musste 1839 wegen eines Streits mit einem württembergischen Offizier in die Schweiz fliehen, wo er das Feuilleton der linksliberalen »Deutschen Volkshalle« redigierte. Der Band »Gedichte eines Lebendigen«, der im Sommer 1841 herauskam und mit acht Auflagen zur erfolgreichsten Lyriksammlung im Vormärz wurde, machte Herwegh schlagartig berühmt. 1842 stand er im Zenit seines Ruhms, trat eine ›Triumphreise‹ durch Deutschland an, die ihn bis Königsberg führte. In Leipzig wurde ihm am 25. Oktober 1842 von Studenten und Bürgern im Hotel de Pologne ein begeisterter Empfang bereitet. Im Herbst 1843 zog Herwegh nach Paris, wo er mit Heine, Liszt und George Sand verkehrte. Nach der Februarrevolution 1848 ließ er sich zum Vorsitzenden der »Deutschen demokratischen Legion« wählen, mit der er den aufständischen Republikanern in Baden zur Hilfe eilte und die von württembergischen Truppen geschlagen wurde. Herwegh flüchtete in die Schweiz, wobei sein Image durch das klägliche Scheitern seines revolutionären Aktionismus, mehr noch durch die unwahre aber wirkungsvolle ›Spritzledergeschichte‹ arg beschädigt wurde. Demnach soll sich Herwegh feige unter dem schmutzigen Spritzleder eines Wagens versteckt und so ins Ausland abgesetzt haben. In den 1860er Jahren schloss er sich der sozialistischen Arbeiterbewegung an und trat 1869 der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. 1866 nach Deutschland zurückgekehrt zog er nach Lichtental bei Baden-Baden, wo er noch zu Beginn der 1870er Jahre den preußischen Militarismus und das durch »Blut und Eisen« entstandene Kaiserreich in Gedichten scharf geißelte. Obwohl sich Herweghs politische Ansichten mehrfach änderten, blieb er als Dichter einer von Fontanes poetischen »Hausgöttern«. Er ist in allen Auflagen seines erstmals 1852 erschienenen »Deutschen Dichter-Albums« vertreten, und noch 1889 zählt Fontane anlässlich einer Umfrage »beinah Alles« von Herwegh zu seiner bevorzugten Lektüre (NFA, Bd. 21/1, S. 497). Ob Fontane Ende Oktober 1842 in Begleitung Wolfsohns Herwegh begegnet ist, bleibt offen; vgl. Chronik, Bd. 1, S. 56 f. Erwähnt hat Fontane eine solche Begegnung nie.

95 Leipziger Dichterverein […] »Herwegh-Klub«] Mit der harmlos klingenden Bezeichnung »Dichterverein« verschleiert Fontane das wahre Profil dieser Poetengemeinschaft, die Dichtung als ›Waffe‹ im Kampf gegen den politischen Status quo in Deutschland verstanden wissen wollte. Die Bezeichnung ›Herwegh-Club‹ wird diesem Sachverhalt schon gerechter, denn Herweghs Gedichte waren für die aufmüpfige Jugend Stimulus einer zeitgemäßen, Partei ergreifenden Poesie. Der ›Herwegh-Club‹ trat aus guten Gründen öffentlich nicht in Erscheinung, sondern war Teil eines konspirativen Netzwerks, der im Herbst 1841 gebildeten ›Allgemeinheit‹, die von Burschenschaftlern der ›Kochei‹, vor allem von Kriege und Schauenburg, initiiert und organisiert wurde. Die ›Allgemeinheit‹ verfocht nicht nur politische Ziele, sondern hatte auch eine integrative Funktion: Einmal konnten ihr alle Studenten beitreten, die nicht zu einer studentischen Verbindung gehörten. Zum anderen sollte in Untersektionen, kleineren Kultur- und Bildungsgesellschaften auch Nicht-Studenten der Zutritt gewährt werden. Damit sollte die Kluft zwischen Studenten und Bürgern in Leipzig verringert werden. Fontane nahm im ›Herwegh-Club‹ also »an einer der verschiedenartigen ›Kränzchen‹ teil, die zur wissenschaftlichen und politischen Ausbildung der Studenten von der Burschenschaft veranstaltet wurden, und die bei Entstehung der ›Allgemeinheit‹ (mit Ausnahme der Kommentkränzchen) auch Nichtakademikern zugänglich wurden.« (Schultze 1970, S. 333.) Mit dem gewaltsamen Ende der ›Allgemeinheit‹ und der einsetzenden erneuten Demagogenverfolgung im Laufe des Jahres 1843 löste sich auch dieser Kreis Gleichgesinnter auf. Nahezu alle in Fontanes Erinnerungen genannten Klub-Teilnehmer gerieten 1843/44 mit den Strafverfolgungsbehörden in Konflikt. Nur der Verschwiegenheit seiner Freunde hatte es Fontane zu verdanken, nicht auch von der politischen Verfolgungswelle betroffen zu sein; vgl. Schultze 1970, S. 327–339; Wulf Wülfing: Herwegh-Klub. In: Handbuch–Vereine, S. 202–207; Berbig/Hartz, S. 413–415.

95 Köhler] Ludwig Köhler studierte in Jena, dann von 1841 bis 1843 in Leipzig Philologie. Als Mitglied der Leipziger Burschenschaft war er deren ›Zeitungs-‹ bzw. ›Lektürewart‹. Im Zuge der beginnenden Verfolgungswelle von Burschenschaftlern 1843 wurde er zu vier Wochen Karzer verurteilt, von der Universität und aus der Stadt gewiesen. Köhler ging nach München, dann nach Meiningen, wo er den »Deutschen Volksboten« redigierte, der bald verboten wurde und Köhler eine Haftstrafe einbrachte. Schließlich wurde er Verlagsmitarbeiter am Bibliographischen Institut und am Konversationslexikon des linksliberalen Joseph Meyer in Hildburghausen. Ludwig Köhler war mit Gedichten, Epen, Übersetzungen, Novellen einer der eifrigsten Beiträger der »Eisenbahn«, als Fontane im Spätsommer 1841 zur Zeitschrift kam. Großen Eindruck machte auf ihn vor allem dessen Gedichtepos »Der neue Ahasver« (Jena: Mauke 1841). So notierte er 1873, als er in Hildburghausen Köhlers Grab besuchte, lakonisch in sein Notizbuch: »Mein alter Ahasver-Koehler aus Leipzig 1841« (HFA, III, Bd. 3/2, S. 921).

95 Semisch oder Semig] Richtig: Friedrich Hermann Semmig, der seit Mai 1839 in Leipzig erst Theologie und Philosophie, dann bis Juli 1844 Geschichte studierte. Er war Kneipwart der Leipziger Burschenschaft, 1842 im Vorstand der ›Allgemeinheit‹ und eng mit Kriege befreundet, dessen frühkommunistische Überzeugung er teilte. 1843 verbüßte er als Burschenschaftler eine dreimonatige Haft. Semmig arbeitete als Journalist und sozialkritischer Schriftsteller, beteiligte sich an der Revolution 1848 und am Maiaufstand in Dresden 1849, musste nach Frankreich flüchten und lebte dort als Lehrer. Während des deutsch-französischen Krieges aus Frankreich vertrieben, ließ er sich 1870 wieder in Leipzig nieder, wo er an einer höheren Mädchenschule unterrichtete und bis zu seinem Tod schriftstellerisch tätig blieb.

95 Pritzel] Georg August Pritzel kam im Juli 1841 nach Leipzig und studierte hier bis April 1843 Medizin. Er war in Breslau wegen eines Tumults im Theater von der Universität verwiesen worden und hatte der Burschenschaft ›Raczek‹ angehört. Pritzel wurde in Leipzig Ehrenmitglied der ›Kochei‹ und stellte auch Kontakte zur Breslauer Burschenschaft her. Mit seinem Freund Kriege unternahm er im Frühjahr 1842 eine Reise nach Belgien. (Schultze 1970, S. 168.) 1842 wurde er mit einer Arbeit aus dem Bereich der Botanik promoviert. Seit 1851 war Pritzel Mitarbeiter an der Königlichen Bibliothek in Berlin, machte sich mit einer einzigartigen Fachbibliographie einen Namen, in der er über 10.000 weitgehend autopsierte Titel von Botanikbüchern verzeichnete, und stieg 1854 zum Archivar an der Akademie der Wissenschaften in Berlin auf. 1872 wegen geistiger Verwirrung vorzeitig pensioniert, starb er zwei Jahre später in der Nähe von Kiel.

95 Friedensburg] Wilhelm Leberecht Theodor Albert Friedensburg kam mit seinem Freund Pritzel 1841 von der Breslauer Universität, von der er verwiesen worden war, nach Leipzig und »beriet sich im Sommer und Herbst 1841 mit Kriege und Schauenburg über die in Halle ins Leben zu rufende burschenschaftliche Verbindung« (Schultze 1970, S. 168). Friedensburg immatrikulierte sich im Oktober 1841 in Halle, gehörte 1842 zu den Gründern der sich als ›Allgemeinheit‹ organisierten Hallenser Burschenschaft und war ihr Sprecher. Mit einer Hausdurchsuchung bei Friedensburg am 3. März 1843 begann eine neue Verfolgungswelle von Burschenschaftlern, die schnell München, Leipzig, Breslau, Jena, Halle und Berlin erfasste. Auch Friedensburg wurde verhaftet und am 19. Juli 1843 von der Universität und aus Halle verwiesen. Friedensburg ging nicht in den Staatsdienst, sondern wurde Journalist und war fünf Jahrzehnte bei den »Hamburger Nachrichten« beschäftigt.

95 Cruziger] Christian Albert Cruziger studierte erst in Jena, wo er sich der Burschenschaft anschloss, dann von Mai 1839 bis Ostern 1843 in Leipzig Jura. Nach dem Studium wurde er Justizbeamter in Altenburg, blieb seinen burschenschaftlichen Idealen treu und avancierte 1848 als überzeugter Republikaner in Folge der Revolution für einige Monate zum Minister. Trotz seines demokratischen Engagements konnte Cruziger nach 1848 seine Beamtenlaufbahn im Herzogtum Sachsen-Altenburg fortsetzen, wurde Justizrat und 1862 Geheimer Finanzrat (Schultze 1970, S. 169). Er war als Student eng mit Wolfsohn befreundet, der ihm noch 1851 die Übersetzung von Alexander Herzens Roman »Wer ist Schuld?« (Leipzig: Brockhaus 1851) widmete.

96 Wilhelm Wolfsohn] Vgl. auch »Bilder und Materialien«, http://www.uni-goettingen.de/de/bilder-und-materialien/496830.html. Wilhelm Wolfsohn, geboren 1820 im russischen Odessa, besuchte dort das jüdische Gymnasium und ging nach dem Abitur nach Leipzig, wo er sich am 15. Dezember 1837 im Fach Medizin immatrikulierte, als literarisch interessierter Student im Wintersemester 1839/40 aber in die philologische Fakultät wechselte. Schon Ende der 1830er Jahre knüpfte Wolfsohn erfolgreich Verbindungen zu Leipziger Verlegern und publizierte in Zeitschriften. Wolfsohn promovierte im April 1843 mit einer Arbeit »Die schönwissenschaftliche Literatur der Russen«, ging im Sommer des Jahres wieder nach Odessa und kehrte im Dezember 1845 nach Deutschland zurück. Hier hielt er Vorträge über Literatur, arbeitete als Journalist und Übersetzer russischer Literatur, heiratete Ende 1851 und ließ sich 1852 dauerhaft in Dresden nieder. In den 1850er Jahren gelang es ihm, mehrere Stücke erfolgreich auf die Bühne zu bringen. Als engagierter Vermittler deutsch-russischer Kulturbeziehungen gründete er 1862 die »Russische Revue«, starb aber schon am 13. August 1865 in Dresden. Wolfsohn gehörte zu den ersten engagierten Förderern des Schriftstellers Fontane. Er vermittelte die Beziehung zum Verleger Moritz Katz, der 1850 Fontanes Romanzenzyklus »Von der schönen Rosamunde« herausbrachte, 1849 die Verbindung zur »Dresdner Zeitung«, Anfang der 1850er Jahre zu Brockhaus und zur »Deutschen Allgemeinen Zeitung«, immer bemüht, zu Fontanes Lebensunterhalt beizutragen, und stets im Glauben an das große Talent des Poeten Fontane.

99 Max Müller] Max Müller besuchte von 1836 bis 1841 die Nikolaischule in Leipzig und immatrikulierte sich am 21. Mai 1841 an der Leipziger Universität, wo er Philosophie, klassische Philologie und Orientalistik studierte. Müller war zwar nicht Mitglied der Burschenschaft, stand dieser aber politisch sehr nahe. Am 1. September 1843 wurde er in Leipzig promoviert (Jolles 1980, S. 556), setzte im April 1844 seine Studien in Berlin fort, ging im März 1845 nach Paris, im Juni 1846 nach London und ließ sich schließlich im Mai 1848 dauerhaft in Oxford nieder. Dort hielt er seit 1850 Vorlesungen, wurde Professor und mit epochalen Editionen und bahnbrechenden Untersuchungen als Sanskritforscher berühmt – ein Gelehrter von Weltruf und brillanter Vermittler der indischen Kultur, der Hindu-Philosophie und der östlichen Religion. Dafür erhielt Müller viele internationale Auszeichnungen. Die Beziehung Fontanes zu Max Müller hat Charlotte Jolles 1980 ausführlich dargestellt (Jolles 1980, S. 554–572).

102 General Pennefather] Der britische General John Lysagh Pennefather zeichnete sich mehrfach im Krimkrieg aus, u. a. als Führer einer Brigade bei der Belagerung Sebastopols, in der erfolgreichen Abwehr eines russischen Angriffs auf britische Stellungen am 26. Oktober 1854 und in der Schlacht von Inkerman bei Sebastopol am 5. November 1854, wo die zahlenmäßig deutlich überlegenen russischen Truppen zurückgeschlagen werden konnten.


»Mein Leipzig lob’ ich mir.«
Sechstes Kapitel


125 den alten Klöden] Karl Friedrich von Klöden aus Märkisch-Friedland beschäftigte sich als Autodidakt mit Geographie und Geometrie, absolvierte in Berlin eine Goldschmiedelehre, studierte dann hier Naturwissenschaft und Theologie und wurde 1817 Leiter des Potsdamer Lehrerseminars. Mit der von ihm 1824 gegründeten, bis 1855 geleiteten Berliner Gewerbeschule wirkte Klöden vorbildlich für die Schaffung weiterer höherer Bürger- und Gewerbeschulen bzw. Realgymnasien in Preußen. Neben seiner pädagogischen Arbeit beschäftigte sich Klöden intensiv mit Mineralogie und Landesgeschichte. Seine historischen Arbeiten dienten Fontane als wichtige Quellen und Anregung für eigene Studien, vor allem für seine »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«.


»Mein Leipzig lob’ ich mir.«
Siebentes Kapitel


130 Pietro del Vecchio] Vom italienischen Kaufmann Pietro del Vecchio 1799 gegründete Leipziger Kunsthandlung. Dort wurden teure Kunstwerke, aber auch Karikaturen, Bilderbögen, Bilderrahmen, optische Geräte, seit den 1840er Jahren auch Fotografien und Arbeitsmaterial für Maler, Kupferstecker, Lithographen verkauft. Das Geschäft lag auf der Westseite des Marktes, am Markt Nr. 9. Eigentümer der Handlung war seit den 1830er Jahren Otto Süßmilch (1808–1872), unter dessen Leitung sich »die Kunsthandlung Pietro del Vecchio zum führenden Geschäft ihrer Art mit zugehöriger Bilder- und Spiegelrahmenfabrikation sowie eigenem Kunstverein in Leipzig« entwickelte. »Dementsprechend wuchs ihr Renomee weit über die Stadtgrenzen hinaus.« (Karsten Hommel: »Pietro Del Vecchio«. Zur Geschichte einer Leipziger Kunsthandlung 1799–1953. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte. Bd. 11, 2004, S. 89–112, hier S. 94.)

132 Gohlis] Ins nördlich von Leipzig gelegene Dorf Gohlis gelangte man durch das Rosental; mit seinem Schloss und zwei Wirtshäusern gehörte Gohlis zu den bevorzugten Ausflugszielen der Leipziger.

132 Struvesche Apotheke] Die Salomonis-Apotheke am Neumarkt 8 war 1805 von dem Dresdener Arzt Friedrich Adolf August Struve (1781–1840) übernommen worden, der sich auf die Entwicklung künstlicher Mineralwässer spezialisiert hatte. 1818 rief er die erste Mineralwasseranstalt in Deutschland ins Leben, die so erfolgreich produzierte, dass bald ähnliche Fabriken in ganz Europa folgten. Künstliche Mineralwasser wurden zum Modegetränk und machten den Namen Struve berühmt. Nach dem Tod des Firmengründers 1840 setzte sein Sohn Gustav Adolf Struve (1812–1889) die Arbeit seines Vaters fort und etablierte weitere Niederlassungen von ›Dr. Struves Mineralwasserfabrik‹, »bereitete auch neue Mineralwässer, indem er Chemikalien in reinem, mit Kohlensäure imprägniertem Wasser löste, und schuf so sehr wertvolle Arzneiformen.« (Meyer6, Bd. 19, S. 134.) Struve beschäftigte »sechs Gehilfen und drei Lehrlinge« (Eberlein 1920, S. 84). Zu den etwa gleichaltrigen Kollegen Fontanes gehörte auch Richard Kersting (1821–1875), Sohn des Biedermeiermalers Friedrich Georg Kersting, der in einigen Briefen an seine Familie aus den Jahren 1842/43 über den Eindruck, den Fontane als junge Apotheker und politische Dichter bei seinen Kollegen machte, berichtete. So heißt es in einem Brief Richards an die Eltern vom 7. September 1842, Fontane sei » ein wirklich genialer Kerl«, seine Gedichte seien überwiegend »politischen Inhalts und zeugen von guter Kenntnis der Dinge, von Witz und Geschicklichkeit. Der Hauptgedanke ist ein ›freies Volk‹.« (Eberlein 1920, S. 80.) Und eine Woche später, am 15. September 1842, an seine Mutter: »Ich freue mich sehr, daß Fontane zu uns gekommen ist, er bringt wirklich ein etwas gemütlicheres Leben in die hölzerne Genossenschaft. Er ist höchst liebenswürdig durch seine offene, stets gleichbleibende, sanfte Freundlichkeit, hat einigen Witz und einen großen Hang zu poetischer Schwärmerei«, vor allem aber sei er auch »ein recht tüchtiger Apotheker«. (Eberlein 1920, S. 80.) Einige Schwächen Fontanes nennt er hingegen in einem Brief vom 2. März 1843 an seinen Bruder Ernst. Fontane sei auch »ein kurioser Kautz. Um Wissenschaft kümmert er sich garnicht, Charakter habe ich noch nicht viel bemerkt, und daher sind seine Grundsätze schwankend, ohne inneren Halt. Er verteidigt nicht selten die niederträchtigsten Maximen, aber nicht eigentlich weil sie die seinen sein, sondern weil es ihm Gelegenheit giebt, seinen Scharfsinn glänzen zu lassen. Von Natur sehr sanft und gutmüthig, kommen da bisweilen sehr jugendlich aussehende Widersprüche zum Vorschein, wie überhaupt sein geistiger Habitus viel Schönes, Edles, aber auch noch manches Unreife zeigt. Eitelkeit ist seine Hauptschwäche. […] Seit letztem Herbst sind wir alle Mittwoch-Abende bei einer Tasse Thee pp. traulich in meiner Stube zusammen gewesen und haben uns an Poësie, Politik, Kritik auch Metaphysik weidlich ergötzt.« (Eberlein 1920, S. 83 f.)


Bei »Kaiser Franz«
Erstes Kapitel


142 Dortu] Max Dortu begann 1844 in Berlin ein Jurastudium, während er zugleich bis Ostern 1845 sein Freiwilligenjahr abdiente, das er (wie Fontane) als Unteroffizier abschloss. Nach dem Examen wurde er Gerichtsreferendar am Potsdamer Stadtgericht. Als überzeugter Demokrat beteiligte sich Dortu 1848 engagiert an der Märzrevolution sowohl in Potsdam als auch in Berlin, nahm noch im Oktober 1848 am Demokratenkongress in Berlin teil (vgl. Anm. zu S. 88 »›Tagung der äußersten Linken‹«), musste aber nach dem dem Einmarsch Wrangels in Berlin im November 1848 über Dessau und Brüssel nach Paris fliehen. Im Frühjahr 1849 schloss er sich dem badischen Aufstand an, wo er im Range eines Majors ein Bataillon der badischen Volkswehr führte. Am 17. Juli geriet er in preußische Gefangenschaft, wurde von einem Kriegsgericht als »Hochverräter« verurteilt und – erst 23 Jahre alt – am 31. Juli erschossen. Die Nachricht von Dortus gewaltsamen Tod erreichte am 2. August Berlin. Varnhagen notierte verbittert in sein Tagebuch: »Die Mutter hatte in Potsdam täglich bei der Königin ihr fußfälliges Gnadebitten erneuert. Die Reaktion schmähte und höhnte sie darüber, P. [Rittmeister Wolf von Pfuel, W. R.] L. [Gustav Eduard Ferdinand von Lamprecht, Präsident der königlichen Bank in Berlin, W. R.] und Andere stimmten mit ein, lobten Hängen, Erschießen etc.« (Varnhagen–Tagebücher, Bd. 6, S. 299.) Und zwei Tage später: »Die Erschießung des jungen Dortu aus Potsdam wird nun amtlich gemeldet und macht den übelsten Eindruck.« (Varnhagen–Tagebücher, Bd. 6, S. 301.)

142 »Kartätschenprinz«] Dortu hatte am 12. Mai 1848 auf einer Volksversammlung in Potsdam vor einer Rückkehr des nach England geflüchteten Prinzen Wilhelm gewarnt, der als reaktionärer Scharfmacher damals der bestgehasste Mann in Preußen war. Varnhagen von Ense berichtet in seinen »Tagebüchern«, dass während der Berliner Barrikadenkämpfe in der Nacht vom 18. auf den 19. März »ein angesehener Mann« den König eindringlich gebeten haben soll, die Truppen zurückzuziehen und das Blutvergießen zu beenden. »Der König lag auf den Arm gestützt und schwieg. Da trat der Prinz von Preußen heran und rief: ›Nein, das soll nicht geschehen, nimmermehr! Eher soll Berlin mit allen seinen Einwohnern zu Grunde gehen. Wir müssen die Aufrührer mit Kartätschen zusammenschießen!‹« (Varnhagen–Tagebücher, Bd. 4, S. 310 f.) Kartätschen sind kleine, mit Metallstücken gefüllte Artilleriegeschosse, die wie Splitterbomben wirken. Prinz Wilhelm war der Überzeugung, man müsse den Aufstand in Berlin 1848 mit äußerster Gewalt, auch unter Verwendung dieser Waffe, niederschlagen. So prägte Dortu das bald weit verbreitete Wort vom »Kartätschenprinzen«, ein Name, dem Prinz Wilhelm im Sommer 1849 bei der Niederschlagung des badischen Aufstandes alle Ehre machte. Dortu saß wegen der Bezeichnung Wilhelms als »Kartätschenprinz« von Mai bis Oktober im Gefängnis, verlor im Juli seine Anstellung und wurde am 4. August »wegen Beleidigung des Prinzen von Preußen zu fünfviertel Jahren Festungshaft verurteilt.« (Julius Haeckel: Der Revolutionär Max Dortu. In: Potsdamer Jahresschau. Havelland-Kalender. Potsdam, 1932, S. 41–57, hier S. 45.) Den gleichzeitig erhobenen Vorwurf der Majestätsbeleidigung hatte man fallen lassen. Gegen das Urteil legte Dortu Berufung ein und wurde daher im Oktober vorläufig aus der Haft entlassen.

142 Herrmann Scherz] Der wohlhabende Jugendfreund Fontanes war Sohn des Rittergutsbesitzers Johannes Ernst Scherz (1792–1853) in Kränzlin bei Neuruppin. Der Vater hatte 1815 das Gut Kränzlin übernommen. Scherz kam also aus einem wohlhabenden Elternhaus und konnte es sich leisten, Fontane zur Reise einzuladen. Beide hatten sich schon als Kinder in Neuruppin angefreundet, wo ihre Väter zwischen 1819 und 1827 regelmäßig Karten spielten. Ernst Scherz soll dabei Fontanes Vater »ganz allmälig zehntausend Thaler in Whist en trois abgenommen« haben (Fontane–Kinderjahre, S. 24). 1835 wohnte Scherz als Schüler mit Fontane bei August Fontane in der Großen Hamburgerstraße (vgl. S. 355 f.). Fontane besuchte Scherz später öfter in Kränzlin und bereiste 1866 mit ihm den böhmischen Kriegsschauplatz. Scherz wurde in der Familie Fontanes ›Onkel Scherz‹ genannt, war einer der Paten von Martha Fontane und unterstützte namentlich Theodor Fontane junior während dessen Referendarzeit finanziell.


Bei »Kaiser Franz«
Zweites Kapitel


146 eine Art Genossenschaftsreise] Die Modalitäten und den Ablauf dieser für die 1840er Jahre ungewöhnlichen Gruppenreise hat Rudolf Muhs 1995 zum ersten Mal detailliert rekonstruiert. Die »Genossenschaftreise« sei, so Muhs, eine »Pioniertat in der Geschichte des modernen Tourismus« gewesen. »Denn bei der Magdeburger ›Lustfahrt‹ handelte es sich, soweit zu sehen, um die erste je von einem kommerziellen Veranstalter organisierte Gruppenreise von Deutschland nach London.« (Muhs 1995, S. 160). Im April 1844 warb die »Vereinigte Hamburg-Magdeburger Dampfschiffahrts-Gesellschaft« per Inserat in Tageszeitungen für »eine Lustfahrt mit einem unserer Dampfschiffe nach Hamburg und von da mit einem Extra-See-Dampfschiffe der General Steam Navigation Comp. nach London« (Vossische Zeitung. Berlin. 27. April 1844; zit. nach Muhs 1995, S. 159). Damit die Reise überhaupt zustande kam, war eine Mindestzahl von 80 Passagieren nötig. Nachmeldungen wurden noch bis zum 18. Mai angenommen. Zu denjenigen, die sich erst in letzter Minute entschieden, gehörte auch Hermann Scherz, der für seinen Freund Fontane eine Reise mitbuchte. Die Reise begann am 25. Mai in Magdeburg, führte auf der Elbe nach Hamburg, von wo ein Dampfschiff die Passagiere nach London beförderte. Am 6. Juni wurde die Rückfahrt angetreten (vgl. Anm. zu S. 158 »am anderen Morgen«), am 10. Juni war Fontane wieder in Berlin. Muhs ermittelte 1995 eine gedruckte Beschreibung dieser ersten Pauschalreise, die unter dem Titel »Die Lustfahrt von Magdeburg nach London im Mai und Juni 1844. Zur Ermunterung für Diejenigen, die die Fahrt noch zu machen gedenken; sowie zum Rückblick für Diejenigen, die an der Fahrt Theil nahmen« (Magdeburg: Heinrichshofen 1844) veröffentlicht wurde. Die Broschüre wurde vermutlich im Auftrag des Reiseveranstalters verfasst und diente dem Zweck, für künftige Reisen dieser Art zu werben. Autor der Broschüre war J. L. Wilke (vgl. Michael Holzmann, Hanns Bohatta: Deutsches Anonymen Lexikon 1501–1850. Bd. 3. Hildesheim, 1961, S. 92. Nachdruck der Ausg. 1905.) Mit der Darstellung Wilkes lassen sich sowohl Fontanes Reiseschilderungen von 1844 vergleichen – hier ergibt sich eine völlige Übereinstimmung, »soweit beide die gleichen Punkte behandeln« (Muhs 1995, S. 163) – als auch Fontanes etwa fünfzig Jahre später verfassten Erinnerungen, die in mehreren Punkten sowohl von Wilke als auch von seiner eigenen Reisebeschreibung aus dem Jahr 1844 abweichen.


Der Tunnel über der Spree
Erstes Kapitel


167 Der Tunnel] Der Name des im Dezember 1827 gegründeten und bis Oktober 1898 bestehenden Vereins lautete »nach dem Tage seiner Versammlungen« (Tunnelstatuten 1835, S. 7) zuerst »Sonntags-Gesellschaft« bzw. von 1829 an »Sonntags-Verein«. Die Nebenbezeichnung ›Tunnel über der Spree‹ bezog sich ironisch auf das kurz zuvor begonnene Projekt des Themse-Tunnels (vgl. Anm. zu S. 154 »der Tunnel«) und war der Terminus für die eigentlichen Vereinsversammlungen: »Diese selbst und den Ort derselben nennt er [der »Sonntags-Verein«, W. R.] zur Erinnerung an das, was ein ernster Wille des Menschen gegen äußere Hindernisse vermag: ›Tunnel über der Spree zu Berlin‹, oder schlechthin ›Tunnel.‹« (Tunnelstatuten 1835, S. 7.) Als modellhaftes Vorbild für den ›Tunnel‹ diente die 1819 gegründete, 1826 eingegangene ›Ludlamshöhle‹ in Wien, die der ›Tunnel‹-Gründer Moritz Gottlieb Saphir mehrfach besucht hatte. Der ›Tunnel‹ verzichtete ausdrücklich auf eine ›Außenwirkung‹ durch Publikationen oder programmatische Manifeste und blieb als geschlossene Gesellschaft nur im Stillen tätig. Es war den ›Tunnel‹-Mitgliedern daher untersagt, sich im Namen des Vereins in öffentliche Debatten zu mischen. Blieb der ›Tunnel‹ daher für die zeitgenössische Literatur im wesentlichen irrelevant, so kann dessen Bedeutung für Fontane – vor allem für die Jahre von 1844 bis zu seiner dritten England-Reise 1855 – gar nicht hoch genug veranschlagt werden. Der ›Tunnel‹ förderte nicht nur Fontanes künstlerische Entwicklung vom Lyriker zum Balladendichter. Im ›Tunnel‹ mit seinem verhältnismäßig hohen Anteil an einflussreichen preußischen Beamten, Kulturfunktionären und Journalisten knüpfte er auch wichtige Beziehungen und erfuhr mehrfach berufliche Förderung von ›Tunnel‹-Genossen wie etwa Franz Kugler, Wilhelm von Merckel, George Hesekiel oder Richard Lucae. Fontane war erstmals 1843 Gast und wurde 1844 Mitglied (vgl. Anm. zu S. 164 »mein Eintritt«), ab 1866 besuchte er den ›Tunnel‹ nicht mehr. Während seiner aktiven Zeit gehörte er zu den produktivsten Beiträgern und übernahm mehrfach Ämter: Von Juli bis Oktober 1846 war er stellvertretender Sekretär, von April 1850 bis Februar 1852 und von September 1852 bis November 1853 Sekretär und Protokollant, von Oktober 1859 bis November 1860 Vorsitzender (›Haupt‹) des Vereins. Fontanes Sitzungsprotokolle, Jahresberichte und ›Tunnel‹-Reden sind erstmals vollständig veröffentlicht in AFA–Autobiogr. Schriften, Bd. 3/1, S. 179–361. Vgl. zum ›Tunnel‹ auch Wulf Wülfing, Artikel »Tunnel über der Spree«, in: Handbuch–Vereine, S. 430–455; Berbig/Hartz, S. 416–422 und Bibliographie, Bd. 2, S. 1280–1288.

167 M. G. Saphir] Der österreichisch-ungarische Schriftsteller Moritz Gottlieb Saphir kam 1825 von Wien nach Berlin, wo er sich mit zwei werktäglich erscheinenden Blättern, der »Berliner Schnellpost, für Literatur, Theater und Geselligkeit« (vgl. Anm. zu S. 167 »›Schnellpost‹«) und dem »Berliner Courier. Ein Morgenblatt für Theater, Mode, Eleganz, Stadtleben und Localität« einen Namen machte. Als ebenso erfolgreicher wie umstrittener Journalist wurde er Ende 1829 aus Berlin ausgewiesen. Seit 1834 lebte er in Wien, wo er von 1837 bis zu seinem Tod die Zeitschrift »Der Humorist« redigierte, Deklamationsabende bestritt, erfolgreich als Vortragskünstler Europa bereiste und zahlreiche Bücher veröffentlichte. Auf Saphirs Anregung fand am 3. Dezember 1827 in seiner Wohnung eine Besprechung statt, der eine Woche später die offizielle Gründung der »Sonntags-Gesellschaft« folgte. Das Stiftungsfest des Vereins wurde immer am 3. Dezember gefeiert. Saphir wurde zunächst zum ›Haupt‹ gewählt, blieb aber nur wenige Monate im Verein aktiv. Über Saphir in Berlin vgl. Sprengel 1991, S. 243–275.

167 ewigen litterarischen Fehden] Vor allem Saphirs bissige Personalsatiren sowie sein überlegener Spott als Theaterkritiker verwickelten ihn unausgesetzt in Konflikte mit Theaterleuten, Redakteuren anderer Blätter und der Berliner Zensur. Mit einem unbekümmerten Subjektivismus als Kritiker verstand es Saphir, das Publikum zu polarisieren und – indem er selbst die unangefochtenen Publikumslieblinge der Berliner furchtlos attackierte – gegen sich aufzubringen. Wegen seiner Ausfälle auf die gefeierte Sängerin Henriette Sontag kam es sogar zu Tätlichkeiten, denen eine Duellforderung auf dem Fuße folgte. Die Beleidigung eines Schauspielers führte zu einer vom König verfügten Arreststrafe für Saphir. Den Höhepunkt dieser skandalumwitterten Kontroversen in Berlin bildete 1828 eine in Broschüren und Zeitungsartikeln ausgetragene Fehde Saphirs mit dreizehn Berliner Schriftstellern, die gegen Saphir einen regelrechten literarischen Feldzug organisierten.

179 Gründung begriffene Schiller-Stiftung] Am 30. April 1855 etablierte sich in Dresden als provisorischer Verein die Deutsche Schillerstiftung, deren Zweck die Unterstützung hilfsbedürftiger Schriftsteller und ihrer Angehörigen sein sollte. Federführend bei der Gründung des Vereins war Karl Gutzkow, der im Auftrag des provisorischen Vorstands der Schillerstiftung am 10. Mai 1855 einen Aufruf verfasste, in dem um Spenden gebeten und zur Gründung von Zweigstiftungen aufgerufen wurde. Am 21. Juli 1855 wurde in Fontanes Wohnung der Berliner Zweigverein der Schillerstiftung ins Leben gerufen. Daran beteiligten sich neben Fontane die ›Rütli‹-Mitglieder (vgl. Anm. zu S. 216 »Rütlikreise«) Karl Bormann, Franz Kugler, Bernhard von Lepel, Adolph Menzel und Wilhelm von Merckel sowie der spätere Dresdener Dramaturg Julius Pabst und der Redakteur der Berliner »National-Zeitung« Friedrich Zabel. Fontane blieb zeitlebens Mitglied der Schillerstiftung, wirkte eine Zeitlang als Gutachter des Berliner Zweigvereins und setzte sich mehrfach für Bedürftige ein. 1870 erhielt er nach seiner Freilassung aus französischer Kriegsgefangenschaft eine Unterstützung von 100 Talern, die Wilhelm Lübke beantragt hatte. Dennoch sah er später das Wirken des Berliner Zweigvereins mit wachsender Distanz und fällt in einem Brief an Karl Eggers vom 4. Januar 1898 ein geradezu vernichtendes Urteil; vgl. FEgg, S. 335.


Der Tunnel über der Spree
Zweites Kapitel


184 dem Tunnel entfremdet] Nach seiner Rückkehr aus London wurde Fontane im Herbst 1859 zwar noch für ein Jahr zum ›Angebeteten Haupt‹ gewählt, löste sich jedoch bald schrittweise vom ›Tunnel‹, bis er am 31. Dezember 1865 zum letzten Mal an einer Sitzung teilnahm. Schon am 18. August 1860 spricht er in einem Brief an die Schauspielerin Lina Fuhr ironisch von einem »literarische[n] Kaffe-Kränzchen (lächerlich genug) in dem ich die Ehre habe zu präsidiren« (HFA, IV, Bd. 2, S. 7). Am 23. Dezember 1860 stellt er in einem Brief an Paul Heyse fest: »Eine eigentliche dichterisch produzierende Kraft existiert im Tunnel, mit Ausnahme Maler Müllers (Blomberg), gar nicht mehr, Lepel, Merckel, ruhen auf ihren Lorbeeren aus, Ernst Schultze garniert alte Ladenhüter mit etwas neuem Band und stellt sie wieder gutes Muts ins Schaufenster.« (FHey2, S. 97.) Unmissverständlich bekennt er schließlich am 23. Mai 1862 in einem Brief an seine Frau: »Dem Tunnel bin ich entwachsen; was Ordentliches kommt ja nur selten vor und schlechte oder mittelmäßige Gedichte sind mir jetzt ein Greul […].« (FEF, Bd. 2, S. 188.)


Der Tunnel über der Spree
Drittes Kapitel


189 Franz Kugler] Franz Kugler studierte von 1826 bis 1829 in Berlin und Heidelberg Philologie und besuchte etwa gleichzeitig die Berliner Bauakademie, wo er 1829 das Examen als Feldmesser bestand. 1831 promovierte Kugler zum Dr. phil., machte aus kunstgeschichtlichem Interesse Reisen durch West- und Süddeutschland, wurde 1833 Privatdozent für Kunstgeschichte an der Berliner Universität und 1835 Professor an der Berliner Akademie der Künste. 1843 wurde Franz Kugler Referent für Kunstangelegenheiten im preußischen Kultusministerium und brachte es hier bis zum Geheimen Oberregierungsrat. Er starb überraschend kurz nach seinem 50. Geburtstag am 18. März 1858. Seine Dichtungen gerieten bis auf einige Lieder (»An der Saale hellem Strande«) bald in Vergessenheit. Etwas länger hielten sich seine kunsthistorischen Arbeiten, darunter einige Standardwerke der Kunst- und Architekturgeschichte. Den größten Erfolg hatte Kugler mit seiner von Adolph Menzel illustrierten »Geschichte Friedrichs des Grossen« (1842), die bis heute zahllose Auflagen und Ausgaben erlebte. Neben seinen schriftstellerischen Begabungen war Kugler auch ein talentierter Maler, Zeichner und Komponist.

190 »Argo« […] von 1854–1857] 1855 und 1856 erschien das Jahrbuch nicht. Es wurde erstmals von Fontane und Kugler 1854 mit dem Untertitel »Belletristisches Jahrbuch« bei Katz in Dessau herausgegeben. Die »Argo« verstand sich als Organ des Berliner ›Rütli‹-Kreises (vgl. Anm. zu S. 216 »Rütlikreise«), der sich damit »literarische Geltung im deutschsprachigen Raum verschaffen« (Berbig/Hartz, S. 134) wollte. Erst 1857 kam der zweite Jahrgang im Breslauer Verlag von Eduard Trewendt heraus, dem bis 1860 drei weitere folgten. Diese vier Jahrgänge der »Argo« erschienen in einem größeren Format mit dem Untertitel »Album für Kunst und Dichtung«, wurden mit Stahlstichen, Lithographien und Buchschmuckelementen angereichert und herausgegeben von Friedrich Eggers, Theodor Hosemann und Franz Kugler. An Kuglers Stelle trat nach seinem Tod 1858 Bernhard von Lepel. Der Titel des Jahrbuchs war dem Schiff Argo aus der griechischen Sage entlehnt, mit dem sich Jason und seine Gefährten, die Argonauten, auf die Suche nach dem Goldenen Vließ begeben haben sollen; vgl. Berbig/Hartz, S. 134–144.

197 Paul Heyse] Paul Heyse, elf Jahre jünger als Fontane, studierte von 1847 bis 1851 klassische und romanische Philologie in Berlin und Bonn, promovierte 1852 und siedelte 1854 nach München über. Hier avancierte Heyse – vor allem als Novellendichter, Lyriker und Versepiker, aber auch als Dramatiker – zu einem der erfolgreichsten und produktivsten Gegenwartsautoren und nahm als Münchener ›Dichterfürst‹ eine glänzende Stelle im literarischen Leben ein. Diese Stellung wurde erst erschüttert, als in den 1880er Jahren der Naturalismus aufkam, den Heyse erbittert bekämpfte. Heyses leidenschaftliche Gegnerschaft zur modernen Literaturrichtung trug ihm viel Spott und Ablehnung eines Teils der jüngeren Generation ein, die in Heyse den Vertreter einer unwahren, überholten Kunstanschauung sahen. Heyse und Fontane lernten sich Ende 1848 oder Anfang 1849 im ›Tunnel‹ kennen. Ihr umfangreicher Briefwechsel zwischen 1850 und 1897 dokumentiert eine freundschaftliche, aber nicht spannungsfreie Beziehung, obwohl Fontane Heyse in vielen Rezensionen und Aufsätzen lange als ›Liebling der Musen‹ pries. Vor allem in späteren Jahren glaubte Heyse in Fontanes Berliner Gesellschaftsromanen naturalistische Tendenzen zu erkennen, die ihm missfielen. Unterschiedliche ästhetische Auffassungen führten am Ende zu einer wachsenden Distanz, die Heyse erst in der fünften, erweiterten Auflage seiner »Jugenderinnerungen« unumwunden thematisiert; vgl. Heyse 1912, S. 92–97.

200 Friedrich Eggers] Vgl. auch »Bilder und Materialien«, http://www.uni-goettingen.de/de/bilder-und-materialien/496830.html. Friedrich Eggers begann mit 16 Jahren eine Kaufmannslehre, holte 1841 sein Abitur nach und studierte in Rostock, Leipzig und München Ästhetik, Philosophie und Philologie. 1845 wechselte er an die Berliner Universität, hörte Vorlesungen bei Franz Kugler und wurde bald in dessen Haus und Freundeskreis eingeführt. 1846 wurde er auch mit Fontane und Lepel bekannt. Nach seiner Promotion 1848 war er journalistisch tätig, übernahm 1850 die Redaktion des »Deutschen Kunstblatts« und 1858 den Feuilletonteil der »Preußischen Zeitung«. 1863 wurde er Dozent, dann Professor für Kunstgeschichte an die Berliner Akademie der Künste und avancierte wenige Monate vor seinem Tod zum Ministerialreferenten für Kunstangelegenheiten im preußischen Kultusministerium.

200 Karl Eggers] Der 1826 in Rostock geborene Karl Eggers studierte von 1845 bis 1849 Jura, absolvierte 1852 die juristische Staatsprüfung, promovierte 1853 und wurde 1854 zum Senator der Stadt Rostock gewählt sowie Präsident des Kriminalgerichts. 1857 musste er aus gesundheitlichen Gründen alle Ämter niederlegen, lebte von 1862 bis 1895 in Berlin und starb 1900 in Warnemünde. Seit 1866 war er ›Tunnel‹-Mitglied und gehörte später auch zum ›Rütli‹.

205 Richard Lucae] Richard Lucae stammte aus einer wohlhabenden, angesehenen Berliner Apothekerfamilie, machte nach dem Abitur 1847/49 eine Ausbildung als Feldmesser, studierte von 1850 bis 1852 an der Berliner Bauakademie und wurde von 1853 bis 1855 in Köln am Dombau beschäftigt. Während des Studiums hatte sich Lucae mit Wilhelm Lübke befreundet, mit dem er 1859 Italien bereiste. 1859 wurde er königlicher Baumeister, 1862 Professor an der Berliner Bauakademie, 1869 Baurat und 1872 Direktor der Bauakademie. 1876 folgte seine Ernennung zum Geheimen Regierungsrat und 1877 zum Senator der Akademie der Künste. Er war nicht nur einer der erfolgreichsten Architekten seiner Zeit, sondern hatte auch großen Einfluss in der preußischen Ministerialbürokratie. So unterstützte er 1876 Fontanes Berufung zum Sekretär der Akademie der Künste. Mit fünfundvierzig Jahren heiratete er 1874 Marie Emilie Luise Schacht (1846–1875), die Tochter von Fontanes früherem Arbeitgeber Julius Eduard Schacht. Lucae, der auch Mitglied im ›Rütli‹ und in der ›Ellora‹ war und hier »Dick« genannt wurde, gehörte zum engeren Bekanntenkreis der Fontanes. Fontanes Kinder nannten ihn »Onkel Richard«. Ende der 1850er Jahre begleitete er diesen auf Ausflügen durch die Mark Brandenburg. Nach Lucaes Tod 1877 hielt Fontane fest: »Im Ganzen genommen paßten wir nicht zusammen; er hatte ein starkes Bourgeoisgefühl, das er nicht los werden konnte, und zum Theil (und wie ich einräume mit halbem Recht) auch nicht los werden wollte. […] Aber Bourgeois oder nicht, conventionell oder nicht, er war ein Mann von seltener Lauterkeit der Gesinnung. Es war nichts Kleines und Gemeines an und in ihm und er hatte die hohe Tugend neidlos zu sein, immer das Beste zu glauben und seinen Gegnern (eigentliche Feinde konnte er nicht haben) Gutes zu thun. […] Wir haben alle viel in ihm verloren.« (GBA-Tagebücher, Bd. 2, S. 66.)


Der Tunnel über der Spree
Viertes Kapitel


217 gemeinen Rechts […] Landrechts] Das ›gemeine Recht‹ war eine veraltete Rechtsform. Als ›gemeines Recht‹ wurde »im Gegensatz zum Landrecht oder Stadtrecht dasjenige Recht« bezeichnet, »das in dem vormaligen heiligen römischen Reiche deutscher Nation durch eine für dessen ganzes Gebiet verbindliche Rechtsquelle zur Geltung gelangt ist.« (Meyer6, Bd. 7, S. 534, Stichwort ›Gemeines Recht‹). Diese juristischen Bezugsquellen waren das römische Recht, das kanonische Recht und die deutschen Reichsgesetze. Es war in Preußen überall dort aufgehoben, wo seit 1794 das Allgemeine Preußische Landrecht gültig war. Dieses preußische Partikularrecht hatte offenbar in Neuvorpommern oder Teilen dieser Region noch nicht Fuß gefasst, sodass man hier das ›gemeine Recht‹ noch in der Praxis studieren konnte.


Der Tunnel über der Spree
Fünftes Kapitel


253 Hugo von Blomberg] Hugo von Blomberg verbrachte seine Kindheit auf dem Gut Liebthal bei Crossen, besuchte seit 1834 das Gymnasium in Berlin, studierte hier vom Sommersemester 1839 bis zum Wintersemester 1842/43 auf Wunsch des Vaters Jura, wandte sich aber mehr und mehr der Kunst zu. Er wurde Schüler von Wilhelm Wach (vgl. Anm. zu S. 111 »Professor Wach«) und ging 1847 zur weiteren Ausbildung nach Paris, wo er im Atelier von Léon Cogniet arbeitete. Der Wehrdienst von 1848 bis 1850 unterbrach seine künstlerischen Lehrjahre. Blomberg lebte seit 1851 als ›Geschichtsmaler‹ in Berlin und war mit Friedrich Eggers und Franz Kugler eng befreundet. Zwischen 1863 und 1867 waren die Familien Blomberg und Fontane Nachbarn: diese in der Hirschelstraße 17, jene seit Oktober 1863 in der Hirschelstraße 14. Blomberg hat 1854 nicht nur am großen ›Tunnel‹-Bild (vgl. S. 175 f.) mitgearbeitet, sondern 1856 auch einen Bilderzyklus mit 16 Karikaturen gemalt (vgl. Hugo von Blomberg: Karikaturen aus dem Tunnelkreis. Geleitwort: Fritz Behrend. Berlin 1929). Auch Bleistiftporträts Blombergs von ›Tunnel‹-Mitgliedern (unter ihnen Fontane) aus den 1850er Jahren sind später erschienen (Aus dem Skizzenbuch Hugo von Blombergs. Acht Blätter ausgewählt u. eingeleitet im Auftrag des Berliner Bibliophilen-Abends von Fritz Behrend. Berlin 1921).


Der Tunnel über der Spree
Achtes Kapitel


319 General von Lepel] Friedrich Wilhelm von Lepel trat 1787 in die preußische Armee und hatte schon eine militärische Karriere hinter sich, als er 1813 Adjutant des Prinzen Heinrich wurde und mit diesem – nach gemeinsamer Teilnahme an den antinapoleonischen Feldzügen – 1816 seinen ständigen Wohnsitz in Rom nahm. Lepel quittierte 1825 als Generalmajor seinen aktiven militärischen Dienst, blieb aber Begleiter, Gesellschafter und Vertrauter des Prinzen. Nachdem 1826 seine erste Gattin Isabella von Lepel gestorben war, heiratete Lepel am 3. März 1834 die fünfundzwanzig Jahre jüngere Engländerin Frances (Fanny) Agnew, Tochter von William Agnew, Esq., eines der Direktoren der Londoner East-India Dock Company. Die Verbindung blieb (ebenso wie die erste Ehe) kinderlos. 1838 wurde er aus Anlass seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums von Friedrich Wilhelm III. in den preußischen Grafenstand erhoben. Er starb am 9. Januar 1840 in Rom und wurde an der Cestius Pyramide, dem römischen Begräbnisplatz für Nicht-Katholiken, beigesetzt. (Vgl. Historisch-genealogisches Handbuch der Familie v. Lepel (Lepell) auf der Grundlage familiengeschichtlicher Quellen erarb. durch Andreas Hansert und Oskar Matthias v. Lepel. Insingen: Degener 2008, S. 142 ff.) Bereits 1827 war Bernhard von Lepel mit seinem Vater einer Einladung des Onkels nach Rom gefolgt und während dieser ersten Italien-Reise mit dem Leben, der Kultur und Geschichte bekannt gemacht worden. Aus Dankbarkeit versah er 1846 seine »Lieder aus Rom« mit der gedruckten Widmung: »Den Manen meines Oheims«.


Der Tunnel über der Spree
Neuntes Kapitel


333 »litterarischen Bureaus«] In Preußen gab es als Abteilung des Innenministeriums seit 1842 ein ›Bureau für Preßangelegenheiten‹, zu dessen Aufgaben die Kontrolle der Presse und der Einhaltung der Zensurgesetze gehörte. Es wurde nach Aufhebung der Zensur im März 1848 aufgelöst, im Sommer des Jahres in etwas veränderter Form als ›Literarisches Cabinet‹ jedoch wiederbelebt. Die Mitarbeiter hatten die regierungsamtliche Presse zu organisieren und zu überwachen, in- und ausländische Zeitungen durchzusehen und durch eigene Korrespondenzen konspirativ im Sinne der Regierung Einfluss auf die öffentliche Meinung auszuüben. Am 1. April 1850 wurde Wilhelm von Merckel zum Leiter der Behörde ernannt, die inzwischen ihren Namen geändert hatte. Obwohl er dem ›Literarischen Cabinet‹ nur bis Ende November 1850 vorstand, »war seine Tätigkeit […] von ausschlaggebender Bedeutung, da dessen Funktion nach vielen Seiten hin erweitert und ihm erst jetzt eine feste innere Organisation gegeben wurde, die bis zum Beginn der Neuen Ära, also für die ganze Zeit von Fontanes Tätigkeit, im wesentlichen unverändert blieb.« (Jolles 1988, S. 77.) Merckel arbeitete ein Memorandum aus, in dem er die Aufgaben und Möglichkeiten dieser staatlichen Presselenkungsinstitution präzisierte (vgl. Jolles 1988, S. 77 ff.). Ende November 1850 trat Merckel von seinem Posten zurück, und »schon in der zweiten Dezemberhälfte wurde das Literarische Cabinet in der bisherigen Form aufgelöst. Fontane und andere Mitarbeiter wurden entlassen. Die Auflösung des Cabinets hing mit der Ernennung des bisherigen Ministers des Innern von Manteuffel zum Ministerpräsidenten zusammen.« (Jolles 1988, S. 82.) Ende 1850 wurde eine ›Centralstelle für Preßangelegenheiten‹ eingerichtet, die die Arbeit des ›Literarischen Cabinets‹ fortsetzte und zu dessen Mitarbeitern Fontane seit November 1851 gehörte.

339 schwankender Politiker] Fontanes Urteil über den politischen Merckel wirkt konstruiert und trifft so sicher nicht zu. Es scheint, als versuche er, Merckel mit diesem Verdikt politisch aus der Schusslinie zu bringen und dessen Nimbus als ›Reaktionär‹ zu mildern. Merckel bekämpfte 1848/49 die Revolution und engagierte sich leidenschaftlich bei der Gründung des von konservativen Militärs und Beamten dominierten »Patriotischen Vereins« in Berlin. 1851 wurde er Mitglied der Ersten Kammer des preußischen Parlaments. Dort vertrat er einen moderat konservativen Standpunkt und war »in der konservativ-oppositionellen ›Wochenblatt‹-Gruppierung um Bethmann-Hollweg« aktiv (Erler 1987, S. 423 f.; vgl. auch Anm. zu S. 340 »mißfielen ihm […] Tendenzen«). Darin sieht Erler ein Indiz für Fontanes These, Merckel sei ein »schwankender Politiker« gewesen. Die Zugehörigkeit Merckels zur »Wochenblattpartei« ist jedoch kein grundlegender politischer Paradigmenwechsel Merckels, sondern lediglich als Nuance seiner grundsätzlich konservativen, königstreuen und preußisch-nationalistischen Orientierung zu verstehen. Zwei Ereignisse versetzten dem Revolutions-Hasser Merckel 1850/51 einen empfindlichen Schlag. Bei beiden Ereignissen spielte der vom Außenminister zum preußischen Ministerpräsidenten aufgestiegene Otto von Manteuffel eine unheilvolle Rolle: Die außenpolitische Deklassierung Preußens durch den Vertrag von Olmütz Ende 1850 sowie die Verletzung der vom König sanktionierten Verfassung durch die reaktionäre Hofkamarilla 1851 (vgl. Anm. zu S. 340 »mißfielen ihm […] Tendenzen«). »Die Wendung namentlich«, so heißt es im Nekrolog auf Merckel 1862, »welche das Ministerium Manteuffel der Politik gab, als Preußen in demüthigende Abhängigkeit unter Oesterreich treten mußte, als der Plan der deutschen Union unter Preußens Leitung aufgegeben wurde, – ferner die unverholener auftretenden Angriffe der Reaktion gegen die durch das Königliche Wort sanctionirten Constitution, – dies trennte ihn schon zu Ende 1850 von der gouvernementalen Partei.« (Merckel–Nekrolog 1862, S. 4.) Namentlich waren es neben Manteuffel die Brüder Gerlach, deren reaktionäre Politik Merckel widerstrebte. Gänzlich unberührt von dieser Gegnerschaft blieb Merckels scharfe Ablehnung der Revolution und seine ausgeprägte Aversion gegen die demokratische Bürgerrechtsbewegung. Im Zusammenhang mit der politischen Entwicklung Preußens unter Manteuffel zog er im übrigen auch persönliche Konsequenzen, »gab sein Amt als Vorsteher der Preß-Centralstelle auf und nahm seinen Platz wieder im Kammergericht ein. […] Während er seitdem das Interesse für die Politik niemals aufgab […], wandte er sich in dem letzten Decennium seines Lebens doch überwiegend der belletristischen Literatur zu.« (Merckel–Nekrolog 1862, S. 4.)


Fritz, Fritz, die Brücke kommt
Erstes Kapitel


347 »Polnische Apotheke«] Sie befand sich in einem Eckhaus Mittelstraße 56 / Friedrichstraße und war 1682 für die Bewohner der Dorotheenstadt eingerichtet worden. Benannt wurde sie vermutlich nach dem sächsischen Kurfürsten und König von Polen Friedrich August I. (gen. ›August der Starke‹). 1833 kaufte Julius Eduard Schacht die Apotheke für 60.000 Taler, ließ das Haus 1838 umbauen und verlegte den Eingang an die belebtere Friedrichstraße (Nr. 153a). Fast hundert Jahre blieb die Apotheke im Besitz der Familie Schacht. 1864 übernahm sie der Sohn von Eduard Schacht, Dr. Carl Schacht (1836–1905), der 1899/1902 das alte Haus durch einen modernen Neubau ersetzen ließ, der heute noch steht.

347 Medizinalrat Schacht und Frau] Julius Eduard Schacht machte von 1818 bis 1822 eine Apothekerlehre, arbeitete als Gehilfe in verschiedenen Apotheken und ging schließlich nach Berlin, wo er 1831 das pharmazeutische Examen bestand und die Approbation zum Apotheker erwarb. Von 1833 an führte Julius Eduard Schacht die Polnische Apotheke drei Jahrzehnte lang und erwarb sich als pharmazeutischer Sachverständiger, Mitglied der Pharmazeutischen Ober-Examinationskommission und seit 1861 als Medizinalrat großes Ansehen. Nebenher arbeitete Schacht auch auf wissenschaftlichem Gebiet, wofür ihm 1858 die Universität von Greifswald den Ehrendoktor verlieh. 1833 hatte er in Magdeburg Louise Loeser geheiratet, die dort zur wallonisch reformierten Gemeinde gehörte. Fontane blieb auch nach seinem Dienst in der Schacht’schen Apotheke der Familie freundschaftlich verbunden. Zwei seiner Freunde heirateten Töchter des Hauses: Friedrich Witte die älteste Tochter Anna und Fontanes ›Tunnel‹- und ›Rütli‹-Freund Richard Lucae 1874 Marie (1846–1875).

348 Friedrich Witte] Der Rostocker Apothekersohn Friedrich Witte absolvierte von 1845 bis 1849 seine Lehrzeit in der Polnischen Apotheke, studierte in Rostock und Berlin, wo er 1853 promovierte. Witte war in seiner Berliner Studienzeit Mitglied des ›Tunnels‹ und lebte zeitweise bei dem frisch verheirateten Ehepaar Fontane in der Louisenstraße. 1854 übernahm er in Rostock die väterliche Apotheke, baute nebenher ein »Droguen-Engros-Geschäft« auf, gründete eine pharmazeutische Fabrik und wurde als erfolgreicher Geschäftsmann 1863 in den Rostocker Magistrat gewählt, dann Rostocker Senator und Vorsitzender der Rostocker Kaufmannsschaft. 1878 ließ sich Witte als Vertreter der Nationalliberalen Partei, 1884 für die Deutsche Freisinnige Partei in den Deutschen Reichstag wählen, dem er bis zu seinem Tode angehörte. Während seiner Abgeordnetenzeit in Berlin traf er oft Fontanes. Mit 65 Jahren starb Witte in Warnemünde an Krebs. Rückblickend notierte Fontane: »In Witte haben wir einen Freund verloren; bei kleinen Marotten und Eitelkeiten war er ein ganz ausgezeichneter Mensch, von seltener Integrität und großer Güte.« (GBA-Tagebücher, Bd. 2, S. 259.)

350 »Herr Rat Kummer«] Der bei Dresden geborene Karl Wilhelm Kummer war 1815 nach Berlin gekommen, hatte 1819 Marie Dorothee Schulz geheiratet und sich auf die Herstellung von geographischen Reliefs und Reliefgloben spezialisiert. Unentwegt in Geldnöten, hatte ihn offenbar 1827 bei der Adoption Emilies die in Aussicht gestellte »namhafte Summe« gelockt. Den Titel »Commerzienrath«, Bezeichnung für einen angesehenen oder verdienten Kaufmann, trug er seit etwa 1827; später nannte er sich »Commissionsrath«. Als Kummers erste Frau 1831 starb, heiratete der Witwer 1832 die ältere, betuchte Witwe Maria May (geb. Lamprecht), von der er nach vielen Querelen 1837 geschieden wurde. 1839 vermählte sich Kummer zum dritten Mal, und zwar mit Bertha Sophie Kinne (1807–1870) aus Dresden, mit der er vier Kinder hatte, von denen aber drei früh starben. Die dritte Ehe scheint Kummer finanziell entlastet zu haben, denn er zog nach der Eheschließung in die Große Hamburger Straße 16 und erwarb Anfang der 1840er Jahre ein Häuschen in der Oranienburger Straße 33, wo er eine kleine ›Papiermaché-Fabrik‹ betrieb und weiter an kunstvollen Globen und geographischen Reliefs arbeitete. 1847 siedelte die Familie in die Zimmerstraße 2 um, 1852 in die Friedrichstraße 152. Dort starb Kummer am 10. Oktober 1855 mit siebzig Jahren an Wassersucht.

357 Erfinder] Kummer war nicht der »Erfinder« von Globen und Reliefkarten, sondern arbeitete seit 1818 (zunächst als Mitarbeiter des Geographen Johann August Zeune) mit großem Erfolg an einer immer besseren Ausführung solcher Modelle. Über seine auf der Deutschen Gewerbeausstellung 1844 in Berlin gezeigten Reliefs heißt es im Ausstellungskatalog: »Die größeren sind aus einer festen Papiermasse, sie zeigen die Bilder von Deutschland und Frankreich auf horizontaler Basis, von Afrika, Süd-Amerika, Nord-Amerika, Asien, den Nordpolarländern bis zum 50sten Breitengrade und von Europa (dreimal) auf Kugelabschnitten und von der Erde als Kugel auf Globusgestell. Die Masse zeichnet sich durch Festigkeit aus, die Formen sind scharf ausgeprägt und zeigen von außerordentlich scharfem Eindrücken in die Stampen; die Ausschmückungen sind einfach, aber ansprechend, und die Darstellungen liefern ein natürliches richtiges Bild. […] Ist auch der Wunsch größerer Wohlfeilheit der vorliegenden Arbeit nicht zu unterdrücken, so verdienen sie doch […] die vollste Anerkennung des Publikums […].« (Amtlicher Bericht über die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844. 3. Teil. Berlin: Reimarus 1845, S. 193.) Fontane hatte in seinem Arbeitszimmer einen von Kummer angefertigten Reliefglobus (vgl. die Abbildung eines Kummer-Globus in: Katalog–Fontane, S. 262).


Der achtzehnte März
Erstes Kapitel


374 die »Zeitungshalle«] Die »Berliner Zeitungs-Halle« war im Herbst 1846 von dem ehemaligen Redakteur der Leipziger liberalen »Deutschen Allgemeinen Zeitung« Gustav Julius (1810–1851) mit finanzieller Hilfe der Preußischen Seehandlung als Tageszeitung ins Leben gerufen worden. Das von Julius gegründete Lesekabinett gleichen Namens an der Ecke Oberwall- / Jägerstraße verfügte über eine Präsenzbibliothek und 600 laufende Periodika in 14 Sprachen. Die »Zeitungshalle« sollte nicht nur dem aktuellen Informationsbedürfnis, sondern auch dem wechselseitigen Austausch von Ideen und Erfahrungen dienen. Sie wurde schon vor der Revolution vom 18. März ein wichtiger politischer Debattierclub, Treffpunkt der bildungsbürgerlichen Opposition und eine Keimzelle der Revolution. Frühere Freunde Fontanes wie Hermann Maron oder Julius Faucher, später auch Hermann Kriege, gingen hier ein und aus. Wahrscheinlich besuchte auch Fontane die »Zeitungshalle«. Die Zeitung stellte sich 1848 ganz in den Dienst der radikalen Demokratie und gehörte zu den ersten Blättern, die kurz nach dem Einmarsch Wrangels in Berlin und der Ausrufung des Belagerungszustandes im November 1848 verboten wurde. Gustav Julius musste fliehen, ging nach England ins Exil, wo er im Kreis von Marx und Engels verkehrte und schon am 18. Juli 1851 starb. Die Zeitung wich mit ihrer Redaktion nach Neustadt-Eberswalde aus, konnte sich aber nur noch notdürftig bis Anfang 1849 über Wasser halten.

379 holte General von Prittwitz […] paar Schüsse.] Diese Textpassage entnimmt Fontane fast wörtlich den »Denkwürdigkeiten« Leopold von Gerlachs: »Prittwitz holte selbst die Dragoner herbei und ritt mit ihnen mit eingestecktem Gewehr durch die Schloßfreiheit nach dem Schloßplatz. Hier ließ er einschwenken, Front machen um so im Schritt den Platz zu säubern. Da stürzte sich die Menge den Dragonern entgegen, fiel ihnen in die Zügel, so daß diese zurückwichen. Ein Unterofficier wurde gestoßen und man versuchte es, ihn vom Pferde zu reißen. […] Darauf brach aus dem Portal zunächst der langen Brücke ebenfalls eine Tirailleur-Linie vor und bei dieser fielen die sogenannten verhängnißvollen Schüsse.« (Gerlach 1891, S. 136 f.)


Der achtzehnte März
Viertes Kapitel


407 ein Senfft-Pilsach, ein Kleist, ein Dewitz] Die genannten Politiker und Publizisten zählten zu den radikalen Antipoden von Revolution und Liberalismus. Ihr Treffen in Bethanien könnte daher »mit dem eine gute Woche zuvor, am 22. April 1848, in Potsdam auf einer Konferenz der Förderer und leitenden Redakteure erfolgten Gründungsbeschluß der ›Kreuzzeitung‹« (Fischer 1998, S. 170) zu tun gehabt haben. Ernst Freiherr Senfft von Pilsach, »Repräsentant der hinterpommerschen Pietisten, Vertrauter Friedrich Wilhelms IV.« (Fischer 1998, S. 170), hatte »als Finanzier, Aktionär und Mitglied des aufsichtsführenden Komitees der Zeitung« (Fischer 1998, S. 170) großen Anteil am Zustandekommen des Blatts. Er wurde 1852 Oberpräsident der preußischen Provinz Pommern. Zu den Mitbegründern der Zeitung gehörte auch Hans-Hugo von Kleist-Retzow, ein Freund Bismarcks, seit 1844 Landrat des pommerschen Kreises Belgard (heute poln. Białogard), 1848 Führer der konservativen preußischen Junkerpartei und orthodoxer Lutheraner. Bei von Dewitz ist nicht ganz klar, welcher aus dem weit verzweigtem Adelsgeschlecht gemeint sein könnte. Hubertus Fischer vermutet »den Rittergutsbesitzer von Dewitz-Wussow aus Bismarcks pommerschen Heimatkreis Naugard«, der schon Mitglied des Vereinigten Landtags war und 1849 als Konservativer in die 2. Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses gewählt wurde. Auch dieser war ein orthodoxer Lutheraner und dürfte Pastor Schultz schon aus dessen Naugarder Zeit als Gefängnisgeistlicher gekannt haben.


In Bethanien
Erstes Kapitel


413 Bethanien] Vgl. auch »Bilder und Materialien«, http://www.uni-goettingen.de/de/bilder-und-materialien/496830.html. 1836 war in Kaiserswerth von Pfarrer Theodor Fliedner die erste Diakonissenanstalt zur Ausbildung von Krankenpflegerinnen nebst einer Heilanstalt für 80 Kranke gegründet worden. Damit nahm das Diakonissenwesen im Protestantismus einen bedeutenden Aufschwung und zahlreiche Neugründungen von Diakonissenhäusern folgten. Das Berliner Diakonissenkrankenhaus Bethanien wurde zwischen 1845 und 1847 nach Plänen des Architekten Ludwig Persius in der Luisenstadt (heute Kreuzberg) erbaut. Das Gelände des Köpenicker Feldes, das von König Friedrich Wilhelm IV. zur Verfügung gestellt wurde, hatte 1848 noch ländlichen Charakter, befand sich aber innerhalb der Stadtmauern Berlins. Das Haupthaus, ein Mittelbau mit zwei langen Seitenflügeln (einem Süd- und einem Nordflügel), beherbergte neben dem Erdgeschoss in zwei weiteren Etagen die Wohnungen der Oberin, der Diakonissen und der männlichen Verwaltungsleute, eine Apotheke, Küche, Büros, Waschräume, eine Kirche und die Krankenstationen, in der bis zu 350 Patienten aufgenommen werden konnten. Der Name des Hauses nahm Bezug auf das biblische Dorf Bethania in Palästina, wo Jesus der biblischen Legende nach Lazarus von den Toten auferweckt haben soll. Die Diakonissen blieben unverheiratet und ordneten sich gehorsam unter: »Die ›Schwestern‹ werden nach einer je nach Charakter und Vorbildung längern oder kürzern Probezeit kirchlich eingesegnet (Ordination); Gelübde finden nicht statt. Die Verbindung mit der Familie bleibt frei, ebenso Besitz und Verwaltung des Privatvermögens; doch hängen die Schwestern in fast militärischer Weise vom Mutterhaus ab, das über ihre Stellung und Sendung verfügt und sie dafür in Krankheit und Alter versorgt. Wollen sie in die Ehe treten, so müssen sie aus dem Mutterhaus ausscheiden« (Meyer6, Bd. 4, S. 862). Zu ihren Aufgaben gehörte die Arbeit in der Gemeinde, in Kleinkinderschulen, Waisen- und Erziehungshäusern und in der Krankenpflege. Neben dem karitativen Engagement stand die Bekehrung oder Wiedererweckung zum ›wahren‹ Christentum im Mittelpunkt der Arbeit der Schwestern. Damit stieß die Diakonissenanstalt »als pietistisch-kirchliche Institution bei weiten Kreisen der Bevölkerung und Bürokratie auf Ablehnung« (Stürzbecher 1970, S. 86) und geriet in den folgenden Jahrzehnten immer wieder in das kritische Blickfeld der liberalen Presse.

416 Pastor Schultz] Ferdinand Schultz, geb. 1811 in Stettin, studierte in Greifswald und Berlin Theologie, erhielt seine erste Pfarrstelle 1841 am Zuchthaus zu Naugard in Hinterpommern, wurde 1846 Militärseelsorger in Stettin und am 10. Oktober 1847 Pfarrer des Diakonissenhauses Bethanien, wo er bis zu seinem Tod am 11. Oktober 1875 wirkte. Schultz war ein Parteigänger der »Kreuzzeitung« und vertrat als Theologe einen orthodoxen Protestantismus. Seine Strenge und Intoleranz machten ihn im persönlichen Umgang schwierig – selbst ein Nekrolog auf Schultz im »Johanniterblatt« spricht von einer »oft harte[n] Schale«. Schultz geriet zuletzt sogar bei seinen bisherigen Gönnern in die Kritik. Als 1869 in Bethanien mehr als 900 Patienten an Wundinfektionen starben (Hospitalbrand und Wundfieber), wurde er für die mangelhafte Verwaltung und die desolaten Zustände des Krankenhauses mitverantwortlich gemacht. Nur knapp entging er seiner Entlassung als Seelsorger. Vgl. auch den Nekrolog auf Ferdinand Schultz in: Wochenblatt der Johanniter-Ordens-Balley Brandenburg. Berlin. Nr. 3, 19. Januar 1876, S. 16 f., hier S. 17.

(Wolfgang Rasch)

Empfohlene Zitationsweise:
Wolfgang Rasch: Erweiterter Anhang zu Theodor Fontane: »Von Zwanzig bis Dreißig«. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Universität Göttingen, kommentiert von Wolfgang Rasch. Berlin 2014 (GBA – Das autobiographsiche Werk, Band. 3). In: Website der Theodor Fontane-Arbeitsstelle (www.uni-goettingen.de/de/154180.html). Hrsg. von Gabriele Radecke. [Datum des Abrufs]





Rezensionen zu »Von Zwanzig bis Dreißig«


Die folgende Aufstellung versammelt alle bekannten Rezensionen zu »Von Zwanzig bis Dreißig« und ergänzt durch einige Neufunde die Verzeichnung in der »Fontane-Bibliographie«. Mehrere Rezensionen bringen einen nahezu gleichlautenden Text, der zum Teil gekürzt oder mit minimalen Ergänzungen nachgedruckt wird und auf eine nicht nachgewiesene Quelle zurückgeht. Diese Besprechungen werden zusätzlich mit dem Vermerk »Nachdruck« versehen.

[Anon.:] Von Zwanzig bis Dreißig von Theodor Fontane. In: Hamburger Fremdenblatt. Hamburg. 2. Juli 1898. [Nachdruck.]
[Anon.:] Th. Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Kieler Zeitung. Kiel. Nr. 18631, 2. Juli 1898.
[Anon.:] Theodor Fontane, »Von Zwanzig bis Dreißig«. In: Hannoverscher Courier. Hannover. 3. Juli 1898. [Nachdruck.]
[Anon.:] Aus der Reichshauptstadt. In: Hamburger Nachrichten. Hamburg. 4. Juli 1898.
[Anon.:] Th. Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Mecklenburgische Zeitung. Schwerin. 9. Juli 1898, Beilage. [Nachdruck.]
[Anon.:] Th. Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Neue Preußische [Kreuz-] Zeitung. Berlin. 10. Juli 1898. [Nachdruck.]
[Anon.:] Geschichte. In: Kölnische Volkszeitung. Köln. Nr. 596, 13. Juli 1898.
[Anon.:] Neue Bücher aus dem Verlage von F. Fontane (Berlin). Th. Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Breslauer Morgenzeitung. Breslau. Nr. 324, 14. Juli 1898. [Nachdruck.]
[Anon.:] Th. Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Volks-Zeitung. Berlin. Nr. 335, 21. Juli 1898. [Nachdruck.]
[Anon.:] Von Zwanzig bis Dreißig. Von Th. Fontane. In: Das Volk. Berlin. Nr. 175, 29. Juli 1898. [Nachdruck.]
[Anon.:] Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Leipzig. Nr. 403, 11. August 1898.
[Anon.:] Unter dem Titel »Zwanzig bis Dreißig« … In: Berliner Neueste Nachrichten. Berlin. Nr. 374, 12. August 1898.
[Anon.:] Biographien. Von Zwanzig bis Dreißig. In: Frankfurter Oder-Zeitung. Frankfurt/Oder. Nr. 190, 16. August 1898, 2. Beilage. [Nachdruck.]
[Anon.:] Eine Autobiographie Theodor Fontanes. In: Deutsche Allgemeine Zeitung. Berlin. 20. August 1898, Beilage.
[Anon.:] Theodor Storm. [Darin: Über Fontanes Erinnerungen an Storm in »Von Zwanzig bis Dreißig«.] In: Neue Zürcher Zeitung. Zürich. Nr. 247, 6. September 1898, Morgenblatt. [Vermutlich Jakob Christoph Heer]
[Anon.:] Unter dem Titel »Zwanzig bis Dreißig«… In: Hallesche Zeitung. [Beilage:] Hallescher Courier. Halle. 6. September 1898. [Nachdruck.]
[Anon.:] Th. Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. In: Fränkischer Kurier. Nürnberg. 7. September 1898, Unterhaltungsblatt. [Nachdruck.]
[Anon.:] Theodor Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. In: Der Bund. Bern. Nr. 258, 16./17. September 1898. [Vermutlich stammt der Artikel von Joseph Viktor Widmann.]
[Anon.:] Ein preußischer Dichter. In: Kölnische Zeitung. Köln. Nr. 882, 18. September 1898.
[Anon.:] Vom Büchertisch. Theodor Fontane, der … In: Dresdner Anzeiger. Dresden. Nr. 263, 23. September 1898, S. 30.
[Anon.:] Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Deutsche Warte. Berlin. Nr. 262B, 24. September 1898, Morgenblatt.
[Anon.:] Th. Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Die Post. Berlin. 3. November 1898, 2. Beilage. [Nachdruck.]
[Anon.:] Theodor Fontanes Memoirenbuch »Von Zwanzig bis Dreißig«. In: Illustrirte Zeitung. Leipzig. Nr. 2889, 10. November 1898, S. 629–630.
[Anon.:] Theodor Fontane, Der Stechlin. [Darin auch über »Von Zwanzig bis Dreißig«.] In: Londoner Zeitung. London. Nr. 2082, 26. November 1898.
[Anon.:] Meine Kinderjahre. Autobiographischer Roman von Theodor Fontane. – Von zwanzig bis dreißig. In: Apotheker-Zeitung. Berlin. 25. Januar 1899.
A. B.: 2) Ders., Zwischen zwanzig und dreißig. In: Literarisches Centralblatt für Deutschland. Leipzig. Nr. 45, 12. November 1898, Sp. 1798 f.
J. A. B.: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Neue Badische Landes- Carl Busse: Fontanes Erinnerungen. In: Deutsches Wochenblatt. Berlin. Nr. 39, 30. September 1898, S. 460–463.Zeitung. Mannheim. Nr. 409, 4. September 1898, Morgenblatt.
C.: Theodor Fontane. Von Zwanzig bis Dreißig. In: Rheinisch-Westfälische Zeitung. Essen. 22. Dezember 1898.
F. D.: Aus Theodor Fontanes Lehr- und Wanderjahren. I.–II. In: Deutsche Zeitung. [Beilage:] Rundschau. Berlin. Nr. 193, 18. August 1898, S. 766–767; Nr. 197, 23. August 1898, S. 782–783; Nr. 198, 24. August 1898, S. 786–787. [Möglicherweise ist der Verfasser Friedrich Düsel.]
F[riedrich] Düsel: Literarisches. In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte. Braunschweig. Bd. 85, Nr. 508, Januar 1899, S. 545.
M. G.: Theodor Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Frankfurter Journal. Frankfurt a. M. Nr. 322, 14. Juli 1898.
Heinrich Hart: Neues vom Büchertisch. In: Velhagen & Klasings Monatshefte. Bielefeld, Leipzig. Heft 3, November 1898, S. 362–365.
[Ulrich] v[on] H[assel]: 1. Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. In: Allgemeine Konservative Monatsschrift für das christliche Deutschland. Leipzig. Dezember 1898, S. 1342.
E[rnst] H[eilborn]: Von Zwanzig bis Dreissig. Autobiographisches. In: Cosmopolis. Berlin, Wien. Bd. 11, Nr. 32, August 1898, S. 610.
Moritz Heimann: Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Neue deutsche Rundschau. Berlin. Heft 9, September, 1898, S. 959–966.
Victor Jungmann: Neue Schriften zur Litteraturgeschichte. In: Internationale Literaturberichte. Berlin. Nr. 20, 6. Oktober 1898.
[Otto von Leixner:] »Von Zwanzig bis Dreißig.« Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Tägliche Rundschau. Berlin. Nr. 195, 21. August 1898, Unterhaltungsbeilage, S. 778 f.; Nr. 196, 23. August 1898, Unterhaltungsbeilage, S. 781 f.
Paul Linsemann: Von unserem Fontane. In: Die Zeit. Wien. Nr. 202, 13. August 1898, S. 105 f. Nachgedruckt in: Düna-Zeitung. Riga. 6. September 1898.
Fritz Mauthner: Theodor Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. In: Berliner Tageblatt. Berlin. Nr. 430, Abend-Ausgabe, 25. August 1898.
Alexander Meyer: Theodor Fontane. In: Die Nation. Berlin. Nr. 43, 23. Juli 1898, S. 615 f.
Moritz Necker: Theodor Fontanes Selbstbiographie. In: Blätter für litterarische Unterhaltung. Leipzig. Nr. 43, 27. Oktober 1898, S. 673–677.
Theodor Hermann Pantenius: Theodor Fontane †. [Darin auch über »Von Zwanzig bis Dreißig«.] In: Daheim. Leipzig. Nr. 4, 22. Oktober 1898, S. 56–59.
Th[eodor] H[ermann] Pantenius: Neue Bücher. Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. In: Daheim. Leipzig. Nr. 7, 12. November 1898, S. 108, 110.
Willy Pastor: Theodor Fontanes Autobiographie. Von Zwanzig bis Dreißig. In: Deutsche Rundschau. Berlin. Heft 1, Oktober 1898, S. 157 f.
L[udwig] P[ietsch]: Unter dem Titel »Von Zwanzig bis Dreissig« … In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen. Berlin. Nr. 297, 29. Juni 1898, 1. Beilage.
Felix Poppenberg: Theodor Fontanes Lehrjahre. In: Die Frau. Berlin. Oktober 1898, S. 42–48.
J[ulius] R[iffert]: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung. Leipzig. Nr. 94, 13. August 1898, S. 384.
J. S.: Autobiographisches von Th. Fontane. In: Zeitung für Litteratur, Kunst und Wissenschaft. Beilage des Hamburgischen Correspondenten. Hamburg. Nr. 17, 14. August 1898.
Sigmund Schott: Aus Theodor Fontanes Lebenserinnerungen. In: Neue Zürcher Zeitung. Zürich. Nr. 222, 12. August 1898; Nr. 223, 13. August 1898.
Sigmund Schott: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Allgemeine Zeitung. München. Nr. 264, 23. September 1898.
Karl Th. Schultz: »Von Zwanzig bis Dreißig.« Autobiographisches von Theodor Fontane. In: Königsberger Hartungsche Zeitung. Königsberg. Nr. 207, 4. September 1898.
Adolf Stern: Aus Theodor Fontanes Lebenserinnerungen. In: Dresdner Journal. Dresden. Nr. 155, 8. Juli 1898; Nr. 159, 18. Juli 1898.
Ludwig Stettenheim: Theodor Fontane und sein letztes Buch. In: Bremer General-Anzeiger. Bremen. 30. September 1898.
[Fedor] v[on] Z[obeltitz]: Scherenbergs hundertste Geburtstagsfeier … In: Zeitschrift für Bücherfreunde. Bielefeld, Leipzig. Heft 5/6, August/September 1898, S. 263. [Darin auch über »Von Zwanzig bis Dreißig«.]