Schädlinge und Krankheiten


Im Folgenden werden die wichtigsten Schädlinge der Edelkastanie behandelt. Schwerwiegende Produktionsrisiken für die Wertholzproduktion gehen bei der Edelkastanie insbesondere von den Pilzerkrankungen Esskastanienrindenkrebs (Cryphonectria parasitica) und Tintenkrankheit (Phytophthora) sowie von dem Schädling Japanische Esskastanien-Gallwespe (Dryocosmus kuriphilus) aus (Hein et al. 2013).


Pilzkrankheiten


Esskastanienrindenkrebs


Der Esskastanienrindenkrebs (Cryphonectria parasitica) ist nach Heiniger et al. (2007) eine Pilzerkrankung, die aus Asien stammt. Die gefährliche Rindenkrankheit bewirkte in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts beinahe die Ausrottung der Amerikanischen Kastanie (Castanea dentata) (Rigling et al. 2014). In Europa tauchte die Pilzerkrankung das erste Mal im Jahr 1938 in Italien und 1992 auch in Deutschland auf (Peters et al. 2013; Rigling et al. 2014). Dabei ist in Europa Castanea sativa der Hauptwirt dieser Pilzart (Rigling et al. 2014). Der Erreger Cryphonectria parasitica ist ein Schlauchpilz (Ascomycota), dessen Sporen verwundete Stellen in der Rinde der Edelkastanie infizieren (Rigling et al. 2014). In Abbildung 14 ist der Esskastanienrindenkrebs an dem Stamm einer Edelkastanie zu erkennen.


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Abbildung 14: Stamm einer Edelkastanie mit Befall des Esskastanienrindenkrebses
(Foto: B. Metzler / FVA Baden-Württemberg)



An der Stelle des Befalls färbt sich die Rinde rot. Anschließend sinkt die Rinde ein und springt danach auf (Abbildung 14) (Rigling et al. 2014). Beim Versuch des Baumes die befallene Stelle zu überwallen, infizieren sich die Wundränder erneut und es entsteht der sogenannte Rindenkrebs (Peters et al. 2013). Ein weiteres Befallsmerkmal ist ein gelblicher Myzelfächer, den der Pilz in der Rinde und in dem Kambium der Edelkastanie entwickelt (Rigling et al. 2014). Das Myzel ist der Vegetationskörper des Pilzes, der aus einer Masse einzelner Pilzfäden (Hyphen) gebildet wird (Sadava et al. 2011). Der Pilz verursacht eine Unterbrechung der Wasser- und Nährstoffaufnahme des Baumes, wodurch die Edelkastanien oberhalb der Krebsstelle welken (Heiniger et al. 2007). Wenn der Rindenkrebs den Stamm komplett umfasst hat, können größere Äste oder auch die ganze Krone absterben (Peters et al. 2013). Unterhalb der Krebsstelle treibt die Edelkastanie häufig neue Wasserreiser aus. Auf der durch den Pilzbefall abgestorbenen Rinde bilden sich die gelb-orange bis rot gefärbten Fruchtkörper des Pilzes (siehe Abbildung 14) (Rigling et al 2014).

In Italien wurde nach der Verbreitung des Pilzes Cryphonectria parasitica entdeckt, dass einige Infektionen abgeschwächt verlaufen und ausheilen können (Peters et al. 2013). Der Grund hierfür ist nach Heiniger et al. (2007) das Cryphonectria-Hypovirus. Das Virus infiziert den Pilz des Esskastanienrindenkrebses, wodurch der Rindenkrebs meist nicht weiterwächst und zu verheilen beginnt. Das Virus kann auf natürlichem Weg übertragen werden, es ist aber auch möglich den Pilz gezielt mit dem Hypovirus biologisch zu bekämpfen (Heiniger et al. 2007).


Tintenkrankheit


Die Tintenkrankheit der Edelkastanie wird durch Pilzarten ausgelöst, die zu der Gattung Phytophthora gehören (Schumacher und Schröder 2007). Diese Pilzarten leben nach Ecker et al. (2006) im Boden und befallen die Wurzeln der Edelkastanie. Die Sporen der Pilze sind begeißelt und können sich über Wasser verbreiten. Infektionen entstehen daher bei feuchten Böden, die schlecht drainiert sind (Ecker et al. 2006). In Abbildung 15 sind die Krankheitssymptome der Tintenkrankheit dargestellt.


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Abbildung 15: Befall einer Edelkastanie durch die Tintenkrankheit
(Foto: Gerhard Weil)



Nach einem Befall durch die Phytophthora-Pilze sterben Teile der Wurzeln, der Rinde und des Kambiums im unterem Stammbereich ab (Schumacher und Schröder 2007). Die betroffenen Bereiche der Edelkastanie färben sich in einen braun-schwarzen Farbton (Abbildung 15). In den Infektionsbereichen werden Sekrete ausgeschieden, die eine Ähnlichkeit mit flüssiger Tinte haben. Dieses charakteristische Erscheinungsbild hat der Tintenkrankheit ihren Namen gegeben (Schumacher und Schröder 2007). Befallene Edelkastanien bilden nur noch kleine vergilbte Blätter und Früchte von geringer Größe aus. Der Zuwachs der Bäume ist eingeschränkt und es kann zu einem partiellen Absterben kommen (Schumacher und Schröder 2007).


Schadinsekten


Japanische Esskastanien-Gallwespe


Die Japanische Esskastanien-Gallwespe (Dryocosmus kuriphilus) ist ein sehr schädlicher Parasit, der sich von Südchina ausgehend verbreitete und nur die Gattung Castanea befällt. Im Jahr 2002 wurde Dryocosmus kuriphilus das erste Mal in der EU in Italien festgestellt und 2013 auch in Deutschland nachgewiesen (Schumacher 2013). Die Japanische Esskastanien-Gallwespe löst eine Gallenbildung an den Blatt- und Blütenknospen der Castanea sativa aus. Die ausgebildeten Gallen sind grün bis rosa gefärbt und umschließen Abschnitte von Blättern, Blattstängeln und Zweigen (Schröder und Weigerstorfer 2007). Eine solche ausgebildete Galle ist in Abbildung 16 zu sehen.


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Abbildung 16: Galle der Japanischen Esskastanien-Gallwespe
(Foto: Autonome Provinz Bozen Südtirol)



Bei Gallen handelt es sich nach Schütt et al. (2014) um Formveränderungen oder Fehlbildungen, die durch fremde Organismen in der Pflanze verursacht werden. In den Gallen entwickeln sich die Larven der Japanische Esskastanien-Gallwespe (Schröder und Weigerstorfer 2007). Insgesamt hat der Befall der Esskastanien-Gallwespe eine Schwächung der Vitalität der Edelkastanien zur Folge. Daraus ergeben sich bei den befallenen Bäumen Verluste beim Zuwachs sowie bei der Blüten- und Fruchtbildung (Schumacher 2013). Bei einem starken Befall kann es zum Verkümmern von Edelkastanien oder auch zum Absterben der Bäume kommen (Ecker et al. 2006). Besonders wenn weitere Stressfaktoren vorliegen, kann das Absterben von befallenen Bäumen beschleunigt werden. Ein bedeutender Stressauslöser ist der Esskastanienrindenkrebs (Cryphonectria parasitica) (Schumacher 2013).


Schmetterlingsarten und Rüsselkäfer


Die Larven der drei Schmetterlingsarten Früher Kastanienwickler (Pammene fasciana), Kastanienwickler (Cydia splendana) und Buchenwickler (Cydia fagiglandana) erzeugen Schäden an den Früchten der Edelkastanie (Conedera et al. 2004). Während die Larven des Frühen Kastanienwicklers die unreifen Früchte von Castanea sativa befallen, schädigen die Larven des Kastanienwicklers reifere Esskastanienfrüchte (Conedera et al. 2004; Ecker et al. 2006).
Ein weiterer Fruchtschädling in Südeuropa ist die Rüsselkäferart Esskastanienbohrer (Curculio elephas), dessen Larven sich ebenfalls von dem Inhalt der reifen Esskastanien ernähren (Conedera et al. 2004; Ecker et al. 2006).