Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

Altes und Neues begegnet uns im alten Europa neu in diesen Tagen. Während einerseits die Europäische Union sich in Brüssel, Straßburg und anderswo in Business as usual übt, wird gleichzeitig lebhaft um die Erweiterung nach Osten verhandelt und damit faktisch um eine andere, neue EU gerungen. Ferner eröffnet ein Brückenschlag über eine Meerenge im Norden ebenfalls neue geistige, gesellschaftliche, wirtschaftliche Perspektiven.

Wo bleibt bei allen diesen Aktivitäten der Mensch, der von Gott mit allen Mitteln des Himmels und der Welt geliebte Mensch?

Ihn bei aller Betriebsamkeit in und um Europa zu suchen, macht sich dieser Jahrgang des internationalen ökumenischen Jahrbuchs auf. Wer einzelne sucht, kann nur Bruchstücke von Europa finden. Die Teile zu einem Ganzen zusammenzusetzen, läßt den Einzelnen vergessen. Europas Schwäche und seine Stärke ist die Suche nach den Einzelnen, nach Individuen, die göttliche Frage nach Adam und Eva, die Gott zuvor jede für sich geschaffen hat, was die Bibel breit und detailliert erzählt, damit beide in ihrer Individualität betonend.

Die Gliederung des vorliegenden Bandes will darum nicht zusammenfügen, sondern nur allgemein Richtungen, Tendenzen angeben. Dazu gehört der Blick auf den Anderen, in Europa, in anderen kirchlichen Gemeinschaften usw. Dazu gehört die konkrete Bemühung, mit dem Nächsten zu einer Verbundenheit im kirchlichen, sozialen, religiösen zu kommen. Verbundenheit meint dabei nicht den Verzicht auf die eigene Position, relativiert sie aber.

Herzlich zu danken habe ich allen Autoren und den zahlreichen Kolleginnen und Kollegen einschließlich dem Verlag, die sich um die äußere Gestalt des Bandes intensiv bemüht haben. Unser vergleichsweise kleiner Kreis von Herausgebern und Konsultatoren bietet die wunderbare Chance, schnell auf die raschen und nicht immer leicht zu durchschauenden Veränderungen in Europa reagieren und sie aufnehmen zu können, aber ein solcher Kreis braucht einen großen Kreis von Mitarbeitern. Darum gilt ihnen allen ein besonderer Dank, wenn sie auch nicht alle zu nennen sind.

Ihr
Ulrich Nembach


Inhalt

VORWORT

I. Staat und Kirche

Zur Vergangenheit

JÖRG JARNUT
Karl der Große – Mensch, Herrscher, Mythos.
Ein Rückblick nach 1200 Jahren

ECKART OTTO
Soziale Verantwortung des Einzelnen und Fürsorge des Staates.
Das biblische Fremdenrecht im Buch Deuteronomium

Zur Gegenwart

CHRISTIE DAVIES
Scottish Religion, Humour and Identity

JOSEPH JOBLIN
Valeurs Chretiennes et Construction de l'Europe a l'Aube du Troisieme Millenaire

GERD STRICKER
Von der Geschichte und dem Umgang mit ihr – Beispiel: die deutsch-polnische Geschichte.
Ein Konferenzbericht

II. Kirche und Theologie

Evangelisch gesehen

MICHAEL PLATHOW
Menschenbild und Menschenwürde.
X. Europäischer Theologenkongreß in Wien ( 26.9. - 30.9. 1999)

Lutherisch gesehen

VASIL GLUCHMAN
Luther's social ethics and their acceptance in Europe

EBERHARD HARBSMEIER
Predigt und lutherische Identität.
Zu einem skandinavischen Forschungsprojekt über die lutherische Predigttradition in den nordischen Ländern

Reformiert gesehen

HENRY BABEL
Geneve et l'Alliance Réformée Mondiale

Katholisch gesehen

ANDRÁS MÁTÉ-TÓTH
Konzilsrezeption in Ost(Mittel)Europa

Ökumenisch gesehen

HEINRICH RUSTERHOLZ
Verbindliche Ökumene!
Wegleitende Projektarbeit der Leuenberger Kirchengemeinschaft

JULIO DE SANTA ANA
Third World Theologies in Dialogue

III. Staat

Politik

GUNTHER HELLMANN
Zivile Vergangenheit, normale Zukunft.
Bonn und Berlin als Markenzeichen deutscher Außenpolitik

JOHN H. SIMPSON
Religion and Politics in the West: a Current Picture

Schule

BODO VON BORRIES
Zwischen „Wurzelsuche“ und „Verunsicherung“.
Geschichtslernen für Mehrheit und Minderheiten unter interkulturellen Bedingungen

BERT DEGENHART
Konzeptionelle und strukturelle Überlegungen zur schulischen Ausbildungs- und Berufsvorbereitung in Baden-Württemberg

ANNA-KATHARINA SZAGUN
Gott neu denken und aussagen lernen: Metaphern gestalten

IV. Religion kontextuell

STEFAN KNOBLOCH
Fordern Freizeit und Urlaub zu einer begleitenden Pastoral heraus?
Zu Ansatz und Reichweite kirchlicher Aktivitäten in der Freizeitwelt

RICHARD PUZA
Die Religionen und das Recht.
Grundlagen, Prinzipien und Strukturen des religiösen Rechts im Judentum, Islam und Christentum

WALTER SPARN
Synkretismus ist die Zukunft der Religion.
Hermeneutik, sakraler Raum und Realpräsenz

PIERRE BRÈCHON
Les attitudes religieuses en France : quelles recompositions en cours ?

EBERHARD HARBSMEIER
Die Aktualität Kierkegaards: Biographie und Theologie.
Zur neuen historisch-kritischen Gesamtausgabe der Schriften Kierkegaards

MICHAEL P. HORNSBY-SMITH
The Changing Catholic Diocese: Reactive or Pro-Active?

PÅL REPSTAD
Images of Jesus among Norwegians

GERD STRICKER
Keston Institute (Oxford) und Glaube in der 2. Welt (Zürich).
Zwei ostkirchliche Schwester-Institute

LISTE DER ANSCHRIFTEN der Autoren, Herausgeber und Konsultatoren