Forstliche Nebennutzungen in Kriegs- und Krisenzeiten
Gerbrindennutzung
![]() | Eichenrinde als Gerbstoffersatz Eichenrinde war bis etwa 1880 in Eichenniederwäldern angebaut worden. Billiger Gerbstoffimport aus Südamerika hatte jedoch zu einem Waldumbau geführt, der mit dem Zusammenbruch des Welthandels 1914 reaktiviert werden musste. |
Vorkriegszeit In der Mitte des 19. Jahrhunderts war die Gerbereiindustrie im Gebiet des späteren Deutschen Reiches sehr bedeutend. Kleine Handwerksbetriebe verarbeiteten lokale Produkte und dominierten lokale Märkte. Lediglich einzelne Großbetriebe fertigten für regionale Zentren. Von 1880 an vereinfachten und beschleunigten technische Weiterentwicklungen wie die Fassgerbung den Gerbprozess, erforderten aber ein Umstellen auf Gerbstoffextrakte. Diese ließen sich günstig aus Südamerika importieren und machten ab 1880 zunehmend die heimische Gerbstoffproduktion in Eichenniederwäldern unrentabel. Die Umstellung ließ sich aber in Kleinbetrieben wegen der hohen Investitionskosten nicht durchführen. Die Kleinbetriebe wurden deswegen nach und nach verdrängt. | |
Reaktionen der Waldbesitzer Diese Entwicklung auf der Abnehmerseite hatte große Auswirkungen auf der Seite der angestammten heimischen Gerbstoffproduzenten: Den Eichenschälwaldbesitzern brachen die Rindenkunden weg. Unter bestimmten Umständen ließen sich Ausweichnutzungen finden, besonders, wenn sich um in der Landwirtschaft tätige Besitzer gehandelt hat. Auch die Brennholznutzung war eine Alternative. Insgesamt kann man aber davon ausgehen, dass keine der Nutzungsalternativen die weggebrochenen Rindenverkäufe vollständig ersetzen konnte. Staatsförstereien verfügten über keine solchen Alternativnutzungen. Sie hatten schon seit Längerem auf eine Nutzholzproduktion fokussiert und wandelten deshalb ihre Niederwälder in Hochwälder um, wenn die entsprechenden finanziellen Ressourcen bereitstanden. 1913 gab es deswegen kaum noch Niederwälder in Staatsbesitz. Hier hatte vor dem Ersten Weltkrieg ein starker Landnutzungswandel eingesetzt. Die Kleinbauern und Genossenschaften dagegen besaßen noch größere Teile ihres ursprünglichen Niederwaldbestandes. Sie hatten ihre Wälder nicht in Hochwälder umwandeln können. Das war schlicht zu teuer gewesen. | |
Kam es zu einem Landnutzungswandel? Als den Landnutzungswandel hemmende Faktoren können am vorliegenden Beispiel also eine bäuerlich geprägte Besitzstruktur, die Möglichkeit einer flexiblen Mehrfachnutzung der Niederwälder und eine gewisse verkehrstechnische Abgeschiedenheit genannt werden. In verschiedenen Regionen hatten sich mehrfachgenutzte Eichenschälwälder in bäuerlichem Besitz erhalten. Sie können in Forsteinrichtungswerken nachgewiesen werden. | |
Kriegsbeginn 1914 Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Deutschland vom internationalen Gerbstoffhandel mit Südamerika vollständig abgeschnitten. Innerdeutsche Transportschwierigkeiten durch die viele Requisitionen und ein Arbeitskräftemangel kamen ab 1916 an Kriegsfolgen noch dazu. Als Folge besann man sich zwangsläufig auf lokale Wirtschaftskreisläufe zurück, die in den Jahren vor dem Krieg stark unter Druck geraten waren und sich nur unter den genannten Umständen hatten halten können. Die noch bestehenden Eichenschälwälder wurden in den ersten beiden Kriegsjahren stark übernutzt. Frische Umwandlungsbestände in Staatsbesitz trotz der hohen Verluste ebenfalls. Die Besitzer verdienten trotz Höchstpreisverordnungen 1915 und 1916 recht viel Geld. In den letzten beiden Kriegsjahren verhinderten allerdings der immer belastendere Arbeitskräfte- und Transportfahrzeugmangel eine weitere großflächige Rindennutzung. Es kann heute außerdem nicht mehr festgestellt werden ob die Schälwälder nach den starken Übernutzungen der ersten beiden Kriegsjahre überhaupt noch eine weitere Nutzung zuließen. Technische Weiterentwicklungen erlaubten darüber hinaus ab 1917 die Umstellung auf Gerbhölzer, die zu Extrakten weiterverarbeitet wurden. Die Hölzer wurden im Winter mit dem normalen Holz geschlagen, eine aufwendige Freistellung von Arbeitern und Geräten wie bei der Rindennutzung im Frühjahr erübrigte sich hier also. |
![]() | Die Rinden trocknete man auf Böcken Alte und für Gerbzwecke wertlose Rinde schützte die gerbstoffhaltige Jungrinde vor direkter Sonneneinstrahlung und Regenwasser Die Aufnahme stammt aus dem Forstamt Glindfeld aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. |
Ernährung aus dem Wald
![]() | Ernährung aus dem Wald In Notzeiten nutzte man Waldfrüchte, Beeren, Pilze und zur Ernährung. Schulkinder wurden zum Sammeln in den Wald geschickt. Mit Hilfe der ölhaltigen Bucheln wollte man der Fettknappheit begegnen. Der Aufruf stammt von 1917. |
![]() | "Wildwachsendes Kriegsgemüse" So sollte in der Bevölkerung der Verzehr von Unkraut populär gemacht werden Der Aufruf stammt von 1917. |
![]() | Aufruf zum Sammeln von Tierfutter Vor allem Kinder und Jugendliche waren angehalten, zur Versorgung der Nutztiere beizutragen. Eicheln und Kastanien wurden vor allem an Schweine verfüttert. Der Aufruf stammt von 1917. |
![]() | Aufruf zum Sammeln von Laubheu Laubheu wurde als Ersatz für das knappe Heu in die Ställe eingestreut. Der Aufruf stammt von 1917. |
![]() | Baumwolle war ebenfalls knapp Baumwolle hatte man aus den USA importiert. Mit dem Kriegsbeginn brach die Einfuhr zusammen. Kinder wurden mit zunehmender Knappheit aufgefordert, Brennesselfasern zu sammeln. Der Aufruf stammt von 1917. |
Wird die Waldbewirtschaftung in Kriegs- und Krisenzeiten multifunktionaler? |
![]() | Steigerung der Einnahmen aus Nebennutzungen In Braunschweig wurden auch während des Krieges noch Statistiken geführt. Für die Kriegszeit ist eine deutliche Steigerung der Einnahmen aus forstlichen Nebennutzungen ausgewiesen. |