03/01/2011: Wachsende soziale Ungleichheit durch Einkommensarmut und Einkommenspolarisierung

Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung landet Deutschland im Vergleich von 31 entwickelten OECD-Ländern in Sachen sozialer Gerechtigkeit nur im Mittelfeld. Das Ranking erfolgte dabei auf Basis eines Gerechtigkeitsindexes, der aus den fünf Zieldimensionen Armutsvermeidung, Zugang zu Bildung, Inklusion in den Arbeitsmarkt, soziale Kohäsion und Gleichheit sowie Generationengerechtigkeit gebildet wurde.

Für das Politikfeld Armutsvermeidung stellt die Studie fest, dass die relative Armut in Deutschland stark zugenommen habe. So sei etwa die Einkommensarmut im Jahr 2008 erheblich höher als noch vor zehn Jahren: Die Quote derjenigen Menschen, die mit weniger als 50 Prozent des Medianeinkommens auskommen müssen, liegt derzeit bei 9,3 Prozent“ (S. 15). Einkommensarmut reflektiere dabei auch Symptome von Fehlsteuerungen in anderen Politikfeldern, etwa in der Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik. So ließen beispielsweise atypische Beschäftigungsverhältnisse, deren Umfang in der jüngeren Vergangenheit stark zugenommen habe, die Gefahr von Armut ansteigen.

Auch im Politikfeld Arbeitsmarktinklusion macht die Studie Gerechtigkeitslücken aus. Verantwortlich dafür sei insbesondere das große Ausmaß an verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit sowie ein massiv erschwerter Zugang von einigen gesellschaftlichen Gruppen zu Beschäftigung: „Geringqualifizierte finden viel seltener eine reguläre Beschäftigung als in der Mehrzahl der anderen OECD-Staaten“ (S. 23).

In Bezug auf die Dimension soziale Kohäsion und Gleichheit spricht die Studie von einer schleichenden Polarisierung der Gesellschaft. Vor allem unter dem Aspekt der Einkommensverteilung „zeigt sich im Langzeittrend eine bedenkliche Tendenz: Die Polarisierung der bedarfsgewichteten Nettoeinkommen in Deutschland hat sich verstärkt“ (S. 26). Dabei habe die Ungleichverteilung der Einkommen seit Mitte der 1980er Jahre so stark zugenommen wie in kaum einem anderen entwickelten Land: „Seit 2000 ist neben der „relativen“ sogar eine „absolute“ Polarisierung der Einkommensgruppen zu beobachten: Während die realen Einkommen der armutsgefährdeten Bevölkerungsgruppe geschrumpft sind, sind die der Wohlhabenden gestiegen“ (ebd.).

Quelle: Pressemeldung der Bertelsmann Stiftung vom 03.01.2011

Weiterlesen:
Bertelsmann Stiftung (Hg.) (2010): Soziale Gerechtigkeit in der OECD – Wo steht Deutschland? Sustainable Governance Indicators 2011, Gütersloh.