31/05/2011: Der gespaltene Arbeitsmarkt

Seit Monaten sinkt die Zahl der Arbeitslosen. Im Mai ist sie auf unter drei Millionen gefallen. Während vielerorts wie schon im Herbst letzen Jahres (siehe 30.11.2010) von einem Jobwunder gesprochen wird, werfen einige Zeitungen einen differenzierteren Blick auf die Statistik und ziehen eine zwiespältige Bilanz.

So schreibt etwa der Tagesspiegel, dass ein Großteil des Jobaufbaus auf die Zunahme von Leih- und Teilzeitarbeit zurückgehe und weniger auf die Zunahme von gut bezahlter Vollzeitbeschäftigung. Nach Aussage von Joachim Möller, Chef des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) entwickele sich der Arbeitsmarkt „zunehmend auseinander“. Oben stünden die Besitzer eines festen, gut bezahlten Vollzeit-Jobs. Unten müssten sich Teilzeitbeschäftigte, Leiharbeiter und gering Qualifizierte mächtig strecken, um über die Runden zu kommen, schreibt die Zeitung dazu.

Die Frankfurter Rundschau nennt konkrete Zahlen. So seien in den vergangenen zwölf Monaten 692.000 sozialversicherungspflichtige Jobs entstanden. Viele Firmen hätten allerdings Leiharbeiter eingestellt, die oft 20 Prozent weniger Geld erhalten würden als vergleichbare Festangestellte. Insgesamt seien 23 Prozent der in den letzten zwölf Monaten neu geschaffenen Stellen Leiharbeitsjobs. Einen starken Beitrag hätten auch die rasant sich ausbreitenden Minijobs geleistet. Inzwischen gebe es über 4,8 Millionen Menschen, die ausschließlich einen 400-Euro-Job hätten. Zwei Drittel von ihnen würden aber gerne länger arbeiten und mehr verdienen, denn 86 Prozent der Minijobber würden Niedriglöhne von weniger als 9,50 Euro pro Stunde im Westen und weniger als 6,07 Euro im Osten erhalten.

Auch die Zeit interpretiert die Arbeitsmarktzahlen nüchterner. Zunächst weist sie darauf hin, dass die Zahl von knapp drei Millionen Arbeitslosen geschönt sei. Tatsächlich würden rund vier Millionen unter Arbeitslosigkeit leiden, denn Erwerbslose, die das Jobcenter zu privaten Arbeitsvermittlern schicke, würden ebenso wenig als arbeitslos gelten wie die 200.000 Ein-Euro-Jobber, die von Arbeitslosenunterstützung lebten und bloß vom Amt irgendwie beschäftigt würden. Hinsichtlich der qualitativen Arbeitsmarktentwicklung verweist die Zeit auf Angaben der Bundesagentur für Arbeit, denen zufolge 457.000 sozialversicherungspflichtige Vollzeitjobs innerhalb der letzten zwölf Monate entstanden seien, was gegen die These der „Erosion des Normalarbeitsverhältnisses“ spreche. Im gleichen Zeitraum seien aber auch 239.000 sozialversicherte Teilzeitstellen entstanden. Zudem erscheine es „bedenklich“, dass auch so viele atypische Stellen entstehen würden.

Quellen: Der Tagesspiegel vom 30.05.2011
      FR-online vom 31.05.2011
      Zeit Online vom 31.05.2011