23/03/2013:
Anteil der Niedriglohn-Tarifverträge geht auf 11 Prozent zurück

Auch Tarifverträge schützen nicht immer vor Niedriglohnbeschäftigung. Zumindest aber ist die Zahl der tariflichen Vergütungsgruppen mit Löhnen unter 8,50 Euro in den vergangenen anderthalb Jahren weiter zurückgegangen. Dies geht aus einer Auswertung des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) hervor.

Nach Angaben der HBS habe das WSI-Tarifarchiv rund 4.700 Vergütungsgruppen aus 41 Branchen und Wirtschaftszweigen untersucht. Danach seien im Dezember 2012 in 528 Vergütungsgruppen bzw. 11 Prozent der Vergütungsvereinbarungen Stundenlöhne von weniger als 8,50 Euro vorgesehen gewesen. Im September 2011 habe dieser Anteil noch bei 13 Prozent, im März 2010 bei 16 Prozent gelegen. Immerhin sechs Prozent aller Gruppen sähen aber noch Einstiegslöhne unter 7,50 Euro vor.

Wie die Untersuchung weiter zeige, seien tarifliche Niedriglöhne in etwa einem Dutzend Wirtschaftszweigen relativ weit verbreitet. Dazu zählten verschiedene Handwerks- und Dienstleistungsbranchen sowie die Landwirtschaft. Dies seien Wirtschaftsbereiche, in denen es oft viele kleine Betriebe und relativ wenig organisierte Beschäftigte gebe. Niedrige Tarifvergütungen fänden sich häufig auch in älteren Tarifverträgen, die die Gewerkschaften seit einer Reihe von Jahren nicht durch neue, bessere hätten ersetzen können.

Die Zeitung neues deutschland verwies darauf, dass nur noch knapp 60 Prozent aller regulär Beschäftigten im Geltungsbereich von Tarifverträgen arbeiteten. Das WSI gehe davon aus, dass 6,8 Millionen regulär Beschäftigte Stundenlöhne von unter 8,50 Euro erhielten (vgl. 26.07.2012). Dazu kämen Minijobs, Werkverträge und andere prekäre Arbeitsformen, die in der Statistik nicht enthalten seien.

Quellen:
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 22.03.2013

neues deutschland vom 23.03.2013

Weiterlesen:
Bispinck, R./ WSI-Tarifarchiv (2013): Tarifliche Vergütungsgruppen im Niedriglohnbereich 2012: Eine Untersuchung in 41 Wirtschaftszweigen. In: Elemente qualitativer Tarifpolitik, Nr. 75, Düsseldorf.