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Presseinformation: Postkoloniale Perspektiven auf Pflanzen im Georg-Forster-Herbarium

Nr. 93 - 11.07.2022

Tiny Unpredictable Material Objects: neue Sonderausstellung im Forum Wissen ab 14. Juli 2022

 

(pug) Vor genau 250 Jahren brach die Resolution unter James Cook zur zweiten Weltumsegelung (1772 bis 1775) auf. Zu diesem Anlass zeigt die Sonderausstellung „Tiny Unpredictable Material Objects“ vom 14. Juli bis zum 14. Oktober 2022 im „Freiraum“ des Forum Wissen erstmals südpazifische Pflanzenbelege, die Georg Forster 1788 der Universität Göttingen schenkte. Als 17-jähriger Zeichner begleitete Forster seinen Vater, den Naturforscher Johann Reinhold Forster, und veröffentlichte danach die berühmte Reise um die Welt. Er war nicht nur Reiseautor, Kulturanthropologe und Mainzer Revolutionär, sondern beschäftigte sich zeitlebens mit seinen botanischen Sammlungen.

 

Während Objekte aus dem kulturellen Erbe der Weltreisen, wie das Federbildnis eines hawaiianischen Kriegsgottes, vielen bekannt sind, weiß die Öffentlichkeit bislang wenig über das Georg-Forster-Herbarium. Forsters botanische Präparate, Zeichnungen und Publikationen folgten den Standards der Botanik, die im 18. Jahrhundert zur Wissenschaft wurde. Und sie verweisen auf das „indigene“ Wissen, das dabei überschrieben wurde. Denn ohne die Akteurinnen und Akteure und das Wissen der ozeanischen Gesellschaften wären die Reisen und Sammlungen nicht zu realisieren gewesen.

 

Anhand von drei Pflanzenarten beleuchtet die Ausstellung die botanischen Sammlungs- und Dokumentationspraktiken und hinterfragt die gängigen Erzählungen über die Reisen und Wissenschaften in der europäischen Aufklärung. Dazu zählen die Narrative der Entdeckung, Welterkundung, Forschungsreise und Sammlung. Die von Susanne Wernsing kuratierte Ausstellung reflektiert die Pflanzenbelege hingegen als koloniale Objekte im Kontext der europäischen Expansion, hegemonialer Wissensproduktion und ökonomischer Ausbeutung weltweiter Naturressourcen. Sie zeigt künstlerische Positionen von Sonya Schönberger und Khadija von Zinnenburg Carroll. Diese schlagen den Bogen zu aktueller Forschung am Breadfruit Institute Hawai’i und zu Protesten gegen die Jubiläumsfeiern der Expeditionen in Neuseeland 2019. Zudem ist die Intervention einer Arbeitsgruppe von Göttingen postkolonial und Witzenhausen postkolonial zu sehen.

 

Die Ausstellung ist das Ergebnis des Teilprojekts „Sammeln erforschen“ an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin in Kooperation mit der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen. Das Forschungsprojekt wurde von der VolkswagenStiftung gefördert.

 

Die Sonderausstellung wird am Mittwoch, 13. Juli 2022, um 17 Uhr im Vestibül des Forum Wissen eröffnet. Zur Eröffnung sprechen die Kuratorin Susanne Wernsing, die Leiterin des Forum Wissen Dr. Marie Luisa Allemeyer, die Museologin Prof. Dr. Susan Kamel von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sowie Dr. Annabella Hüfler-Fick von der VolkswagenStiftung. Auch die Künstlerinnen Sonya Schönberger und Khadija von Zinnenburg Carroll werden bei der Eröffnung anwesend sein. Alle Interessierten sind zur Ausstellungseröffnung herzlich eingeladen.