Presseinformation: Zwischen Artenvielfalt, Aufwand und Anerkennung
Nr. 124 - 15.08.2025
Forschungsteam untersucht Perspektiven und Herausforderungen von Beweidung im Wald
(pug) Die Pflege wertvoller Kulturlandschaften durch Beweidung erfreut sich wachsender Beliebtheit – nicht nur in Heiden oder Dünen, sondern zunehmend auch im Wald. Während Waldweiden früher wirtschaftlich notwendig waren, dienen sie heute in erster Linie dem Erhalt und der Wiederherstellung biologischer Vielfalt. Ein Forschungsteam der Universitäten Göttingen und Kassel und der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen hat Tierhalterinnen und -halter in Niedersachsen und Hessen nach Motivation, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven im Hinblick auf Waldbeweidung befragt. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Naturschutz und Landschaftsplanung erschienen.
Seit der Aufgabe traditioneller Waldweiden im 19. Jahrhundert sind sowohl Wissen als auch Flächen zurückgegangen, sodass viele der letzten Hutewälder heute von vollständiger Vernichtung bedroht sind. In mehreren Bundesländern gibt es Waldweideprojekte, bei denen landwirtschaftliche Betriebe die Beweidung übernehmen. Im Landkreis Göttingen sind beispielsweise Teile des Bramwalds oder des Kaufunger Walds als historische Hutewälder ausgewiesen. Das Forschungsteam hat nun zwölf aktive Tierhalterinnen und -halter befragt, warum sie sich an solchen Projekten beteiligen, vor welchen Herausforderungen sie stehen und wie sie die Zukunft der Waldbeweidung einschätzen.
„Die größte Motivation für die meisten Befragten ist der Naturschutz, gefolgt von persönlichem Interesse, dem Erhalt kulturhistorischer Landnutzungsformen und einer besseren Produktvermarktung durch mediale Aufmerksamkeit“, erläutert Erstautorin Louise Tielkes von der Universität Göttingen. Die größten Herausforderungen sind die geringe finanzielle Rentabilität – insbesondere die hohen Erstinvestitionskosten, der hohe Arbeitsaufwand sowie mangelnde Kommunikation und Abstimmung zwischen den beteiligten Akteuren. „Eine Waldweide mit eigenen Mitteln zu finanzieren ist für Landwirte aufgrund der hohen Erstinvestitionen und der gesetzlichen Lage nur schwer möglich“, erklärt Dario Wolbeck von der NW-FVA.
Viele Befragte wünschen sich außerdem mehr Anerkennung in der Agrarpolitik und die Möglichkeit, für solche Projekte Flächen- und Agrarumweltprämien beantragen zu können, darüber hinaus weniger Bürokratie und eine frühere Einbeziehung in die Planung. Trotz dieser Herausforderungen gaben fast alle an, dass sie die Zukunft ihres eigenen Projekts und die Waldbeweidung im Allgemeinen positiv sehen. Eine weitere Barriere sehen die Befragten in den starren Pflege- und Entwicklungsplänen, die wenig Raum für praktisches Ausprobieren lassen. „Um die Attraktivität und Akzeptanz von Waldweideprojekten zu erhöhen, sind Praxisleitfäden und eine bessere Vernetzungsarbeit notwendig“, so Prof. Dr. Tobias Plieninger, Leiter des Fachgebiets „Sozial-ökologische Interaktionen in Agrarsystemen“ an den Universitäten Göttingen und Kassel.
Originalveröffentlichung: Louise Tielkes et al. (2025) Ziele, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven von Beweidungsprojekten im Wald. Naturschutz und Landschaftsplanung. DOI: 10.1399/NuL.150551.
Kontakt:
Louise Tielkes
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Lehrstuhl für Sozial-Ökologische Interaktionen in Agrarsystemen
E-Mail: louise.tielkes@stud.uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/573702.html
Projekt-Webseite: www.dbu.de/projektdatenbank/38031-01/