In publica commoda

Leitbild für die Georg-August-Universität Göttingen

Präambel

IN PUBLICA COMMODA - ZUM WOHLE ALLER heißt es auf der Stiftungsmedaille der Georgia Augusta. Gegründet im Zeitalter der Aufklärung (1737) und deren kritischem Geist verpflichtet, war sie eine der ersten Universitäten Europas, die das Aufsichtsrecht der Theologie beseitigten und die Gleichberechtigung aller Fakultäten durchsetzten. Ihre Konzentration auf die Grundlagenforschung, ihre Orientierung an der Quellenkritik und am Experiment erwiesen sich als entscheidende Voraussetzungen für die Entwicklung der modernen Geistes- und Naturwissenschaften, die von der Georgia Augusta maßgeblich beeinflusst worden ist.

Wissenschaftlicher Pragmatismus und Realitätssinn, dazu ein waches Bewusstsein für die gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft prägen die Geschichte der Georg-August-Universität bis in die Gegenwart. In dieser Tradition, zu der die "Göttinger Sieben" (1837) ebenso beitrugen wie Max Born, Otto Hahn, Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker mit der von ihnen initiierten Göttinger Erklärung für einen Verzicht auf Atomwaffen jeder Art (1957), definiert die Georgia Augusta heute ihr Selbstverständnis und ihren Auftrag. In Erinnerung an das dunkelste Kapitel ihrer Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus fühlt sie sich verpflichtet, ihre Kräfte für die Gestaltung einer humanen, toleranten und friedlichen Welt einzusetzen.


Selbstverständnis

Die Georg-August-Universität weiß sich in der Gemeinschaft der Wissenschaften den international bedeutenden Forschungsuniversitäten verbunden. Sie dient in Forschung und Lehre, Studium und Weiterbildung den Zielen,

  • überlieferte Erkenntnis kritisch zu bewahren, nutzbar zu machen und durch hervorragende Lehre weiterzugeben an die folgenden Generationen;
  • neues Wissen zu gewinnen in allen Disziplinen, auch über deren herkömmliche Grenzen hinweg;
  • die Studierenden zu verantwortlichem Handeln in den Wissenschaften wie in allen Bereichen des kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Lebens zu befähigen.


In ihrer Tradition als führende Universität der Aufklärung bekennt sich die Georg-August-Universität zu ihrer Verpflichtung,

  • Forschung und Lehre zu deren wechselseitiger Belebung in enger Verbindung zu halten;
  • die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen der Zeit in kritischer Reflexion zu berücksichtigen;
  • dabei ihre Forschungsfreiheit und die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Lehre zu erhalten und zu verteidigen.


Die Georg-August-Universität versteht sich als eine Quelle fruchtbarer Innovationen für alle Lebensbereiche. Sie betrachtet es als ihre Aufgabe,

  • mit anderen Wissenschaftseinrichtungen in Forschung und Lehre zusammenzuarbeiten;
  • ihre Forschungsergebnisse zu veröffentlichen und deren Nutzung zu fördern;
  • ihr regionales Umfeld verantwortlich mitzugestalten.


Die Georg-August-Universität

  • will zur Verwirklichung der Gleichberechtigung und zur Überwindung aller dem entgegenstehenden geschlechtsbedingten, ethnischen, kulturellen, sozialen und religiösen Benachteiligungen beitragen;
  • verpflichtet sich, streng auf die Einhaltung der ethischen Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis zu achten;
  • unterrichtet die Öffentlichkeit über die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und strebt einen offenen Austausch über die Ergebnisse ihrer Arbeit an.



Ziele und Mittel

Die Georg-August-Universität will mit ihren Leistungen in Forschung und Lehre ihr internationales Ansehen mehren, indem sie sich auf ihre besonderen Stärken konzentriert:

  • Internationalität - Erhöhung ihrer Anziehungskraft für ausländische Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und Studierende; Ausbau internationaler Netzwerke und Partnerschaften zur Förderung von Forschung und wissenschaftlichem Nachwuchs;
  • Forschungsorientiertes Lehren und Lernen - Entwicklung von forschungsbezogenen Studienprogrammen und berufsbezogenen Ausbildungs- und Fortbildungsangeboten, von Graduiertenschulen und von Nachwuchsgruppen für selbständig forschende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler;
  • Interdisziplinarität und Vielfalt - Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Geistes-, Gesellschafts-, Natur- und Lebenswissenschaften und Erhalt der Fächervielfalt im Interesse zukunftsgestaltender Problemlösungen;
  • Autonomie - Stärkung der Eigenverantwortung der Stiftungsuniversität, ihrer Gremien, Fakultäten und Institutionen;
  • Kooperation mit außeruniversitären Einrichtungen - Erweiterung und Institutionalisierung der Zusammenarbeit mit den dafür geeigneten Forschungseinrichtungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.



Zivilklausel

Die Universität bekennt sich zum Frieden und zur Gerechtigkeit in der Welt. Die Universität und die in ihr tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind bestrebt, durch Forschung und Lehre dem Frieden der Welt zu dienen. Sie sind bei ihrem Handeln in Verantwortung für die Gesellschaft den der Wissenschaft immanenten ethischen Grundsätzen verpflichtet.

Göttingen im Juli 2006, Ergänzung der Zivilklausel durch Beschluss des Senats vom 13. Februar 2013