Volker Harm (Göttingen): Funktionsverbgefüge zwischen Phraseologie und Grammatik

Funktionsverbgefüge - Verbindungen wie zur Aufführung bringen, Antwort geben, zur Anwendung kommen, Angst haben - sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Sie stellen das wohl einzige sprachliche Phänomen dar, das sowohl in den Grammatiken als auch den phraseologischen Handbüchern des Deutschen ausführlich behandelt wird; ihre sprachliche Funktion ist unklar, da ihnen meist einfache Verben gegenüberstehen, die den jeweiligen Sachverhalt ökonomischer ausdrücken (aufführen, antworten, sich fürchten), und auch eine allgemein anerkannte Definition dieser Klasse steht nach mehr als vierzig Jahren Forschung noch aus. In dem Vortrag soll zunächst eine Begriffsbestimmung unternommen werden. Diese geht im Unterschied zu den bisher geläufigen Ansätzen nicht von der Funktion des Verbs aus, sondern nimmt den Bedeutungsaufbau der gesamten Fügung in den Blick. Im Anschluss daran wird die Frage behandelt, ob die Kombination von Verb und Nomen in FVG in irgendeiner Weise zu beschränken ist. Während traditionelle Beschreibungen meist davon ausgehen, dass die Kombination arbiträr ist, wird hier gezeigt, dass es Regeln für die Verbindung von Nomen und Verb in FVG gibt. FVG sind daher nicht als Idiome zu klassifizieren. Dieser Befund wird durch Beobachtungen zu grammatischen Besonderheiten von FVG gestützt. Auch hier kann nachgewiesen werden, dass das oft als idiosynkratisch beschriebene Verhalten von FVG beim Artikelgebrauch, bei der Attribuierung des Nomens sowie bei der Topikalisierung einer eingebetteten PP grundsätzlich regelhaft ist. Aufbauend auf der Erkenntnis, das FVG regulärer sind, als vielfach angenommen, wird abschließend versucht, die Position von FVG innerhalb des Sprachsystems ansatzweise zu bestimmen.