Der Forschungsschwerpunkt „Globalisierung und institutioneller Wandel“ beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Globalisierungsprozessen auf die Entwicklungsdynamiken gesellschaftlicher Institutionalisierungsprozesse bzw. Institutionen in verschiedenen Regionen der Welt.


Forschungsfelder

Ein erstes Forschungsfeld ist die Veränderung von Produktions- und Innovationsmodellen im internationalen Vergleich. Hier wird nach der Emergenz institutioneller Ordnungen gefragt, die neue Formen unternehmens- und länderübergreifender Kooperation in den Feldern des politischen und wirtschaftlichen Handelns ermöglichen. Forschungsprojekte untersuchen globale Kooperationsformen in der Wissensproduktion (z.B. im Bereich digitaler Produkte und Dienstleistungen sowie von Think Tanks) und fragen, wie wirtschaftliche und politische Akteure auf weltweit verteilte Wissensbestände zugreifen. Daneben werden auch lokale Mikroprozesse globaler Verflechtung in unterschiedlichen regionalen Kontexten untersucht. Auf der Meso-Ebene wird erforscht, wie Organisationen der Wissensproduktion über transnationale Diskurskonstellationen diese Prozesse begleiten.

Ein zweites Forschungsfeld beschäftigt sich mit der Veränderung nationalstaatlich gerahmter institutioneller Ordnungen unter dem Einfluss wirtschaftlicher, politischer, rechtlicher und kultureller Globalisierungsprozesse. International komparativ angelegte Projekte fokussieren dabei auf langfristige transformative Effekte von kleinschrittigen Prozessen institutionellen Wandels in den Feldern der Finanzmarktinstitutionen, der industriellen Beziehungen und des Urheberrechts. Komplementär zu diesen politisch-ökonomischen Forschungsfeldern wird auch der institutionelle Wandel von Sozial- und Arbeitspolitik, der politischen Regulierung der Informationsgesellschaft, von Wohlfahrtsregimen und konstitutionellen Demokratien untersucht. Mit dieser Forschung wollen die Göttinger Sozialwissenschaften Beiträge zur neueren institutionentheoretischen Debatte leisten.

Ein drittes Forschungsfeld betrifft die Entstehung neuer nationalstaatlicher Ordnungsmuster und deren Effekte für die Dynamik von Globalisierung und institutionellem Wandel. Im Zentrum der Untersuchung stehen dabei vor allem die „emerging economies“ Chinas und Indiens, deren institutionelle Ordnungen sich den bekannten „varieties of capitalism“ nicht zuordnen lassen. Forschungsprojekte sollen sich mit den institutionellen Spezifika dieser Ordnungen, ihren kulturellen Hintergründen und wirtschaftlichen Effekten befassen und damit die Diskussion um die „varieties of capitalism“ um bislang unberücksichtigte Faktoren und Dynamiken erweitern.

Ein viertes Forschungsfeld befasst sich mit den Auswirkungen der Makroprozesse wirtschaftlicher Globalisierung auf die Mikroebene der Lebensläufe von Individuen und damit einhergehenden sozialen Ungleichheitsstrukturen. Im Fokus steht dabei die ländervergleichende Untersuchung kritischer Phasen und Übergänge des Erwerbsverlaufs wie des Einstiegs in den Arbeitsmarkt, wodurch Bezüge zu einem weiteren Forschungsschwerpunkt der Fakultät, der „Bildungsforschung“, geschaffen werden. Darüber hinaus wird gefragt, wie Individuen die neuen Risiken und Instabilitäten in den Erwerbsverläufen be- und verarbeiten und welche Auswirkungen diese auf andere Lebensbereiche (z.B. Partnerschaft und Familie) haben.

Ein fünftes Forschungsfeld widmet sich aus der Mikroperspektive der Situations-, Fall- und Gesprächsanalyse mit komplexen Aushandlungsprozessen zwischen kulturell und sozial diversen Interessengruppen, die im Kontext von Entwicklungsprozessen in Afrika und Asien sowie im Pazifikraum aufeinandertreffen. Im Fokus steht einerseits das Problem des kollektiven Handelns im Zusammenspiel zwischen teils über Generationen tradierten und lokalen Institutionen und teils neuen und von außen herangetragenen Institutionen. Andererseits geht es um Prozesse der kreativen Adaption und Innovation, die angesichts globaler Entwicklungen auf lokaler und regionaler Ebene angestoßen werden.