Timing und Valenzumkehr: Welche individuellen dopaminergen Eingangsneurone in den Pilzkörper sind hinreichend?

Belohnung zu erhalten und Bestrafung zu vermeiden, sind wirkmächtige Ziele menschlichen und tierischen Verhaltens. Zu diesem Zweck haben Mensch und Tier Mechanismen entwickelt um das Auftreten von Belohnungen beziehungsweise von Bestrafungen vorherzusagen. Diese Mechanismen wurden intensiv erforscht und sind mittlerweile im Prinzip gut verstanden. Es wird allerdings üblicherweise die gesamte Kehrseite der Lernprozesse über Belohnungen und Bestrafungen nicht berücksichtigt. Nämlich ist es gleichermaßen entscheidend Reize zu erlernen welche den Verlust einer Belohnung oder das Aussetzen einer Bestrafung vorhersagen! Tatsächlich fühlt es sich gut an eine Belohnung zu erhalten, aber es ist unangenehm wenn sie wieder entzogen wird. Entsprechend werden Reize die mit dem Erhalt oder dem Verlust von Belohnungen verknüpft sind als positiv oder negativ gelernt. Und auch für Bestrafungen gilt: bestraft zu werden ist unmittelbar schlecht, aber es ist "schön wenn der Schmerz nachlässt". Diese sogenannte Valenzumkehr ist eine grundlegende Eigenschaft der Verarbeitung von Belohnung und Bestrafung- aber ihre neurobiologischen Mechanismen sind bisher völlig unzureichend verstanden.Da dopaminerge Neurone im gesamten Tierreich, einschließlich des Menschen, eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Belohnungen und Bestrafungen spielen, wollen wir die einmaligen experimentellen Möglichkeiten des einfachen Nervensystems der Taufliege Drosophila ausnutzen um die Rolle einzelner, identifizierter Dopaminneurone bei der Valenzumkehr zu untersuchen. So wollen wir verstehen wie ein und derselbe Erlebnis zwei gegensätzliche Gedächtnisse bewirken kann – nämlich für Reize welche ihm vorausgehen, oder welche mit seinem Ende verknüpft sind. Zu diesem Zweck kombinieren wir hochauflösende Verhaltensexperimente mit Methoden der Optogenetik und unseren neuesten Befunden zum synaptischen Konnektom des Lernzentrums im Gehirn der Drosophila, dem sogenannten Pilzkörper.