Bericht zum Thementag „Spracharbeit – zwischen Abgrenzung und Anbahnung“ am 06.12.2018

Schlözer Programm Lehrer*innenbildung, Handlungsbereich „Diversität gerecht werden“


Am Donnerstag, den 6.12.2018 fand im Rahmen des Schlözer Programm Lehrer*innenbildung ein Thementag des Handlungsbereichs „Diversität gerecht werden“ unter dem Titel „Spracharbeit – zwischen Abgrenzung und Anbahnung“ statt. An der Veranstaltung nahmen 28 Dozierende, Studierende, Seminarleiter*innen und Lehrkräfte teil. Dafür sah das Programm zwei Vorträge und zwei parallele Workshops sowie zusammenführende Diskussionen vor.

In der Begrüßung führte Prof. Dr. Christoph Bräuer (Georg-August-Universität Göttingen) mit den Fragen nach möglichen Inklusions- und Exklusionsprozessen im Rahmen konkreter Spracharbeit im Unterricht in den Tag ein. Der Fokus sollte damit auf die Frage gelegt werden, wie sprachliche Differenzen z. B. zwischen konzeptioneller Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Unterrichtsdiskurs markiert und bearbeitet werden und welche Formen der Ein- und Abgrenzung dieses nach sich zieht. Die zwei folgenden Vorträge warfen eine theoretische und empirische Perspektive auf diese Fragen.

Zunächst nahm Prof. Dr. Thorsten Pohl von der Universität zu Köln in seinem Vortrag mit dem Titel „Zur Epistemisierung des Unterrichtsdiskurses und ihren sprachlichen Implikationen“ eine Entwicklungsperspektive auf Spracharbeit im Unterrichtsdiskurs ein. Dabei führte er Epistemisierung als eine Entwicklungsbewegung aus, bei der erkanntes Wissen in der Schulzeit mehr und mehr zu abstrahiertem, systematisierten und intersubjektiv ausgehandeltem Wissen wird. Dieses zeige sich im Unterrichtsdiskurs auf der sprachlichen Oberfläche in einer über die Jahrgangsstufen hinweg funktional komplexer werdenden Sprache. Dazu stellte Prof. Dr. Pohl Untersuchungsergebnisse vor, die den Komplexitätsanstieg von Lehrer*innensprache, Lehrbuchtexten, aber auch Schüler*innensprache zeigten. Auf dieser Basis wurden erste altersspezifische epistemische Profile entwickelt, die auch mit sprachlichen Exklusionsprozessen einhergehen könnten.

Im zweiten Vortrag lenkte Prof. Dr. Inga Harren von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg den Blick auf „Unterrichtsgespräche als Orte sprachlicher Aushandlung und Vermittlung“. Ausgehend von konversationsanalytischen Beschreibungen von kommunikativem Handeln im Unterricht thematisierte sie Reparaturen als Gelegenheiten sprachlichen Lernens. Dabei stellte sie anhand von Transkriptbeispielen sowohl nicht-elizitierende Verfahren wie Korrekturen als auch elizitierende Verfahren wie Fragen als Möglichkeiten vor, die sprachliche Entwicklung von Schüler*innen in Bezug auf die Explizitheit und Präzision von der Ebene der Lexik, über Syntagma und bis zur Diskursebene zu unterstützen.

In der anschließenden Diskussion wurde schulische sprachliche Sozialisation als Kontinuum zwischen Anbahnung und Abgrenzung diskutiert. Am Nachmittag warfen nach einer Einführung von Dr. Astrid Biele Mefebue (Georg-August-Universität Göttingen) zwei parallele Workshops eine praktische Perspektive auf bestimmte Aspekte der Arbeit an und mit Sprache im Unterricht.

Im Workshop zu „Gendersensiblen Sprachgebrauch lehren und lernen“ stellte Melanie Bittner Rahmen und mögliche Formen der Umsetzung eines gendersensiblen Sprachgebrauchs vor. Daraufhin diskutierten die Teilnehmenden über Vor- und Nachteile bestimmter Sprachformen sowie Grenzen eines solchen Sprachgebrauchs und entwickelten Begründungsmöglichkeiten. Die Diskussion über die Bedeutung und den Sinn gendersensiblen Sprachgebrauchs wurde auch in der Abschlussdiskussion mit allen Teilnehmenden weitergeführt.

Im zweiten Workshop mit dem Titel „Geschichte schreiben? Methodische Zugänge zur Schreibförderung im Sprachsensiblen Geschichtsunterricht“ lenkte Dr. Martin Schlutow von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster den Blick auf sprachliche und fachliche Herausforderungen des Schreibens im Geschichtsunterricht. Daran anschließend wurden konkrete Möglichkeiten der Schreibförderung materialgestützt vorgestellt und diskutiert.
Der Tag endete mit einer Abschlussdiskussion, in der nicht nur die Ergebnisse der Workshoparbeiten zusammengefasst, sondern auch gemeinsame Perspektiven diskutiert wurden. Auf Basis der Auswertung des Tages vom Projektteam flossen die Ergebnisse in die Weiterentwicklung und Konzeption des Handlungsbereichs „Diversität gerecht werden“ innerhalb der zweiten Phase des Schlözer Programm Lehrer*innenbildung ein.


Bericht: Delia Hülsmann