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Presseinformation: Steuerung chemischer Reaktionen in Enzymen

Nr. 202 - 15.12.2025

VolkswagenStiftung fördert Verbundprojekt unter Göttinger Leitung mit knapp zwei Millionen Euro

 

(pug) Die VolkswagenStiftung fördert ein neues Forschungsprojekt in der Chemie mit Beteiligung der Universität Göttingen, des Max-Planck-Instituts für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI-NAT) in Göttingen und der Universität Hamburg. Mit insgesamt knapp zwei Millionen Euro in fünf Jahren möchte die Stiftung über das Förderangebot „NEXT – Quantum Biology“ interdisziplinäre Teams stärken, die neue methodische Ansätze entwickeln, um Quanteneffekte in biologischen Systemen experimentell und theoretisch zugänglich zu machen. Das Projekt adressiert eine grundlegende Frage der Naturwissenschaften: Wie gelingt Enzymen – den hocheffizienten Katalysatoren der Natur – nahezu perfekte Präzision und Effizienz?

 

„Wir möchten herausfinden, wie Enzyme elektrische Felder nutzen, um chemische Reaktionen schnell, selektiv und unter milden Bedingungen zu steuern“, erklärt Projektsprecher Prof. Dr. Ricardo Mata von der Universität Göttingen. Während technische Prozesse häufig extreme Temperaturen oder hohen Druck erfordern, arbeiten Enzyme effizient und nachhaltig in wässriger Lösung bei Körpertemperatur. Ziel des Forschungsprojekts ist ein vertieftes Verständnis enzymatischer Reaktionen, das langfristig Entwicklungen in der Chemie, den Materialwissenschaften und der Medizin unterstützen soll.

 

Durch die Kombination modernster Röntgendaten mit fortschrittlichen quantenchemischen Modellen schlägt das Team eine Brücke zwischen Strukturbiologie und Quantenphysik. Mata und Dr. Marti Gimferrer von der Fakultät für Chemie der Universität Göttingen werden neue quantenchemische Modelle entwickeln, um elektronische Strukturen und Eigenschaften zu beschreiben. Parallel dazu bringen Jun.-Prof. Dr. Anna Krawczuk, ebenfalls Fakultät für Chemie, Dr. Ashwin Chari vom MPI-NAT und Prof. Dr. Arwen Pearson von der Universität Hamburg modernste Röntgenkristallografie und zeitaufgelöste Strukturmethoden ein. Experimentelle und theoretische Ansätze sind so eng verzahnt, um die Rolle lokaler elektrischer Felder in Enzymen präzise abzubilden und ihre Funktion im Reaktionsgeschehen sichtbar zu machen.

 

„Mithilfe einer neuartigen Kombination aus Röntgenkristallografie und quantenchemischen Simulationen wollen wir aufdecken, wie Enzyme die elektronische Struktur einzelner Moleküle modulieren“, erklärt Mata. Ein zentraler Baustein ist dabei ein neues Modell zur Beschreibung von Atomladungen. Es wird gemeinsam mit hochaufgelösten Enzymstrukturen eingesetzt, um katalytisch relevante Zustände und die feine Abstimmung elektronischer und protonischer Bewegungen zu charakterisieren. Zeitaufgelöste Experimente sollen darüber hinaus die Dynamik während des Reaktionsverlaufs erfassen. „Wenn elektrische Felder von Enzymen gezielt genutzt werden, könnte dies zu neuen Biokatalysatoren für eine nachhaltige Chemie führen oder die Wirkstoffentwicklung voranbringen“, ergänzt Chari.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Ricardo Mata

Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Chemie

Institut für Physikalische Chemie

Tammannstraße 6, 37077 Göttingen

Telefon: (0551) 39-23149

E-Mail: mata@gwdg.de

Internet: www.cchembio.uni-goettingen.de