Einfluss der Beweidung mit Fleischrindern auf die Biodiversität von Grasland

Zielsetzung
Die Bedeutung des Graslandes in Deutschland für die Ernährung von Milchkühen ist in den letzten Jahren rückläufig. In vielen Grünlandregionen vor allem der Mittelgebirgslagen gehen die Bestände an Milchkühen zurück. Für die Nutzung des durch diesen Prozess freiwerdenden Graslandes eignet sich die Fleischrinderhaltung. Für diese vergleichsweise extensive Form der Rinderhaltung ist eine intensive Grünlandwirtschaft mit hohen Düngemittelaufwendungen sowie intensiven Pflege- und Regenerationsmaßnahmen nicht mehr rentabel. Eine kostengünstigere und extensivere Bewirtschaftung bietet sich daher an. Damit eröffnen sich Chancen, dass die im Zuge der allgemeinen Intensivierung der Graslandwirtschaft in den 60er, 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verlorengegangene Pflanzenartenvielfalt wieder regeneriert werden könnte. Die Wiederentwicklung artenreicheren Graslandes ist aber mit Schwierigkeiten verbunden und verläuft nicht so schnell und geradlinig wie der umgekehrte Prozess der Artenverarmung durch Intensivierung. Es liegen Hinweise dafür vor, dass durch extensive Weidewirtschaft am besten artenreichere Bestände wiederentwickelt und erhalten werden können. Gelänge es, durch extensive Weideverfahren mit Fleischrindern eine gewisse agronomische Leistungsfähigkeit zu erhalten und gleichzeitig die Biodiversität des Graslandes zu erhöhen, dann könnte die Rentabilität der Fleischrinderhaltung zukünftig durch naturschützerisch motivierte Transferleistungen an die Landwirte verbessert werden. Für eine adäquate Ausgestaltung geeigneter Weidesysteme liegen entsprechende Erfahrungen noch nicht vor. Von 2002 bis 2004 wurde ein von der EU geförderten Verbundprojektes einer internationalen Forschergruppe durchgeführt, dessen Ziel es war, extensive Weidesysteme einzuführen, ihre Leistungsfähigkeit im Hinblick auf agronomische und naturschützerische Merkmale zu analysieren, und Perspektiven für die Umsetzung in die Praxis zu eruieren. Da die Prozesse, die zur Erhöhung der Biodiversität führen, langfristiger sind, wird diese Studie fortgeführt. Außerdem wird das Exkretionsverhalten der Rinder und dessen Einfluss auf Biodiversität und Nährstoffhaushalte der Weide untersucht, um Voraussagen über die Entwicklung der Biodiversität machen zu können.


Versuchsprogramm
Zur Klärung der Versuchsfrage wurde auf der Versuchsfläche Scharfenberg ein Weideversuch mit wachsenden Fleischrindern der Rasse Fleckvieh angelegt. Die Fläche wird als Standweide mit Beweidung in den Sommermonaten (Mai bis Oktober) geführt. Die grundsätzliche Bewirtschaftung der Fläche ist extensiv, d.h. es werden keine Düngemittel und keine Pestizide angewendet. Bei dreifacher Wiederholung der Versuchsglieder werden die folgenden Varianten geprüft:
1. Orientierung des Weidemanagements an einem hohen agronomischen Output.
2. Extensive Beweidung zur Erreichung einer hohen Biodiversität
3. Minimale Beweidung zur Erreichung einer hohen Biodiversität.
Bei dem produktionsorientierten Weidesystem wird ein höherer Tierbesatz verwendet und es wird über die Weidesaison eine Narbenhöhe von 6 cm vorgegeben. Bei dem System mit extensiver Beweidung wird mit einer geringeren Tierzahl geweidet und die Zielnarbenhöhe beträgt 12 cm. Bei dem System ‚Minimale Beweidung’ ist die Tierzahl weiter reduziert; die Zielnarbenhöhe beträgt 18 cm. Die Narbenhöhe wird während der Weidesaison in regelmäßigen Abständen überprüft, und nach dem Put-and-Take-System werden erforderlichenfalls Tiere von den Versuchsparzellen abgetrieben bzw. zusätzliche Tiere eingestellt. Die Größe einer einzelnen Weideparzelle beträgt 1 ha, daraus ergibt sich eine reine Versuchsfläche von 9 ha. Zusätzlich werden um die Versuchsparzellen herum ca. 6 ha Weidefläche als Puffer für nicht auf den Parzellen grasende Tiere genutzt.


Zielgrößen
Im Rahmen des Versuches werden kontinuierliche Erhebungen zu agronomischen Leistungsmerkmalen sowie zur Biodiversität gemacht. Die Nettoweideleistung wird durch kontinuierliche Verwiegung der Weidetiere und die Bestimmung der Lebendmassezunahmen ermittelt. Dies erfolgt mit einem automatischen Verwiegesystem, das auf der Versuchsfläche installiert ist. Ertrag und Qualität des auf der Weide angebotenen Futters wird durch regelmäßig wiederholte Probeschnitte und Qualitätsanalysen im Labor erhoben. Die Struktur der Grasnarbe, d.h. die botanische Zusammensetzung, die Dichte der Narbe und die Variabilität der Narbenhöhe wird wiederholt während einer Weidesaison festgestellt. Die strukturelle Diversität der Grasnarbe gilt als ein kurzfristig zu ermittelndes Maß für den Einfluss von Nutzungssystemen auf die Biodiversität. Bodenuntersuchungen geben Aufschluss über die Nährstoffverteilung und -entwicklung. Außerdem wird untersucht, ob Messungen von stabilen Stickstoffisotopen in Aufwuchs, Bodenproben oder Rinderschwanzhaaren Rückschlüsse auf Nährstoffbilanzen erlauben und inwieweit die Nährstoffbilanzen mit der Entwicklung der pflanzlichen Diversität zusammenhängen.