Vascular plant species richness at the landscape scale: Patterns and processes

Dissertation I. Schmiedel, betreut durch Dr. H Culmsee & Prof. Dr. E. Bergmeier

 

Projektlaufzeit

2009-2015

 

Kooperationspartner

Dr. Annemarie Schacherer (NLWKN), Dr. Marcus Schmidt (NW-FVA)

 

Zusammenfassung

Die auf verschiedenen Skalen-Ebenen heterogene Verteilung des Artenreichtums fasziniert Naturforscher und Biologen seit Jahrhunderten, so dass eine Vielzahl von Hypothesen zur Erklärung dieser Muster aufgestellt wurde. Es besteht breiter Konsens darüber, dass eine Vielzahl verschiedener Prozesse für die Variation des Artenreichtums verantwortlich ist. Je nachdem welche Taxa, welche Orte und welche räumlichen und zeitlichen Skalen betrachtet werden, wird den verschiedenen Faktoren dabei eine unterschiedlich große Bedeutung zugemessen. Umweltgradienten gelten in diesem Zusammenhang als die wichtigsten, den Artenreichtum bestimmende Faktoren. Da jedoch die Landschaften und damit Habitate der Arten weltweit und vor allem in Mitteleuropa stark anthropogen überprägt sind, sollte der auf den Artenreichtum wirkende Einfluss anthropogener Interventionen in diesem Zusammenhang nicht vernachlässigt werden. Die durch den Menschen und seine Aktivitäten verursachten Landnutzungsänderungen, eine steigende Landschaftsfragmentierung und -degradation sowie die Intensivierung der Landnutzung haben sich bereits im Verlust (halb-)natürlicher Landschaftselemente, dem Rückgang der
Biodiversität und der Verschlechterung von Ökosystemfunktionen niedergeschlagen; eine weitere Verschlechterung der Zustände wird vorhergesagt.

In diesem Zusammenhang dient die Ausweisung von Schutzgebieten vielfach dazu, den auf die Arten und ihre Habitate wirkenden Druck zu vermindern. Da die Lage dieser Gebiete jedoch häufig nicht auf Grundlage der Kenntnis über das Vorkommen von Arten bestimmt wurde, dürfte die Effektivität der  Schutzgebiete für den Artenschutz vielfach eingeschränkt sein.

Die vorliegende, die norddeutschen Bundesländer Niedersachsen und Bremen umfassende Arbeit untersucht 1.) die Muster des Artenreichtums der  Gefäßpflanzenarten in den beiden Ländern; 2.) die Effektivität des Schutzgebietsnetzwerks des norddeutschen Tieflands für den Schutz seltener und bedrohter Gefäßpflanzenarten und 3.) den Zusammenhang zwischen Mustern des Artenreichtums und den ihnen zugrundeliegenden Prozessen unter besonderer Berücksichtigung des anthropogenen Einflusses. Die Arbeit basiert auf einem umfangreichen, im Rahmen des Niedersächsischen Pflanzenartenerfassungsprogramms (NLWKN 1982-2003) erhobenen Datensatzes, der räumlich explizite Informationen zur Verbreitung aller in den Bundesländern vorkommenden Arten liefert. Die floristischen Daten wurden für die durchgeführten Analysen mit hochaufgelösten Daten zu Landbedeckung
und Umweltbedingungen kombiniert. Damit repräsentiert die vorliegende Arbeit die erste umfassende Auswertung des umfangreichen floristischen Datensatzes.

Für die Untersuchung der Muster des Gefäßpflanzenreichtums innerhalb der Untersuchungsregion wurden für die Gesamtzahl der Arten sowie für fünf auf Grundlage des floristischen Status’ und des Gefährdungsgrades der Arten zusammengestellte Untergruppen der Artenreichtum pro Landschaftseinheit (1.762 Messtischblatt-Quadranten à ca. 30 km2) berechnet. Der Artenreichtum aller Gruppen zeigte eine heterogene Verteilung in der Untersuchungsregion, wobei eine Zunahme der Artenzahlen von Nord nach Süd und zum Teil auch von West nach Ost erkennbar war. Die Zentren hoher Artenvielfalt der verschiedenen Gruppen korrelierten miteinander.

Die Analyse der Effektivität der Schutzgebiete für den Schutz der seltenen und bedrohten Gefäßpflanzenarten zeigte, dass die Artvorkommen im niedersächsischen Tiefland zu einem relativ hohen Anteil durch Naturschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Gebiete abgedeckt sind, wobei letztere Gebiete die erstgenannten sinnvoll ergänzten. Im Rahmen der Analyse konnte jedoch nicht untersucht werden, inwiefern sich der nachgewiesene effektive Gebietsschutz in einem effektiven Artenschutz niederschlägt.

Der anthropogene Einfluss auf die Landschaft der Untersuchungsregion wurde im Rahmen zweier separater Analysen untersucht, wobei der Zusammenhang
zwischen Artenreichtum und Landschaftsfragmentierung einerseits und dem Grad der Landschaftsmodifikation andererseits analysiert wurde. Die Landschaftsfragmentierung wurde in der vorliegenden Arbeit mittels des Landschaftsmaßes der 'Effektiven Maschenweite' (meff ; engl. Effective Mesh Size
Index) untersucht. Der Zusammenhang zwischen meff und dem Artenreichtum aller Gefäßpflanzenarten sowie fünf weiteren nach ihrem floristischen bzw. Gefährdungsstatus definierten Gruppen wurde mittels einer Varianzpartitionierung ermittelt, die die Effekte der Landschaftsfragmentierung von den durch Umweltvariablen und räumliche Autokorrelation der Daten verursachten Effekten separiert. Der Grad der Landschaftsfragmentierung erklärte einen signifikanten, jedoch unterschiedlich großen Anteil des Artenreichtums aller untersuchten Gruppen, wobei der stärkste Effekt für die Gruppe der Neophyten und der geringste für die Gruppe der seltenen und bedrohten Arten erkennbar waren.

Eine Cluster-Analyse auf Grundlage verschiedener, die Komposition und Konfiguration der Landschaft beschreibender Landschaftsmaße identifizierte für die Modellregion einen sechsstufigen 'Landschaftsmodifikations'-Gradienten. Dieser Gradient reichte von stark fragmentierten urbanen hin zu wenig fragmentierten Landschaften mit hohem Waldanteil. Der Gesamtartenreichtum sowie die Artenzahlen von sieben verschiedenen, nach ihrem floristischen Status, ihrer Gefährdung bzw. ihrer Habitat-Bindung bestimmten Artengruppen zeigten signifikante Unterschiede entlang des Gradienten. Die Gesamtartenzahl wie auch der Reichtum der indigenen, der bedrohten sowie der an Waldlebensräume und nährstoffarme Habitate gebundenen Arten
war jeweils an den Enden des Gradienten am höchsten. Der Reichtum der Neophyten sowie der an urbane Räume und nährstoffreiche Habitate gebundenen Arten nahm dagegen von den urbanen zu den wenig beeinflussten Landschaften hin ab.

Die im Rahmen der Arbeit erhaltenen Ergebnisse können zukünftig als Grundlage für naturschutzfachliche Planungen in der Untersuchungsregion dienen, indem sie die Ausweisung von für den Naturschutz relevante Landschaftsräume unterstützen. Sofern entsprechende, qualitativ mit denen der vorliegenden Arbeit vergleichbare Grundlagendaten vorliegen, eignen sich die im Rahmen der Arbeit angewendeten und entwickelten Methoden, um auf andere Regionen übertragen zu werden und auch dort naturschutzfachliche und landschaftsplanerische Prozesse zu unterstützen.

 

Das Projekt ist eng mit dem DBU-Projekt "Phytodiversitäts-Monitoring: Identifizierung von Indikatorartengruppen für ein Biodiversitäts-Monitoring zur Bewertung von Kulturgrasland- und Waldlebensräumen auf geostatistischer Grundlage" verknüpft.

 

Link zum vollständigen Text der Dissertation

 

Publikationen im Rahmen des Projektes

Schmiedel, I.; Bergmeier, E. & Culmsee, H. (2015): Plant species richness patterns along a gradient of landscape modification intensity in Lower Saxony, Germany. Landscape and Urban Planning 141: 41-51.

Schmiedel, I. (2014): Vascular plant species richness at the landscape scale: Patterns and processes. Dissertation. 218 S. + CD.

Schmiedel, I.; Schmidt, M.; Schacherer, A. & Culmsee, H. (2013): Die Effektivität von Schutzgebieten für die Erhaltung seltener und gefährdeter Gefäßpflanzenarten. Eine Untersuchung im niedersächsischen Tiefland. Naturschutz und Landschaftsplanung 45: 45-52.

Schmiedel, I.; Schacherer, A.; Hauck, M.; Schmidt, M. & Culmsee, H. (2011): Verbreitungsmuster der Farn- und Blütenpflanzen in Niedersachsen und Bremen unter Berücksichtigung ihres Einbürgerungsstatus und ihrer Gefährdungssituation. Tuexenia 31: 211-226.