Rekonstruktion und Erforschung niedersächsischer Klosterbibliotheken des späten Mittelalters
Kooperationsprojekt mit der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel
Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Projektdarstellung
Am Ausgang des Mittelalters und in den ersten Jahrzehnten der Reformation waren die Bibliotheken der Klöster die bedeutendsten Wissensspeicher im niedersächsischen Raum. Dass insbesondere jene Bibliotheken, die sich im Gebiet des alten Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel befanden, heute in ungewöhnlicher Dichte überliefert sind, ist dem glücklichen Umstand zu ver- danken, dass sie nach Einführung der Reformation (1568) geschlossen in die herzogliche Bibliothek nach Wolfenbüttel verbracht wurden. Ihre Erforschung ist bisher erst in Ansätzen geleistet und verspricht Aufschlüsse, die für die Gesamt- heit der historisch ausgerichteten Kulturwissenschaften (insbes. Geschichts- wissenschaft, Literaturwissenschaften, Musikwissenschaft, Theologie und Kunstgeschichte) von Bedeutung sind.
Die Rekonstruktion spätmittelalterlicher Klosterbibliotheken und der Buchkultur im Zeitalter des Nebeneinanders von Handschrift und Druck ist eine For- schungsrichtung, die hohe Aktualität besitzt. Sie dient in erster Linie dazu, das geistige Umfeld einzelner Personen oder Gemeinschaften zu konturieren. Im vorliegenden Projekt geht es nicht nur – wie in älteren Untersuchungen – um die Zusammenstellung von Beständen, die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort eine Einheit bildeten, also reine Provenienzgeschichte (so etwa mit der Unterscheidung zwischen eigenen Abschriften, Ankäufen und Legaten), sondern um ein besseres Verständnis der Bildungsgeschichte, des Wissens- austauschs, der Literaturversorgung und Literaturbenutzung und damit der geis- tigen Interessen von Personen, Einzelkonventen und Klosterverbänden. Daneben soll auch der pragmatische Aspekt berücksichtigt werden, also die praktische Funktion von Bibliotheksbeständen etwa im Hinblick auf Rechts- und Besitz- fragen.
Auf methodischer Ebene sollen die beiden Schritte der Rekonstruktion und der interpretatorischen Auswertung, d.h. die bibliothekarische Leistung und die uni- versitäre Forschung, im vorliegenden Projekt in innovativer Weise miteinander verzahnt werden. Die Erfassung des historischen Materials wird hier unmittelbar für die akademische Forschung und Ausbildung nutzbar gemacht.
Projektleiter: Prof. Dr. Thomas Haye
Projektmitarbeiter:
Dr. des. Jessica Kreutz, Ulrike Matzke, M.A., Jochen Schevel, M.A. (bis Ende Januar 2013)