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Überleitung von beamteten Professoren aus dem unmittelbaren Landesdienst in ein Dienstverhältnis

Die Universität Göttingen befindet sich seit dem 1. Januar 2003 in der Trägerschaft einer Stiftung Öffentlichen Rechts. Nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz (NHG) besitzt die Trägerstiftung die Dienstherrnfähigkeit für die Beamten und ist Arbeitgeber der übrigen Beschäftigten. Die Beamten an der Georgia Augusta sind durch Überleitungsverfügungen der Stiftung aus dem unmittelbaren Landesdienst in den Dienst der Stiftung überführt worden.

15 beamtete Professoren, darunter acht Hochschullehrer aus dem Bereich Humanmedizin, haben gegen ihre Überleitung in ein Dienstverhältnis mit der Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts geklagt. Drei Verfahren wurden am 29. März 2006 vor dem Verwaltungsgericht Göttingen exemplarisch verhandelt. Das Gericht hat dabei zunächst den Fall eines Wissenschaftlers aus dem nicht-medizinischen Bereich, eines Hochschullehrers aus der Medizin und eines emeritierten Professors behandelt. Weitere Verhandlungen folgen in Kürze.

1. Was hat die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Göttingen ergeben?
Das Verwaltungsgericht hat den drei ausgewählten Klagen gegen die Überleitung in die Stiftung stattgegeben. Nach Ansicht des Gerichts stellt das Beamtenrechtsrahmengesetz allein keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Überleitungsverfügungen dar. Zudem hat das Gericht die Verfügungen auch in formeller Hinsicht beanstandet.

2. Bedeutet die Entscheidung des Gerichts, dass das Stiftungsmodell und die Stiftungsträgerschaft grundsätzlich in Frage gestellt sind?
Die Stiftungskonstruktion ist von der Entscheidung des Gerichts nicht berührt. Grundsatzfragen zum Stiftungsmodell und zur Stiftungsträgerschaft waren nicht Gegenstand der Gerichtsverhandlung. Die Richter haben das konkrete Handeln der Stiftung – hier die Überleitung in ein neues Dienstverhältnis – unter formal- juristischen Gesichtspunkten geprüft.

3. Sind die Hochschullehrer, deren Klagen jetzt stattgegeben wurde, automatisch wieder Landesbeamte?
Die betreffenden Hochschullehrer bleiben bis zu einer endgültigen juristischen Klärung im Dienst der Stiftung. Unabhängig von dieser Rechtsstreitigkeit und ihrem Ausgang ist nicht geklärt, wo bei einer Rückkehr einzelner Professoren in den unmittelbaren Landesdienst diese ihre Dienstaufgaben wahrnehmen könnten.

4. Besteht die Gefahr, dass alle Beschäftigten an der Universität Göttingen wieder in den Landesdienst „rücküberführt“ werden? Wie ist der jetzige Status der Beschäftigten?
Bis auf 15 Professoren haben alle anderen Beamten an der Universität die Überleitung in ein neues Dienstverhältnis mit der Stiftung akzeptiert. Die Überleitungsverfügungen sind in diesen Fällen bestandskräftig geworden. Für die Angestellten und die Arbeiter hat sich diese Rechtsfrage zu keiner Zeit gestellt, da sie sich in einem grundsätzlich anderen Beschäftigungsverhältnis befinden und ihr Arbeitgeber zweifelsfrei seit dem 1. Januar 2003 die Stiftung ist.

5. Hätte die Universität Göttingen das Verfahren der Überleitung anders gestalten oder einen anderen Weg vorschlagen können?
Nein, für die Trägerstiftung gab es keinen Handlungsspielraum. In der „Verordnung über der Errichtung der Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts“ wurde festgelegt: Die Stiftung verfügt die Übernahme der Beamten. Rechtlich hatte die Trägerstiftung daher den eindeutigen Auftrag, die Überleitungsverfügungen zu erlassen. Sie hat sich dabei auf die entsprechenden Bestimmungen des Beamtenrechtsrahmengesetzes gestützt und damit das einzige zur Verfügung stehende Instrument für diese Überleitungen genutzt.

6. Wie wird die Universität Göttingen nun weiter vorgehen?
Die Trägerstiftung prüft, ob sie Rechtsmittel einlegen wird. Dazu ist zunächst das schriftliche Urteil des Verwaltungsgerichts Götingen genau auszuwerten. Über die Zulassung einer Berufung entscheidet das Oberverwaltungsgericht Lüneburg.

7. Sind die anderen vier Hochschulen des Landes Niedersachsen, die die im NHG verankerte Stiftungsoption wahrgenommen haben, in irgendeiner Form von dem Göttinger Urteil betroffen?
Die Rechtsstreitigkeiten um die Überleitungsverfügungen betreffen „Individualfälle“. Hier gilt, was bereits allgemein zu den Überleitungen gesagt wurde, die bestandskräftig geworden sind: Sie sind nicht anfechtbar. An den anderen vier Hochschulen sind keine Klagen bekannt geworden mit Ausnahme der Universität Lüneburg. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat diese zwei Klagen jedoch abgewiesen.

8. Mit den Klagen gegen das neue Dienstverhältnis wurde auch der Vorwurf erhoben, dass die Konstruktion der Trägerstiftung das Selbstverwaltungsrecht der Hochschullehrer beschneide. Ist diese Kritik berechtigt?
Die Reform der Körperschaft Hochschule, etwa durch die neue Rollenverteilung zwischen Senat und Präsidium oder den Wegfall des Konzils, ist im Niedersächsischen Hochschulgesetz verankert. Diese Veränderungen betreffen nicht nur die Hochschulen, die sich in der Trägerschaft einer Stiftung befinden, sondern gelten für alle Hochschulen des Landes. Wer die bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Selbstverwaltung kritisiert, kann dies nicht mit der Kritik am Stiftungsmodell verbinden. Im Gegenteil: Durch die Stiftungskonstruktion haben die betreffenden Hochschulen mehr Rechte und damit einen größeren Handlungsspielraum erhalten. Dies betrifft den Wegfall der Fachaufsicht und den Zugriff auf drei zentrale, für die Eigenverantwortung der Hochschulen entscheidende Bereiche: das Finanzmanagement, das Personalmanagement und das Gebäudemanagement.

9. Welche Position nimmt das Präsidium in diesem Rechtsstreit um die Überleitung ein?
Der Senat der Universität Göttingen hat sich im Dezember 2002 mit eindeutiger Mehrheit für das Stiftungsmodell entschieden, um für die Hochschule mehr Autonomie zu gewinnen. Seitdem hat die Stiftung Universität Göttingen erfolgreich und konsequent diese neuen Freiheiten für sich genutzt. Auch für die Zukunft gibt es ein klares Bekenntnis zum Stiftungsmodell.

10. Welche Position vertritt das Land Niedersachsen?
Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat deutlich gemacht, dass das Modell der Stiftungsuniversität nicht gefährdet ist. Der von der Landesregierung im Niedersächsischen Landtag eingebrachte Entwurf zur Novellierung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes hält ausdrücklich an der Option Stiftungshochschule fest.


Göttingen, 18. April 2006