Morpholgie
Die Knospen der Edelkastanie sind eiförmig, etwas schief über der Blattnarbe,
3 bis 6 mm lang und auffallend stumpf (BARTELS 1993). Sie besitzen 2 bis 3 Tegmente, welche auch als Knospenschuppen bezeichnet werden, und einen abgerundeten Apex. Die Knospen stehen entweder einzeln an der Spitze des Triebes oder als Seitenknospen entlang der Triebe spiralig verteilt. Im Herbst, wenn die Terminalknospen absterben, setzt die nächst tiefer inserierte Seitenknospe das Längenwachstum im Frühjahr fort (SCHÜTT et al. 1994).

Abb. 6: Links: Blattunterseite, Rechts: Blattoberseite
(Bild: Nicole Wasmund)
Die Blätter der Edelkastanie sind 12 bis 20 cm lang, länglich-lanzettlich und grob gesägt. Unten sind sie zunächst filzig, später kahl und glänzend (WARDA 2001). An der Basis sind sie herzförmig eingeschnitten oder keilförmig zusammengezogen.
Die Seitennerven laufen in einer zahnartigen, kräftigen, nach vorne weisenden Spitze aus. Die Oberseite der Blätter ist dunkelgrün, die Unterseite dagegen hellgrün (REICHHOLF, STEINBACH 1993). Zudem treten die 12 bis 20 Aderpaare an der Unterseite deutlich hervor. An der Basis der Blätter befinden sich zwei 15 bis 20 mm lange Nebenblätter, welche jedoch früh abfallen (SCHÜTT et al. 1994).
Die Herbstfärbung ist, da auch Spätblätter ausgebildet werden und so das Blattalter am Trieb unterschiedlich ist, von unten nach oben fortschreitend dunkelbraun (BARTELS 1993). Die Blätter wachsen wechselständig bis zweizeilig am Trieb entlang (REICHHOLF, STEINBACH 1993).
Die jungen hellroten Zweige weisen zahlreiche Lentizellen, kleine linsenförmige Rindenporen, die den Gasaustausch gewährleisten, auf. Ein Reifbelag von unterschiedlicher Stärke ist auf der Rinde von jungen Trieben zu erkennen
(SCHÜTT et al. 1994). Außerdem sind sie dick und kräftig und an ihren Enden kantig (ERLBECK et al. 1998). Zudem sind die Triebe mit erhabenen, dreieckigen Blattnarben, in denen drei Gruppen von Bündelspuren sichtbar sind, bedeckt.
Im Querschnitt enthalten die Zweige ein fünf-, gelegentlich auch dreieckiges, braunes Mark (SCHÜTT et al. 1994).
Die Blüten sind eingeschlechtlich und einhäusig. Sie riechen unangenehm und sind eher unscheinbar.
Die männlichen Blüten enthalten zudem Nektar.
Sie bestehen aus 6 bleichgrünen Perigonblättchen und ca. 12 Staubblättern. Sie sitzen in 7 bis 15 Dichasien.
Die weiblichen Blüten sind ebenfalls in gestauchten Dichasien zusammengefaßt und bestehen aus einem Perigon mit 6 Zipfeln. Außerdem besitzen sie einen unterständigen Fruchtknoten und ab und zu kurze, funktionslose Staubblätter. Sie werden von einer vierklappigen Cupula umschlossen. Der Fruchtknoten ist sechsblättrig. Die Dichasien sitzen locker verteilt an sylleptisch entstehenden, steifen, aufrechten Achsen (BARTELS 1993).

Abb. 7: Weiblicher Blütenstand (Bild: www.kastanien.net)

Abb. 8: Männliche Blüten (Bild: www.kastanien.net)
Die Früchte der Edelkastanie, die sog. Maronen, die 2 bis 3 cm lang werden, sind mit einer ledrigen Hülle versehen und sitzen einzeln, zu zweit oder zu dritt in einer 8 bis 10 cm langen, stacheligen Cupula (ERLBECK et al. 1998).
Die Maronen besitzen zudem eine häutige Samenschale und einen fleischigen Embryo mit stärkereichen, halbkugeligen Keimblätter (BARTELS 1993). Die Nüsse sind glänzend dunkelbraun und am Grunde befindet sich ein weißliches Hilum, die Stelle, an der die Samenanlage dem Samenstiel oder der Plazenta ansitzt. Die Stacheln der Cupula sind anfangs grün und im Herbst, bei Reife gelblich braun (SCHÜTT et al. 1994).

Abb. 9: Reifer Edelkastanienigel
(Bild: www.kastanien.net)

Abb. 10: Unreife Früchte
(Bild: www.kastanien.net)
Die jungen Äste haben eine rötlich braune, glatte Rinde, welche quer verlaufende, kleine, weißliche Lentizellen aufweist.
Junge Stämme haben eine glatte, silbergrau gefärbte Rinde, welche später graubraun wird und allmählich aufreißt.
Sie entwickelt sich zu einer dicken Borke, die in langen und breiten Streifen um den meist drehwüchsigen Stamm verläuft.
Besonders interessant ist, daß die Spirale in 99% aller Fälle linksdrehend verläuft. Die Borke der Edelkastanie ist reich an Gerbstoffen (SCHÜTT et al. 1994).
Die Edelkastanie hat ein ringporiges Holz und einen graugelb bis dunkelbraun gefärbten Kern (BARTELS 1993).
Das Holz ist sehr hart und dicht (www. fswood.com) mit einer Rohdichte von 0,63 g/cm3 (SCHÜTT et al. 1994). Es kann als mittelschwer bis schwer eingestuft werden. Die Edelkastanie ist der Eiche in Farbe und Textur des Holzes sehr ähnlich (www. fswood.com). Im Querschnitt rufen die ein- oder zweireihigen Holzstrahlen bei der Edelkastanie eine geflammte Zeichnung hervor. Dieses Kriterium hilft, die beiden Hölzer voneinander zu unterscheiden. Das Holz besitzt, wie auch die Borke, einen äußerst hohen Tanningehalt (4 bis 12 % des Trockengewichts). Ist das Holz größeren Schwankungen der Luftfeuchte ausgesetzt, wird es leicht abgebaut. Ansonsten ist es aber, insbesondere unter Wasser, relativ dauerhaft (SCHÜTT et al. 1994).

Abb. 11: Borke
(Bild: Nicole Wasmund)