Zum Hintergrund

Wie ist Fem*ily entstanden?

Das Fem*ily-Forum fand im Oktober 2019 bereits einen Tag lang in Göttingen statt. Inspiriert wurden die Macher*innen vom „FAMILIA*FUTURA – Festival für Familien und Familienutopien“ 2018 in Dresden. Für drei Tage wurde dort ein Ort geschaffen, an dem alle Familienkonzepte ihre Berechtigung fanden, die Norm der Kleinfamilie gesellschaftskritisch hinterfragt wurde und alternative Lebenskonzepte ersponnen werden konnten. Nun freuen wir uns, im Herbst und Winter diesen Jahres ein mehrwöchiges Fem*ily-Format präsentieren zu dürfen, das aus gegebenem Anlass online stattfindet.

Hier findet ihr den aktuellen Fem*ily- Flyer.

Worum geht es bei Fem*ily?

Familie und die Sorge für- und umeinander betreffen uns alle. Umso wichtiger erscheint es, die Kleinfamilie als Norm und die klar verteilten Mutter- und Vaterrollen im Alltag nicht einfach hinzunehmen, sondern kritisch zu hinterfragen. Es sind immer noch in der großen Mehrzahl Frauen, die mit den Kindern zuhause bleiben und später in Teilzeit arbeiten; es sind immer noch Frauen, die den Bärenanteil der Sorgearbeit leisten. Zudem werden vor allem Mütter schnell mit Bewertungen, Mütternormen und -mythen von außen konfrontiert. Obwohl ein Wandel der Familienformen in aller Munde ist, bleibt doch das Ideal der Kleinfamilie ein gesellschaftlich dominantes, das viele Eltern, allein oder zu zweit, in die soziale Isolation treibt. Dabei bedeutet der Wunsch nach Familie für viele den Wunsch nach mehr Gemeinschaft, mehr Kollektivität - infolge der Arbeitsteilung scheint dieser aber unerreichbar. Familie unter den aktuellen neoliberalen Vorzeichen bedeutet zudem für viele Familien, Probleme, die auf der Makroebene begründet sind, auf den eigenen Schultern auszutragen: eine vergeschlechtlichte Arbeitsteilung, Burn-Out und Altersarmut sind nur einige der Folgen davon. Die Kleinfamilie als romantisierter Ort des vermeintlich Privaten zeigt sehr deutlich, wie sehr das Private eigentlich zutiefst politisch ist.

Wir wollen diese Realitäten gemeinsam diskutieren und die gesellschaftlichen Konstrukte darin aufdecken. Wir wollen die Perspektiven auf mögliche mütterliche und familiäre Lebens- und Gefühlsentwürfe erweitern. Wir wollen über widerständige, feministische und antirassistische Alternativen zum Kleinfamilienmodell und den darin begründeten vergeschlechtlichten Mütter-, Väter- und Kinderrollen sprechen. Wir wollen für einen Tag reproduktive Arbeit aus ihrer gesellschaftlichen Entwertung heraus- und hervorheben. Wir sind der Überzeugung, dass nur eine explizite Sichtbarmachung der Sorgearbeit diese als Arbeit erkennbar machen und deutlich zeigen kann, dass die produktive Arbeit immer in einem Wechsel- und damit in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Sorgearbeit steht.

Ziel ist es auch, gemeinsam neue Strategien des Zusammenlebens zu erkunden, die Familien ökonomisch, sozial und emotional entlasten können. Indem alternative Formen des familiären Zusammenlebens sichtbar gemacht werden, können ihr Potential beleuchtet und neue Entwürfe gewagt werden.

Für eine tiefergehende Auseinandersetzung haben wir für Fem*ily 2.0 wieder Künstler*innen und Wissenschaftler*innen für online-Workshops eingeladen, die sich auf je unterschiedliche Art mit den Themen Co-/ und queere Elternschaft, Familien-Utopien, gleichberechtigte Sorge, feministische Mutterschaft und mit kritischen Perspektiven auf Rassismus und Ableismus und Reproduktion befassen.


Fem*ily 2.0 ist eine Veranstaltung der Stiftung Leben und Umwelt der Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen und wird unterstützt durch das Göttinger Centrum für Geschlechterforschung.logo slu gcg