Mediävistik – interdisziplinäre Forschung und Lehre

Das ›Mittelalter‹ ist die größte historische Projektionsphase der europäischen Kulturen: vielfältig, perspektivenreich, strittig – und grundlegend. Sprachen und Medien, Glauben und Wissen, Religions- und Gesellschaftsordnungen unterliegen im Zeitraum zwischen Antike und Neuzeit einer Fülle von Veränderungsprozessen, die modernen Einheitsvorstellungen widersprechen, deren zweifelhafte Identitätsphantasmen aber auch vorbereiten. Darum gilt das Mittelalter wissenschaftlich gesehen längst nicht mehr als abgrenzbare Epoche eines medium aevum, das man getrennt nach einzelnen Fachdisziplinen erforschen könnte. Die Mittelalterforschung setzt vielmehr einen Kollektivbegriff für die Zeiten der Vormoderne mit ihren kulturellen Asynchronien, Traditionen und Innovationen voraus, entsprechend vertritt sie ein interdisziplinäres Wissenschaftskonzept: das der ›Mediävistik‹.

Mediävistik – dies ist demnach die Bezeichnung für die systematische kulturhistorische Vernetzung der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen zur Erforschung der europäischen Vormoderne. Quer zur älteren Systematik universitärer Fachdisziplinen werden hier Kompetenzen, Methoden und Theorien der Geschichts-, Literatur- und Kunstwissenschaften sowie der Theologie und der Rechtsgeschichte verknüpft und ermöglichen im Austausch von Forschungsfragen, -ansätzen und -ergebnissen neue Einsichten in die Phase der kulturellen und medialen Grundformationen Europas.

Das Göttinger ›Zentrum für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung‹ bildet dieses Wissenschaftskonzept institutionell ab. Das ZMF ist das Forum für den interdisziplinären Forschungsaustausch zwischen den mediävistischen Fächern innerhalb der Universität Göttingen. Zugleich bietet es aber auch über seine Kooperationspartner die Möglichkeiten zu externen, nationalen wie internationalen Forschungskontakten.
Zum mediävistischen Fächerspektrum in Göttingen gehören

  • Anglistik
  • Germanistik
  • Geschichtswissenschaft
  • Kunstgeschichte
  • Latinistik
  • Rechtsgeschichte
  • Romanistik
  • Skandinavistik
  • Theologie
Diese Fächer können auch in einem interdisziplinären Master-Studiengang studiert werden. Er ist einer forschungsbasierten Lehre verpflichtet und bietet sich als Plattform für die weitere wissenschaftliche Qualifikation im Rahmen einer Promotion an.