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Forschung mit Objekten aus Göttinger Sammlungen

Öffentliche Vortragsreihe | Wintersemester 2021/22 | Donnerstag, um 18 Uhr
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation findet die Veranstaltung ausschließlich virtuell statt. Die Teilnahme ist via ZOOM möglich.


Zu den herausragenden Merkmalen der Universität Göttingen zählen die Vielfalt und die Qualität ihrer wissenschaftlichen Sammlungen. Ausgewählte Bestände werden regelmäßig in Ausstellungen präsentiert. Doch der Hauptzweck des Gesammelten ist bis heute seine Verwendung in Forschung und Lehre. Die Öffentliche Vortragsreihe „Sach‐Verstand“ will anhand aktueller Projekte aus den Sammlungen der Universität Göttingen die Relevanz der vorhandenen Objektbestände für Forschung und Lehre einem breiteren Publikum vor Augen führen, dem die Sammlungen zumeist nicht zugänglich sind. Wissenschaftliche Erkenntnis, so eine der Ausgangsthesen der Reihe, findet maßgeblich in der Auseinandersetzung mit konkreten Dingen statt. Sach‐Verstand wird der reinen Kopfarbeit an die Seite gestellt. Ziel ist es, an aktuellen Beispielen objektbasierte Forschung als einen wichtigen Erkenntnisweg sichtbar zu machen.

Objekte liefern auf vielen unterschiedlichen Ebenen Informationen: Sie können kontextuell erschlossen, aber auch betrachtet, berührt und manchmal sogar gerochen werden. Einige erzeugen Klänge, die wichtige Informationen liefern, um daraus Wissen herzustellen. Manche sind methodische Hilfsmittel, andere Gegenstand oder auch Resultat wissenschaftlicher Aktivitäten. Die Fähigkeit, Informationen in einer regelgeleiteten und methodisch sowie fachlich verbindlichen Weise in Wissen zu transformieren, macht eine Person zu einer oder einem Sachverständigen. Das ursprüngliche Staunen und die Neugier gegenüber den Objekten bleibt dabei Teil des professionellen Blickes.


Datum Thema | Sammlungsbezug Vortragende | Abstract
28.10.2021 Das neue Biodiversitätsmuseum der Universität Göttingen

Biodiversitätsmuseum
Dr. M. Teresa Aguado und Prof. Dr. Christoph Bleidorn, Institut für Zoologie und Anthropologie, Georg-August-Universität Göttingen

Die Ausstellung des neuen Biodiversitätsmuseums nimmt Sie auf eine stimulierende Reise mit. Es werden die komplexen Verbindungen innerhalb von Ökosystemen, deren Evolution, als auch die Rolle und der Einfluss des Menschen, aufgezeigt. Wir wollen wissenschaftliche Erkenntnisse der Arbeitsgruppen unserer Universität in dieser Ausstellung sichtbarer und zugänglicher für die Allgemeinheit machen und damit Begeisterung für die Natur und ihrer Entdeckung wecken.

4.11.2021 Aus der Werkstatt in die Wüste – Wissen schaffen mit astrophysikalischen Instrumenten

Sammlung historischer Gegenstände am Institut für Astrophysik
Dr. Klaus Reinsch, Institut für Astrophysik, Georg-August-Universität Göttingen

Der Vortrag wird an historischen und aktuellen Beispielen die Entstehung hochspezialisierter Instrumente und deren Rolle in der Forschung und beim Erkenntnisgewinn in der Astrophysik verdeutlichen: Ausgehend von Ideen der Wissenschaftler*innen, über deren Umsetzung in spezialisierten Werkstätten bis zum Einsatz der Instrumente an den entlegensten Orten der Erde.
11.11.2021 Botanische Gärten – Früher und heute

Alter Botanischer Garten
Dr. Michael Schwerdtfeger, Alter Botanischer Garten, Georg-August-Universität Göttingen

In der Renaissance entstanden die ersten Botanischen Gärten. Zur (Neu-)Entdeckung und Erforschung alten Kräuterwissens kam der Zustrom „exotischer“ Pflanzen aus aller Welt, der bis heute anhält. Der Vortrag bietet eine Analyse der Aufgaben Botanischer Gärten einst und jetzt – und eine Zeitreise des Pflanzensammelns in farbenfrohen Bildern.
18.11.2021 Wie beobachtet man Beobachter? - Agatha Christie, Tom Stern und der Archäologiefilm als Forschungsobjekt

Altertumswissenschaftliches Filmarchiv: Sammlung Stern
Dr. Martin Lindner, Althistorisches Seminar, Georg-August-Universität Göttingen

Was filmt eine Kriminalautorin in den 1930ern auf einer Ausgrabung in Syrien? Wie schätzen die damals jugendlichen Helfer*innen die Aufnahmen 60 Jahre später ein, und welche Spuren haben die Ereignisse hinterlassen? Anhand einer kommentierten Vorführung von „Tom folgt Agatha Christie“ wird die Rolle des Archäologiefilms als Forschungsobjekt diskutiert.
25.11.2021 Robert Wichard Pohls langer Schatten. Innovative physika-lische Lehre für das 20. Jahrhundert aus Göttingen

Physicalisches Cabinet
Dr. Daniel Steil, I. Physikalisches Institut, und Dr. Michael Markert, Professur Materialität des Wissens, Georg-August-Universität Göttingen

Der Experimentalvortrag ordnet nicht nur die heute als revolutionär einzustufende Demonstrationspraxis des Physikers Pohl in den 1920er Jahre in seine Zeit ein, sondern ist zugleich ein Reenactment, das die Pohlsche Vorführpraxis vor den Augen der Zuschauenden wieder lebendig werden lässt.
2.12.2021 Das Herbarium Göttingen, 1832–1852 – Akteure, Prakti-ken, Wissensformate

Herbarium
Frauke Ahrens, MA, Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie Ludwig-Maximilians-Universität München

Am Beispiel ausgewählter Objekte wird dargelegt, wie kulturanthropologische Wis-sensforschung in einer botanischen Sammlung erfolgen kann und welche Erkenntnisse eine solche Herangehensweise in Hinblick auf die Materialität des Wissens bereit hält.
9.12.2021 Das Geheimnis der Clytia: Multidisziplinäre Forschungen zu einem berühmten Göttinger Gipsabguss

Sammlung der Gipsabgüsse antiker Skulpturen
Dr. Daniel Graepler und Dipl.-Rest. Jorun Ruppel Archäologisches Institut, Georg-August-Universität Göttingen

Der Gipsabguss einer römischen Mädchenbüste, der 1793 aus London nach Göttingen gelangte und sogleich für Goethe in Weimar kopiert wurde, gibt viele Rätsel auf. Er wird jetzt mit modernsten Methoden des 3D-Scans, des digitalen Objektvergleichs und der Computertomographie neu erforscht.
16.12.2021 Making of Forum Wissen: Gebäude und Ausstellungsplanung

Forum Wissen
Dr. Marie Luisa Allemeyer, Zentrale Kustodie, Sonja Kastrup, Gebäudemanagement, Georg-August-Universität Göttingen und Tanja Zöllner, Atelier Brückner, Stuttgart

Es ist das Grundprinzip in der Basisausstellung im Forum Wissen, Sammlungsobjekte über den disziplinären Zusammenhang hinaus zu befragen und sie in aktuelle und teilweise auch fachfremde Kontexte einzustellen. Der Vortrag wird den aktuellen Stand zum Forum Wissen vorstellen, das 2022 eröffnen wird.
13.1.2022 Bevor es kalt wurde – 50.000 Puzzleteile einer voreiszeitlichen Ausnahmefundstelle am Harzrand

Geowissenschaftliches Museum
Dr. Alexander Gehler, Geowissenschaftliches Zentrum, Georg-August-Universität Göttingen

Die Fossillagerstätte Willershausen ist seit vielen Jahrzehnten von großem Interesse für Wissenschaftler*innen weltweit. Mehrere zehntausend Fossilien wurden dort geborgen. Sie befinden sich heute überwiegend im Besitz der Universität. Der Vortrag zeigt, wie diese Objekte die Zeit vor dem letzten großen Klimawandel der Erdgeschichte dokumentieren und dabei helfen, vergangenes und zukünftiges Klimageschehen zu verstehen.
20.1.2022 Gaben an die Götter? Zu den goldenen und bronzenen Ringen in der Bronzezeit Europas

Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte
Prof. Dr. Lorenz Rahmstorf und Dr. Immo Heske, Seminar für Ur- und Frühgeschichte, Georg-August Universität Göttingen

Der Vortrag stellt urzeitliche Ringformen in den größeren europäischen Kontext, um darüber Fragen zu Macht, Wirtschaft und Religion in Europa zu stellen, deren Aktualität heute mehr denn je gegeben ist.
27.1.2022 Die Blockflöten der Göttinger Musikinstrumentensamm-lung als Quellen für die Erforschung der deutschen „Blockflötenbewegung“ 1920-1940

Musikinstrumentensammlung
Prof. Dr. Peter Thalheimer, Hochschule für Musik Nürnberg

Der Vortrag des Musikwissenschaftlers, Solisten, Kammer- und Orchestermusikers wird den großen und bedeutenden Bestand an Blockflöten der Göttinger Musikinstrumentensammlung vor dem Hintergrund der erstaunlichen Renaissance der Blockflöte im 20. Jahrhundert untersuchen und mit live eingespielten Musikbeispielen veranschaulichen.
3.2.2022 „Schatzkunst“ aus Gips – Eine kaum bekannte Gattung von Abformungen

Kunstsammlung
Dr. Anne-Katrin Sors, Kunstgeschichtliches Seminar, Georg-August-Universität Göttingen und Prof. Dr. Harald Wolter von dem Knesebeck, Kunsthistorisches Institut, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Der Vortrag nimmt mit Gipsabgüssen von Schatzobjekten ein bisher kaum berücksichtigtes Phänomen der wissenschaftlichen Beschäftigung vor allem des 19. Jahrhunderts und auch der Selbstdarstellung von Institutionen in den Blick.
10.2.2022 Objektforschungen als Beziehungsgeschichten. Beispiele aus der Ethnologischen Sammlung

Ethnologische Sammlung
Dr. Christiane Falck und Dr. Michael Kraus, Institut für Ethnologie und Ethnologische Sammlung, Georg-August-Universität Göttingen

Anhand aktueller Forschungen, die sowohl unmittelbar in der Sammlung als auch vor Ort, wie beispielsweise am Sepik-Fluss in Papua-Neuguinea stattfinden, thematisiert der Vortrag zeitgemäße Zugänge und Interpretationen zu Artefakten der Ethnologischen Sammlung.