index

Wintersemester 2022/23
Lehrforschungsprojekt "Diskurse zur Ukraine in Deutschland"

Dr. Halyna Leontiy, Verwaltung der Professur "Grundlagen der Sozialwissenschaften"


Die Thematisierung des russischen Kriegs gegen die Ukraine war und bleibt stets in einen diskursiven Rahmen eingebettet. So wie die Ukraine in der breiten Öffentlichkeit dargestellt wurde, wie sich verschiedene Subjekte der Politik, Medien, Kultur und Wissenschaft über die Ukraine geäußert haben, lässt vermuten, dass sowohl die Hintergründe des russisch-ukrainischen Konflikts als auch generell die Kenntnisse über den ukrainischen Staat und seine historisch situierten Souveränitätsbestrebungen in der breiten deutschen Gesellschaft weitgehend unbekannt sind.

In ihrem gerade erschienenen Buch „Der Krieg gegen die Ukraine“ (2022) schreibt Gwendolyn Sasse: „Die Tatsache, dass die Ukraine den meisten Menschen in Deutschland und Westeuropa bis zu diesem Krieg so fern erschien, hat viel mit einer undifferenzierten Sichtweise zu tun, die über dreißig Jahre nach 1991 die Sowjetunion gedanklich als Russland fortschreibt und dabei die anderen Sowjetrepubliken ausblendet. Der Imperialismus des russischen Zarenreichs und der Sowjetunion wirkt auch im westlichen Blick auf diese Region nach.“ (Sasse 2022: 9) Diese imperialistischen Nachwirkungen äußern sich auch in der diskursiven Einbettung des Kriegs in Deutschland, indem sich viele Mythen und dominante Narrative identifizieren lassen, die persistent zu sein scheinen.

Dieses Lehrforschungsseminar soll diese Wissenslücke füllen und diesen Mythen und Narrativen entgegenwirken. Während sich Studierende im Rahmen der selbst gebildeten Forschungsgruppen mit den Fragen der Repräsentation der Ukraine-Themen in verschiedenen Diskursen (nach Jürgen Link: in wissenschaftlichen und akademischen Spezialdiskursen, in populären Interdiskursen sowie in Elementardiskursen des Alltags) auseinandersetzen, liefern uns die folgenden Ukraine-Expertinnen und Experten sowohl Hintergrundwissen zur ukrainischen Geschichte und zum gegenwärtigen Krieg als auch zu Repräsentation der Ukraine im deutschen Diskurs. Mit diesen Veranstaltungen möchten wir v.a. die Stimmen der ukrainischen Wissenschaftler*innen stärken und das Wissen über die Ukraine in Deutschland erweitern.

Die Durchführung der Vorträge wird aus den Studienqualitätsmitteln der Universität Göttingen finanziert. Die Videos von drei von vier Vorträgen sind langfristig auf dem YouTube-Kanal der Universität zu finden. Zum späteren Zeitpunkt sollen sowohl die Vorträge als auch die Ergebnisse des Forschungsseminars publiziert werden.

02.11.2022
Einführung in die Landeskunde der Ukraine
Dr. Svitlana Adamenko, Seminar für Slavische Philologie, Universität Göttingen

09.11.2022
Part 1: Does Ukraine Have a (European) History?
Yevhenii Monastyrskyi, Yale University

Part 2: Identity and Values, or What do Ukrainians fight for? Ukraine from 2013 until the beginning of the Russian war
Dr. Tetiana Vodotyka, NASU Ukraine/University of Goettingen
https://www.youtube.com/watch?v=PZgWsRKYs_k&t=1460s

16.11.2022
Russische Kriegsnarrative zur Ukraine
Dr. Mykola Borovyk, Gedenkstätte Konzentrationslager Sachsenburg (Frankenberg/Sa.)
https://www.youtube.com/watch?v=_owxB49uG2E

23.11.2022
Ukraine in den deutschen Medien
Lesya Pullmann, freie Journalistin und Übersetzerin

30.11.2022
Nationale Sicherheit und Propaganda. Die Rolle der Desinformation über die Ukraine in der hybriden Kriegsführung der Russischen Föderation
Nathalie Vogel, Senior Fellow, European Center for Security Policy in Prague, Kremlin Watch Program
https://www.youtube.com/watch?v=GdGuSTtCyD8