In publica commoda

Vorsehung, Schicksal und göttliche Macht


»Den Willigen führt das Schicksal, den Widerstrebendenschleppt es fort.« So charakterisiert Seneca das doppelte Gesicht, unter dem Menschen die Macht des Schicksalserfahren. Nach seinem Urteil liegt es beim Menschen selbst,ob er sich weise und bereitwillig in die vom Schicksal gegebene Ordnung der Welt findet oder ob er dagegen aufbegehrt und lieber schlecht über die Götter denkt, als Einsichtin die Notwendigkeit zu erstreben. In dieser stoischen Sichtsind göttliche Vorsehung und Schicksal nicht zu unterscheiden; in beiden manifestiert sich göttliche Macht, die mit Vernunft die Welt in einem grossen Kausalzusammenhang regiert. Dieses durchdachte System der Stoa hat in Zustimmung und Widerspruch eine Erfolgsgeschichte gehabt. In banalisierten Relikten sind Elemente bis in die Ideologien des 19. und 20.Jahrhunderts zu verfolgen. Die öffentliche Ringvorlesungwird den Zusammenhang von Vorsehung, Schicksal und göttlicher Macht indessen allein in der Welt der Antike und Spätantike behandeln. Dadurch soll späteren Rezeptionsprozessen der »distant mirror« alter Konzeptionen und Diskussionen vorgehalten werden. Die in Mesopotamien, Ägypten und Iran entwickelten Vorstellungen werden dabei ebenso berücksichtigt wie die monotheistischen Religionen. Diefür sie typischen personalen Gottesvorstellungen vereinen sich nur schwer mit einem übermächtigen Schicksal, weil es Freiheit und Verantwortung des Menschen extrem eingrenzt, wenn nicht ausschließt. Auch der Islam ist in dieser Fragereich an aufschlussreichen Debatten, wobei zwischen inner-islamischen Vorstellungen und den europäischen Klischees des 19. Jahrhunderts zu unterscheiden ist. Den spezifischen Präsentationen werden Vorträge zur Seite treten, die dasThema grundsätzlich aus religionswissenschaftlicher und religionsphilosophischer Perspektive beleuchten.Die öffentliche Ringvorlesung wird von dem Graduiertenkolleg »Götterbilder – Gottesbilder – Weltbilder. Polytheis-mus und Monotheismus in der Welt der Antike« veranstaltet. Damit eröffnet das Graduiertenkolleg seine zweite Förderperiode, die sich auf die Erforschung personaler und apersonaler Gottesvorstellungen konzentriert. Die Referentinnenund Referenten gehören fast alle dem Trägerkreis des Graduiertenkollegs an. Mit der Ringvorlesung stellen sie sich der Göttinger Öffentlichkeit vor. Zugleich leisten sie einen Beitrag zum »Jahr der Geisteswissenschaften 2007«, derdeutlich werden lässt, welches Erkenntnispotenzial in derinterdisziplinären Arbeit weit über den fachwissenschaftlichen Diskurs hinaus steckt.

Ort der Veranstaltungen ist die Aula am Wilhelmsplatz 1. Sie beginnen jeweils am Dienstag um 18 Uhr c.t..