In publica commoda

Lust auf Gefühl?

Emotionen in Wissenschaft und Kultur



Gefühle haben Konjunktur. Im Alltagsleben lässt sich kaum übersehen, dass die mediale Zurschaustellung von Emotionen und Hinweise auf den Gefühlswert von Ereignissen oder Produkten deutlich zugenommen haben. Firmen verkaufen ihre Waren mit Hilfe emotionaler Appelle, Schlagworte wie »Eventmarketing « und »powered by emotion« sind in aller Munde, die »gefühlte Temperatur« ist wichtiger als die objektiv gemessene. Auch anlässlich von Tagungen, in wissenschaftlichen Großprojekten, in Monographien oder Sammelbänden, in Seminaren und Vorlesungen wird über den Ursprung von Emotionen und ihre Ausdrucksformen in Gesellschaft und Kultur nachgedacht. Lässt sich von einer »emotionalen Wende« in der Kultur und in den Wissenschaften sprechen oder ist die wissenschaftliche Untersuchung von Emotionen ebenso wie die allgegenwärtige kulturelle Inszenierung von Gefühlen nur eine vorübergehende Modeerscheinung? Welches Erkenntnispotenzial liegt in der Beschäftigung mit den Emotionen? Lassen sie sich überhaupt ‚wissenschaftlich’ untersuchen, ohne ihnen das zu nehmen, was sie einzigartig macht?
Die mittlerweile breite wissenschaftliche Debatte über Emotionen ist interdisziplinär ausgerichtet: Sie wird von den Neurowissenschaften gleichermaßen geführt wie von der Philosophie, von der Verhaltensforschung wie der Soziologie, von der Ethnologie wie der Geschichtswissenschaft und den Kunstwissenschaften. Die Ringvorlesung soll einen Teil dieses Spektrums abbilden. Der Eröffnungsvortrag wird die unterschiedlichen Emotionsphänomene in unserer Gesellschaft unter kultur- und medienwissenschaftlicher Perspektive analysieren. Um die Frage, inwieweit Emotionen eine biologische Wurzel haben und in welchem Maße sie kulturell konstruiert sind und somit einen historischen Wandlungsprozess durchlaufen, wird es im ersten Teil der Ringvorlesung gehen. Die heutigen Antworten bleiben nicht mehr bei einem einfachen ‚Entweder-Oder’ stehen; umstritten ist jedoch nach wie vor das Mischungsverhältnis von Natur und Kultur in unseren Gefühlen. Eine zweite Gruppe von Vorträgen nimmt einzelne Gefühlszustände wie ‚Furcht’ oder ‚Liebe’ und speziellere Fragen in den ebenfalls interdisziplinären Blick. Wie werden Emotionen als gesamtgesellschaftliche Phänomene erfasst? Über welche Möglichkeiten, Gefühle sprachlich auszudrücken, verfügen wir? Als weiterer, oft für genuin emotional gehaltener Bereich werden die Künste betrachtet, vor allem spezielle literarische und filmische Praktiken, um Emotionen zu gestalten und zu vermitteln.
Die Ringvorlesung versucht zu erhellen, warum es zur gegenwärtigen »Wieder-Entdeckung der Emotionen« gekommen ist. Und sie soll dazu beitragen, das Verhältnis von Natur und Kultur in den verschiedenen Erscheinungsformen unserer Emotionen zu klären.

Ort der Veranstaltungen ist die Paulinerkirche. Sie beginnen jeweils am Donnerstag um 18 Uhr c.t..