Promotionsprojekt
Politische Proteste „besorgter Eltern“, die die „traditionelle Familie“ am „Abgrund“ wähnen, machen seit einigen Jahren auch in Deutschland Furore.
In seinem Promotionsprojekt untersucht Daniel Lehnert den Zusammenhang zwischen rechtskonservativen Politisierungen von Elternschaft und den Bedingungen von Reproduktionsarbeit in der Spätmoderne. Empirische Grundlage der Arbeit sind narrative, leitfadengestützte Interviews mit Aktivist:innen und Sympathisant:innen des rechtskonservativen Familienaktivismus in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Befragten als Eltern im Vergleich zu erwerbstätigen Kinderlosen und angesichts öffentlicher Kinderbetreuung strukturell benachteiligt sehen. Sie haben den Eindruck, für ihre Reproduktionsarbeit nicht angemessen entschädigt und anerkannt zu werden. Verbunden sind diese Überzeugungen mit einer Abwertung von Familienkonstellationen und Lebensentwürfen, die den Vorstellungen der Interviewten nicht entsprechen.
Die Erzählungen der Befragten werden als Folge wohlfahrtsstaatlicher Reproduktionsarbeitsverhältnisse interpretiert. Während private Sorgearbeit von Eltern in der BRD unter wechselnden Bedingungen ermöglicht und abgesichert wurde, sind Ansprüche auf materielle und rechtliche Absicherung von Reproduktionsarbeit bis heute vor allem an Erwerbstätigkeit gebunden. Diese Konditionalität und Abhängigkeit von Reproduktionsarbeit im (spät)modernen Wohlfahrtsstaat wird von den Interviewpartner:innen als Benachteiligung „familienarbeitender“ Eltern und der heterosexuellen Kleinfamilie politisiert.
Betreuer:innen:
Prof. Dr. Marion Müller (Universität Tübingen)
Prof. Dr. Paula-Irene Villa Braslavsky (LMU München)
Prof. Dr. Matthias Möhring-Hesse (Universität Tübingen)