20/12/2010: IAB-Direktor empfiehlt erneut gesetzlichen Mindestlohn

Im Juni erst hatte der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung für moderate Mindestlöhne ausgesprochen. Von ihnen seien keine negativen Beschäftigungseffekte zu erwarten (siehe 14.06.2010).

Mit Blick auf die vollständige Freigabe der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit zum 1. Mai 2011 hatte er nach Angaben von Welt Online dann Anfang Dezember gegenüber der Frankfurter Rundschau gewarnt, die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für acht neue EU-Staaten könne das Ausbreiten von „Schmuddelfirmen mit Hungerlöhnen“ befördern. Das Problem sei vor allem die Dienstleistungsfreiheit, nach der osteuropäische Firmen ihre Beschäftigten nach Deutschland entsenden könnten. Dadurch drohe eine Negativspirale, bei der schlechte Firmen mit sehr niedrigen Löhnen gute Unternehmen verdrängten.

Jetzt hat Möller seinen Standpunkt noch einmal offiziell bekräftigt. In einem Beitrag für die hauseigene Publikationsreihe „IAB-Forum“ (Ausgabe 2/2010) schreibt er, dass mit der uneingeschränkten Dienstleistungsfreiheit in der EU die Gefahr bestehe, dass deutsche Unternehmen gerade in relativ arbeitsintensiven Wirtschaftszweigen demnächst mit ausländischen Firmen konkurrieren müssten, die Niedrigstlöhne zahlten. Diesen Lohnwettbewerb könnten deutsche Unternehmen vor allem in sensiblen Branchen wie dem Bau- und Reinigungsgewerbe nicht gewinnen. Der gesellschaftliche Schaden einer solchen Entwicklung wäre immens, denn hier drohe eine Konkurrenz, die spürbar zu Lasten der Arbeitsplatzchancen der Geringqualifizierten im Lande gehe. Dabei könnten sich gesellschaftliche Probleme und soziale Spannungen verschärfen. Die Dienstleistungsfreiheit in der EU müsse daher durch einen allgemeinen Mindestlohn abgesichert werden. Ein „mit Augenmaß festgesetzter Mindestlohn“ könne eine Abwärtsspirale bei den Löhnen verhindern und sei im Interesse von Arbeitgebern wie Arbeitnehmern.

Quellen: Welt Online vom 08.12.2010
  IAB-Pressemitteilung vom 20.12.2010

Weiterlesen: Möller, J. (2010): Standpunkt: Mindestlohn muss die Dienstleistungsfreiheit in der EU absichern. In: IAB-Forum, Nr. 2, S. 24-27.