Kunstwerk des Monats im April 2012


01. April 2012
Nordische Faszination – Louis Gurlitts Landschaftsstudien in der Universitätskunstsammlung
Vorgestellt von: Lisa Weiß

KdM April 2012In den vergangenen Monaten be-fasste sich eine studentische Forschungsgruppe mit den Gemälden des 19. Jahrhunderts der Univer-sitätskunstsammlung Göttingen. Sechsundzwanzig Gemälde wurden hierbei grundlegend untersucht. Die Ergebnisse werden nun in der Vortragsreihe „Kunstwerk des Monats“ im Alten Auditorium vorge-stellt. Auftakt ist am 1. April um 11:30, wenn Louis Gurlitts Land-schaftsstudien im Hörsaal des Auditoriums vorgestellt werden. Drei farbige Studien des Altonaer Landschaftsmalers wurden 1977 von der Kunstsammlung aus dem Kunst-handel erworben. Zwei dieser Werke fertigte der junge Künstler auf derselben Studienreise an. Die „Uferlandschaft“ blieb dabei un-vollendet und zeigt statt eines Sandstrandes die blanke, mittlerweile vergilbte Leinwand. Währenddessen hat man beim „Maler in steinigen Sanddünen“ aufgrund der detail-verliebten Malweise und voll-ständigen Ausführung nicht mehr den Eindruck einer einfachen Vorarbeit, sondern steht beinahe der Qualität eines vollwertigen Kunstwerks gegenüber.
Das Leinenstück präsentiert eine felsige Strandlandschaft inmitten derer eine unscheinbare, kleine Figur auf einem Felsen sitzt. Trotz des kleinen Formats kann man ihren blauen Rock, weißen Kragen und schwarzen Zylinder erkennen. Hierbei handelt es sich um den Maler Adolf Carl, der von Gurlitt beim Studium in freier Natur festgehalten wurde. Beide besuchten 1833 in den Akademieferien einen Sommer lang gemeinsam die Gegend um Hellebæk und Helsingør im Norden der dänischen Insel Seeland sowie das schwedischen Kullen.
Landschaftsmalerei galt zu jener Zeit an der Kopenhagener Akademie noch nicht als eigenes Unterrichtsfach. Studien im Freien waren demnach kein Teil der akademischen Aus-bildung. Landschaftsmaler wurden wie Historienmaler lediglich im Zeichnen nach Gipsabgüssen, später nach lebenden Modellen unterrichtet. Daher legte Professor Christoffer W. Eckersberg seinen Schüler nahe, in den Semesterferien Naturstudien zu betreiben. Die beiden Künstler folg-ten augenscheinlich seinem Rat.
Heinrich Louis Theodor Gurlitt (1812-1897) begann seine künstlerische Ausbildung in Hamburg mit einer Lehre bei dem aus Kiel stammenden Maler Siegfried Bendixen. Um seine Ausbildung zu finanzieren, musste er dem Meister bei seinen Deko-rationsmalereien zur Hand gehen. Während dieser Ausbildung be-gegnete er Christian Morgenstern, dessen Bilder ihn sehr begeisterten. Jener war ein ehemaliger Schüler Bendixens, der nach seiner Ham-burger Lehre nach Norwegen gereist war, um die Heimat des Malers Johann C. Dahl zu erkunden. Dahls Bilder sorgten damals wegen ihrer großen Naturtreue für Aufsehen und prägten auch Gurlitts Interesse für Skandinavien stark und so zog es ihn schließlich nach Kopenhagen.

Seien Sie an dieser Stelle auch herzlichst eingeladen die Werke Gurlitts sowie weiterer Künstler des 19. Jahrhunderts ab dem 22. April in der neu konzipierten Ausstellung „Akademische Strenge und künst-lerische Freiheit“ in der Univer-sitätskunstsammlung Göttingen zu bewundern.