Kunstwerk des Monats im Mai 2012


06. Mai 2012
Dort lieget die Stadt, dort woget das Leben - Friedrich Philipp Reinholds „Hirte auf der Bergspitze bei Abendschein“
Vorgestellt von: Christina Eifler

ReinholdDas Ölgemälde Friedrich Philipp Reinholds „Hirte auf der Bergspitze bei Abendschein“, wird derzeit in der Ausstellung „Akademische Strenge und Künstlerische Freiheit“ in der Kunstsammlung der Universität präsentiert.

Durch seine Farbigkeit und besondere Darstellungsweise unterscheidet es sich von anderen Landschaften der Kunstsammlung ab. Den Mittelpunkt bildet ein Hirte, der, inmitten der Natur und umgeben von seiner Herde, auf einem Stein Platz genommen hat. Nachdenklich wendet er seinen Blick ab und schaut in sich gekehrt auf ein vor sich liegendes Tal. Dem Betrachter bleibt somit nur die Ansicht dieser Person selbst, seiner Herde und der dahinter befindlichen Landschaft, wobei er nicht einmal dem Blick des Hirten folgen kann. Lediglich die Sicht auf einen dominanten kahlen Gipfel sowie eine begrünte Anhöhe mit Gebäuden bleiben links neben dem Hirten in der Ferne sichtbar.

Zugänge zum Bild vermittelt ein Gedicht der österreichischen Schriftstellerin Caroline Pichler, mit welchem es 1816 auf der Wiener Akademieausstellung präsentiert wurde, sowie eine Auseinandersetzung mit den gängigen Vorstellungen dieser Zeit. Nach Aufklärung und Französischer Revolution galt nun Akadien als Vorbild und so erfreuten sich entsprechende Darstellungen großer Beliebtheit. Ebenso stark rückte aber auch der Wunsch nach Naturverbundenheit in den Vordergrund. Der „Hirte auf der Bergspitze bei Abendschein“ als Mensch, der in der Natur lebt und arbeitet verbindet somit zwei der typischen idealen Vorstellungen der Zeit miteinander.

Ähnliche Darstellungen kennen wir bereits von deutschen Romantikern, wie beispielsweise Caspar David Friedrich. Auch dieser arbeitete mit Rückenfiguren, die sich dann, meist als Städter gekleidet, der Erhabenheit der Natur gegenübergestellt sahen. Melancholie, Sehnsucht, aber auch die Wahrnehmung der Endlichkeit des eigenen Seins waren hierbei zentrale Empfindungen.
So zeigt sich eine bemerkenswerte Umkehrung der romantischen Vorstellungen von Natursehnsucht. Dem Gedicht zufolge trauert der Hirte nämlich der Geliebten nach, die in die Stadt gezogen ist. So entwickelt Reinhold mit Mitteln, die der Malerei der deutschen Romantik entsprechen, eine durchaus eigenständige Bildidee.
Das Kunstwerk wird am Sonntag, den 6.Mai um 11.30 in der Reihe „Kunstwerk des Monats“ im Hörsaal des Auditoriums, Weender Landstr.2, von Christina Eifler in einem Vortrag vorgestellt.