Kunstwerk des Monats im Januar 2011


09. Januar 2011
„Das Hirtenstück (1670) von Johann Heinrich Roos und die verborgene Venus von Milo“
Vorgestellt von: Victoria Luise Steinwachs

Johann Heinrich RoosDas hier vorgestellte Gemälde des bedeutenden, in Amsterdam aufgewachsenen und ausgebildeten Pfälzer Tiermalers Johann Heinrich Roos (1631-1685), dessen Arbeiten – vornehmlich Tierdarstellungen und Landschaftsmalereien – durch ihren vorbildhaften Charakter nicht nur von Zeitgenossen geschätzt, sondern auch bis ins 19. Jahrhundert von zahlreichen Künstlern wie Johann Heinrich Tischbein d. J. (1742-1808) kopiert wurden, gelangte 1795 als eines von mehr als 270 Gemälden der Zschorn’schen Stiftung an die Universität Göttingen. Ca. 200 Gemälde, sowie zahlreiche Zeichnungen und 39 Radierungen gehen auf Roos zurück. In seinen vielfach dargestellten Hirtenidyllen orientierte er sich entgegen der traditionellen Darstellung holländischer Flachlandschaften an einem neuartigen, italianisierenden Bildtypus, welcher vor allem bei seinem Lehrer Karel Dujardin (1622-1678) Verwendung fand.

Das „Hirtenstück“ von 1670 besticht durch die Darstellung einer italienischen Landschaft, geprägt durch die für die Campagna typische Bergwelt, sowie die antiken Ruinen, vor deren Hintergrund sich die Szenerie einer rastenden Hirtenfamilie eröffnet. Die Mitte dominiert ein mächtiger, sich zum Betrachter wendender Stier. Links im Vordergrund befinden sich eine Ziege, ein saufender Hund sowie Gerätschaften. Etwas weiter hinten auf der rechten Bildhälfte sind Schafe, eine Ziege und ein Esel dargestellt, dahinter eine weibliche Figur mit ihrem Kind sowie ein Hirte, welcher an der schmalen Baumgruppe lehnt, die das Bild vertikal in zwei Bildfelder zu teilen scheint: links der Ausblick ins Tal und auf Berge, rechts die antiken Mauer- und Säulenreste. Eine horizontale Linie wird wiederum von Kopf und Rücken des Stieres gebildet, wodurch sich ein oberer, landschaftlicher bzw. architektonischer und ein unterer, von Menschen und Tieren besetzter Bereich ergibt.

Auf der Rückseite dieses Gemäldes befindet sich eine weitere, durch einen oktogonalen Rahmen begrenzte Ölmalerei, die mit dem Vorderen in keinem konkreten Zusammenhang zu stehen scheint. Dargestellt ist ein hochformatiges Stillleben, dessen Komposition ganz auf das Bildzentrum mit einer die anderen Gegenstände überragenden Büste der „Venus von Milo“ ausgerichtet ist. Ihre helle, leicht gräuliche Farbigkeit kontrastiert mit dem schweren, roten, den Hintergrund dominierenden Vorhang. Vor ihrem Sockel sind von links nach rechts zunächst ein volles Weinglas, vereinzelte, in voller Blüte stehende Rosen, sowie eine Laute und eine Zinnkanne dargestellt. Einzelne Objekte wurden aufgrund des Rahmens stark beschnitten.