Kunstwerk des Monats im Dezember 2008


07. Dezember 2008
"Miniaturbüste in Biscuit-Porzellan" von Albrecht von Haller, nach 1803
Vorgestellt von: Prof. Dr. Carsten-Peter Warncke

Kunstwerk des Monats Miniaturbüste Albrecht von Haller, Miniaturbüste in Biscuit-Porzellan, angefertigt von Ch. Marcou in der Manufaktur Sevres bei Paris, nach 1803, 19,6 x 11,4 x 8.3 (H,B,T) Die Büste zeigt den am 16.10.1708 in Bern geborenen und dort am 12.12.1777 gestorbenen Arzt, Naturforscher und Dichter, der von 1736 bis 1753 Profeßor für Medizin und Botanik an der neu errichteten Göttinger Universität war. Der 1749 geadelte Haller, Mitgründer und Präsident der Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen, gehört zu den bedeutendsten Gestalten des europäischen Geisteslebens im 18. Jahrhundert. Die Büste entstand im Auftrag seines Sohnes Rudolf Emanuel von Haller, eines in Paris tätigen Bankiers, der zeitweise "Trésorier en chef" Napoleons war und dessen ersten Feldzug in Italien finanzierte. Sie ist eine miniaturplastische, in wenigen Exemplaren vervielfältigte Replik der marmornen Büste, die der Tessiner Bildhauer Pietro Caldelari 1803 in Paris schuf und die 1810 den Hauptbestandteil des Denkmals bildete, das aus Anlass des einhundertsten Geburtstages von Albrecht von Haller im Berner Botanischen Garten aufgestellt wurde.

Das posthume Bildnis bietet den Gelehrten nicht, wie seine zeitgenössischen Porträts, im charakteristischen Habitus der Rokokozeit mit aufwendiger Perücke, sondern den Würdeformeln des Empire entsprechend als antikisierende klassizistische Hermenbüste ohne jegliche Attribute, allein beschränkt auf die markanten Gesichtszüge. Das Werk repräsentiert wegen des Dargestellten, den Entstehungsumständen, seinem Herstellungsort und seinem Material ein schönes Beispiel für eine besonders um 1800 weithin gepflegte Kunstproduktion. Biscuit nämlich ist eine Porzellanmaße, die unglasiert dem Garbrand ausgesetzt wird und deswegen zwar alle Eigenschaften des glasierten Porzellans entwickelt, aber keine hochglänzende Oberfläche.

Weil es so dem Marmor ähnelt, war es im Klassizismus besonders für Replikate von berühmten Bildhauerarbeiten hochgeschätzt. Sevres, die bedeutendste französische Manufaktur, ist nicht zuletzt wegen zahlreicher, sehr qualitätvoller Biscuitporzellane berühmt.