Kunstwerk des Monats im August 2006


06. August 2006
"Antonius und Kleopatra" von Jan Steen, 1667
Vorgestellt von: Katja Riemer

Jan Steen: Antonius und KleopatraDer aus Leiden stammende Maler Jan Steen ist heute vor allem für seine Genremalerei bekannt, da er zumeist Themen des alltäglichen Lebens aufgriff. Angesichts der großen Zahl seiner Genregemälde treten seine Historien, die immerhin 20 Prozent seines Oeuvres ausmachen, in den Hintergrund. Seine Gemälde lassen einen gebildeten und gesellschafts-kritischen Künstler erkennen. Denn auch wenn er vielfältige Aspekte des Lebens farbenfroh und lebendig einfängt, so verarbeitet er zugleich Sprichwörter und Sinnbilder, mit deren Hilfe er auf menschliche Schwächen verweist und Missstände anprangert. Jedoch verwandte er hierzu nicht nur die Darstellungen des Lebens seiner Zeit, sondern nutze hierfür auch bekannte religiöse und mythologische Historien.

Auch das Göttinger Gemälde könnte man auf den ersten Blick für die Darstellung eines beliebigen Gastmahls halten. Jedoch fügt Jan Steen der Darstellung ein Detail hinzu, das die Identifizierung der Szene als Historie ermöglicht: "Seit jeher waren zwei Perlen die größten; beide besaß Kleopatra, die letzte der Königinnen Ägyptens(...). Als sich Antonius täglich mit ausgesuchten Leckerbissen mästete, verhöhnte sie zugleich in stolzer und frecher Verachtung, wie es einer königlichen Dirne zukommt, dessen ganzen Aufwand und Prunk, und als er fragte, was denn seiner Prachtliebe zusätzlich geboten werden könnte, antwortete sie, sie wolle bei einer Mahlzeit 10.000.000 Sesterzen verzehren. Antonius war begierig, dies zu erfahren, glaubte aber nicht an die Ausführung.

Es wurde daher eine Wette eingegangen, und am folgenden Tage, an dem die Entscheidung fallen sollte, setzte sie dem Antonius, um den Tag nicht ungenützt verstreichen zu lassen, eine sonst reichhaltige, aber alltäglich Mahlzeit vor, worüber dieser sich lustig machte und die Rechnung anforderte. Jene beteuerte aber, dies sei nur eine Beigabe, die Mahlzeit werde die festgesetzte Summe aufbrauchen, denn sie werde allein für 10.000.000 Sesterzen essen. Darauf befahl sie, den Nachtisch aufzutragen. Auf ihre Anordnung stellten die Diener nur ein Gefäß mit Essig vor sie hin, der so scharf und kräftig war, dass er Perlen zu einer schleimigen Flüssigkeit auflöste. Sie trug an ihren Ohren jenes überaus seltene und wahrhaft einzige Werk der Natur. Und während Antonius so wartete, was sie tun würde, nahm sie eine Perle ab, warf sie hinein, und schlürfte die Lösung. Als sie sich anschickte, die andere auf die gleiche Weise zu verzehren, legte L.Plancus, der Schiedsrichter der Wette, die Hand auf sie und erklärte den Antonius für besiegt."
(Caius Plinius Secundus d.Ä.: Naturalis Historia. IX.Buch)