Kunstwerk des Monats im Juli 2013


07. Juli 2013
Melchior Küsel (Stecher): Szenen aus Medea Vendicativa 1662
Vorgestellt von: Dr. Christine Hübner

KdM Juli 2013 - Küsel: Szenen aus Medea Vendicativa 16621662 wird in München gefeiert. Lange war die Ehe zwischen Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern und Henriette Adelaide von Savoyen kinderlos geblieben. War bereits die Geburt der Tochter als ein glückliches Vorzeichen gewertet worden, so war mit der Geburt Max Emanuels das Fortbestehen der Dynastie gesichert. Acht Tage lang feierte man in dem „Churfürstlich Bayerischen Frewden-Fest“ die Taufe des Thronfolgers. Das erste große barocke Fest nördlich der Alpen etabliert den bayerischen Hof als international geprägtes Kulturzentrum und bekam Vorbildcharakter für alle weiteren höfischen Feste von Wien bis Versailles. Den Kern der Feierlichkeiten bildeten drei theatralische Darbietungen aus den Gattungen Oper, Ballett, Turnier und Feuerwerk, die dramaturgisch durch einen, den Theseus-Mythos frei aufgreifenden Handlungsfaden miteinander verbunden sind. Ein Vorspiel im antiken Götterhimmel gibt die Deutungsrichtung an. Es sind die Götter selbst, so wird es impliziert, die dieses Fest ausrichten. Alle Hoffnungen sind auf den neu geborenen Thronfolger gerichtet.
Ihm, dessen Wittelsbacher Abstammung bis auf die Trojaner zurückgeführt werden kann, wird die Figur des Theseus als Exemplum zugeführt. Diesem nach Herkules wichtigsten Helden der Antike folgend, soll Max Emanuel mutig und zugleich galant den Machtanspruch des Kurfürstentums verteidigen und die Türkenbedrohung endgültig niederwerfen.
Den Auftakt machte die Oper Fedra Incoronata im Opernhaus am Salvatorplatz. Die Handlung – eine Aneinanderreihung heroischer und amouröser Abenteuer, die der Held zu bestehen hatte - endet damit, dass Theseus Phädra zur Gattin nimmt und durch dieses Handeln die Ehre der ihn ebenfalls liebenden Amazonenkönigin Antiope verletzt. Das Geschehen wird, nachdem der Athener Soloon Theseus zur Ehrenrettung Antiopes zum ritterlichen Kampf herausgefordert hat, im Turnierdrama Antiopa Giustificata fortgesetzt. Ihren Höhepunkt finden die Darbietungen schließlich im Feuerwerksdrama Medea Vendicativa, das auf einer schwimmenden Bühne unter freiem Himmel an einem Nebenarm der Isar gegeben wurde. Am Schluss steht hier nach dem rasenden Rachefeldzug der Medea und einer finalen Seeschlacht die ganze Welt in Flammen und aus dem Hintergrund erscheint, überfangen von einem Triumphbogen, die Wiege des zum heldenhaften Erlöser stilisierten Thronerbens.
Drei Radierungen von Melchior Küsel nach Szenen aus dem Feuerwerksdrama um die „Rachesuchende Medea“ befinden sich in der Graphischen Sammlung der Universität Göttingen. Sie sind Teil der Hofpublizistik, die das einmalige Münchner Theater-Ereignis dokumentieren und verbreiten sollten. Die mediale Aufarbeitung umfasst die mit Beschreibungen und Erläuterungen versehenen Libretti der drei Stücke, denen die druckgraphischen Blätter beigebunden waren. Beispielhaft soll anhand dieser Blätter gezeigt werden, inwiefern Theater und Fest zur Herrschaftsrepräsentation.