Kunstwerk des Monats im März 2016


06. März 2016
"Carl Ferdinand Langhans: Nachzeichnen als Lehrmethode im Umkreis Friedrich Gillys"
Vorgestellt von: Dr. Marion Hilliges

KdM März 20161799 er­hält der junge und be­gab­te Friedrich Gilly den Auf­trag für den Ent­wurf eines Schau­spiel­hauses für die Stadt Königs­berg in Ost­preußen. Gerade von einer knapp zwei­jährigen Studien­reise durch Frank­reich und Eng­land zurück­ge­kehrt, auf der er vor allem die neuesten Theater in Paris studiert hat, war er prädestiniert diese technisch wie ge­stalterisch äußerst an­spruchs­volle Auf­gabe zu lösen. Die Ent­würfe für das Theater, die im Jahre 1800 – aller­dings in stark ver­änderte Form – um­ge­setzt wurden, sind leider ver­schollen. Er­halten haben sich lediglich Nach­zeichnungen nach den Original­ent­würfen, die in zwei Zeichnungs­mappen im Ge­heimen Staats­archiv in Berlin und in der Kunst­sammlung der Universität Göttingen vor­liegen. Die Zeichnungen des Berliner Exemplars sind auf dem ersten Blatt als ?Copien nach F. Gilly? be­schriftet und mit CFL signiert. Sie werden Carl Ferdinand Lang­hans zu­ge­schrieben, einem Schüler Friedrich Gillys und Sohn des be­rühmten Berliner Architekten Carl Gotthard Langhans, der 1791 das Branden­burger Tor er­richtete.

Die Göttinger Mappe ist nicht signiert, der Zeichner wird aber sicher in dem Um­kreis seiner Schüler aus der "Privat­ge­sell­schaft junger Architekten" zu suchen sein. Nach seiner Rück­kehr von seiner Studien­reise im Jahre 1799 gründete Friedrich Gilly zu­sammen mit Heinrich Gentz, seinem Schwager und engen Freund, die "Privat­ge­sell­schaft junger Architekten". Es handelte sich dabei um einen kleinen Kreis junger Kollegen und Schüler der Bau­kunst, die in einem privaten Rahmen über die modernen Auf­gaben des Architekten dis­kutierten und praktische Übungen voll­führten. Mit­glieder waren vor allem jüngere Architektureleven, wie Karl Friedrich Schinkel, Martin Friedrich Rabe, Carl Ferdinand Langhans, Carl Haller von Hallerstein sowie Joachim Ludwig Zitelmann.
Ent­wurfs­übungen zu den im Berliner Um­feld gerade aktuellen Bau­auf­gaben, wie Museen, Jagd­schlösser und Bibliotheken waren die zentralen Auf­gaben in dem er­lesen Kreis. Aber auch das Nach­zeichnen der Entwürfe und Zeichnungen Gillys war eine wichtige Übung, die die Hand und das Auge schulte. Auch Leo von Klenze zeichnete in seiner Berliner Zeit nach Ent­würfen Friedrich Gillys. Wenn­gleich Klenze nicht zu seinen Schülern ge­hörte, ist der Einfluss des bereits zu seinen Lebzeiten als Genie gefeierten Friedrich Gilly auf sein Schaffen offen­sichtlich.
Für das zeich­nerische Werk Friedrich Gillys, das zu einem großen Teil ver­loren gegangen ist, sind die Nach­zeichnungen seines Schüler­kreises heute eine wichtige Quelle für die Re­kon­struktion seines ?vres und seine eigene Rolle als Lehrer und Vor­bild für die neue Architekten­generation um 1800. Eine Architekten­generation, die die deutsche Architektur des frühen 19. Jahr­hunderts nach­haltig prägen sollte.