Nachruf Prof. Dr. Hartmut Fehrmann (1933 - 2020)

Am 27.0 l .2020 verstarb Professor Hartmut Fehrmann in Göttingen. Hartmut Fehrmann war von 1973 bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand 1998 Leiter der Mykologischen Abteilung im Institut für Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz in der Agrarwissenschaftlichen Fakultät der Georg-August-Universität in Göttingen. Nach seiner Habilitation an der Universität Gießen nahm er 1973 den Ruf auf die neu geschaffene Professur für Mykologie im Institut für Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz in Göttingen an. Er traf in Göttingen ein kurz nach dem Umzug des Instituts aus dem alten ››Fuchsbau« (benannt nach dem ersten Direktor Prof. Fuchs) im Nikolausberger Weg in den Neubau auf dem Nordcampus der Universität. Dort hat er die Mykologische Abteilung vollkommen neu eingerichtet und damit eine national und international anerkannte Forschungsstätte für pilzliche Krankheiten an landwirtschaftlichen Kulturpflanzen geschaffen. Mit seinem Arbeitsschwerpunkt in der Epidemiologie und Bekämpfung von Pilzkrankheiten im Weizen und in der Gerste hat er wichtige Grundlagen für einen modernen Pflanzenschutz in diesen weltweit wichtigen Kulturpflanzen gelegt. Internationale Anerkennung genoss er durch zahlreiche Beziehungen und Projekte mit Kollegen vor allem in Mittel - und Südamerika, sowie in Afrika (Äthiopien).

Hartmut Fehrmann wurde am 3.06. 1933 in Berlin geboren. Nach Absolvierung der Oberschule schloss er zunächst eine zweijährige Gärtnerlehre ab und arbeitete kurz als Gärtnergehilfe auf dem Lehr- und Versuchsgut Prussendorf bei Berlin. Anschließend folgte die Studienzeit, die ihn neben Berlin auch nach Bonn und Göttingen führte, wo er in der Zeit zwischen 1952 und 1959 Botanik, Chemie, Geowissenschaften und Landwirtschaft studierte. Nach dem Landwirtschaftsdiplom in Bonn folgte 1962 die Promotion im Institut für Pflanzenkrankheiten in Bonn unter Prof. Braun mit einen Thema zur Pathogenese von Phytophthora infestans, welches Hartmut Fehrmann nach der Promotion bei einem zweijährigen Forschungsaufenthalt in New Haven/ USA noch weiter vertiefte. Nach der Rückkehr hatte er im Institut für Phytopathologie an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Gießen zunächst die Stelle eines Assistenten, später Oberassistenten und schließlich Professors inne. Untersuchungen zur Ultrastruktur von P. infestans standen im Mittelpunkt seiner 1970 abgeschlossenen Habilitationsschrift. Anfang 1973 folgte der Ruf auf die unter Professor Heitefuß in Göttingen neu eingerichtete Professur für Mykologie.

Der Schwerpunkt der Arbeiten von Hartmut Fehrmann in Göttingen lag auf der Epidemiologie und Bekämpfung von Getreidekrankheiten, insbesondere im Weizen, aber auch in der Gerste. Dabei richtete sich sein Augenmerk auf Aspekte wie die Nutzung von Sortenmischungen in Weizen gegen Mehltau, Rost und Septoria nodorum, die Analyse von Virulenzspektren bei Braunrost, Septoria tritici und Drechslera teres und vor allem auf Veränderungen der Fungizidsensitivität beim Halmbrucherreger. Untersuchungen zum Halmbruch nahmen über viele Jahre breiten Raum in der mykologischen Abteilung ein. Monitoring der Fungizidsensitivität, Interaktionen zwischen den verschiedenen Pathotypen von Pseudocercosporella (heute Oculimacula sp.), sowie Möglichkeiten einer biologischen Kontrolle standen hierbei im Mittelpunkt. Ein zu der Zeit ganz moderner Ansatz bestand in der Entwicklung eines PC-basierten Warndienstes zur Halmbruchbekämpfung, deren Vorarbeiten noch aus der Gießener Zusammenarbeit mit H. Schrödter stammten. Weitere Promotionsprojekte widmeten sich ökologischen Fragestellungen wie der Rolle der epiphytischen Pilzflora auf Getreideblättern für die Planzengesundheit oder der Ursache und Dynamik von Suppressivität in Ackerboden. Besonderes Interesse weckte das in den 80erJahren stark aufkommende Thema des ,Waldsterbens' und veranlasste Hartmut Fehrmann. die Rolle von Luftschadstoffen als mögliche Schadfaktoren auch an landwirtschaftlichen Kulturpflanzen zu untersuchen und hierzu einen neuen Arbeitsschwerpunkt in der mykologischen Abteilung zu begründen.

Wie die landwirtschaftlichen Studiengänge insgesamt, erfreute sich auch die mykologische Abteilung besonders ab Mitte der 70er Jahre eines starken Zulaufs. Dies bot die Möglichkeit für zahlreiche Diplom- und Promotionsarbeiten. Bei Letzteren war Hartmut Fehrmann für insgesamt 58 Doktorandinnen und Doktoranden als Doktorvater verantwortlich. Viele seiner Schüler haben nach der Promotion ihren Weg in Behörden, Beratung, Industrie oder Praxis gefunden und sich eine innere Verbundenheit mit dem Göttinger Institut bewahrt. Ihr Doktorvater ist den meisten in Erinnerung als ein zielstrebig und ehrgeizig Forschender, der den Dingen stets akribisch und mit großem Ernst auf den Grund ging und dabei mit dem Ergebnis nicht leicht zufrieden zu stellen war. In Erinnerung bleibt aber auch sein unvermutet aufkommender Humor, mit dem er seine Umgebung überraschen konnte. Ausgleich fand er durch sein Interesse an den schönen Künsten, in der Musik am eigenen Klavier oder in den kunstgeschichtlichen Studien vor allem seiner späteren Jahre.

Die Agrarwissenschaftliche Fakultät in Göttingen, seine Schülerinnen und Schüler und die Gemeinschaft der Phytomediziner werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau, seiner Tochter und den beiden Enkeltöchtern.

Prof. Dr. Andreas von Tiedemann, Göttingen