Vortragsreihe: Widerständige Demokratie - offene Kulturräume verteidigen
Wir möchten auf die gemeinsame Veranstaltungsreihe Widerständige Demokratie - offene Kulturräume verteidigen aufmerksam machen, die aus einer Vernetzung von universitären Akteur*innen und Kultureinrichtungen in Göttingen und Umgebung im Stadtlabor hevorgegangen ist.
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit – sie will verteidigt werden. In Zeiten, in denen Kulturräume unter Beschuss stehen und Erinnerungsorte bedroht werden, braucht es mehr als stille Hoffnung. In dieser Reihe versammeln wir Stimmen, die sich den rechtsextremen und demokratiefeindlichen Angriffen auf unsere plurale Gesellschaft entgegenstellen. In den ersten beiden Vorträgen fragen wir uns, wie Rechtsextremismus heute aussieht, was ihn auszeichnet und wie seine sprachlichen Strategien funktionieren. In den letzten beiden Vorträgen schauen wir uns konkrete Beispiele an: Wie attackiert die extreme Rechte Theater, (queere) Archive und Gedenkstätten? Von subtilen Codes, mit denen rechtsextreme Botschaften verbreitet werden, bis zu den offenen Attacken auf Kulturinstitutionen – hier wird sichtbar gemacht, was im Verborgenen wirkt. Lasst uns gemeinsam Platz nehmen für unsere Demokratie.
10.9., 19 Uhr, Literarisches Zentrum: Patrick Wielowiejski (Gesellschaft für Freiheitsrechte): “Rechtsextremismus heute: Ideologien, Narrative und Kulturkämpfe"
Rechtsextremismus prägt unsere Gegenwart – in Parlamenten, im Netz, auf der Straße. Sichtbar wird er in kulturellen Ausdrucksformen ebenso wie in Taten von Terror und Gewalt. Während sich die öffentliche Wahrnehmung oft auf extreme Ereignisse oder eindeutige Symbole fokussiert, definiert die Forschung ihn breiter: als ein Geflecht aus Ideologien der Ungleichwertigkeit, autoritären Herrschaftsvorstellungen und der Ablehnung demokratischer Prinzipien. Der Vortrag erläutert zentrale wissenschaftliche Begriffe und zeigt anhand von Symbolen, Codes und Rhetorik, wie rechtsextreme Botschaften – oft in kulturell anschlussfähiger Form – verbreitet werden. Aus kulturwissenschaftlicher Perspektive werden dabei nicht nur Ideologie und Strategie, sondern auch die Rolle von Affekten und Imaginationen als treibende Kräfte rechtsextremer Mobilisierung zur Sprache kommen. Beispielhaft werden Ergebnisse einer ethnografischen Forschung über Homosexualität in der AfD vorgestellt. Ziel ist ein differenziertes Verständnis, das ideologische Grundlagen und kulturelle Erscheinungsformen gleichermaßen erfasst.
Der Eintritt ist frei.
2.10, 19 Uhr, Literarisches Zentrum: Volker Weiß (Historiker und Journalist): "Das Deutsche Demokratische Reich"
»Linke Nazis«, »geistiger Bürgerkrieg« und das »Deutsche Demokratische Reich« – mit provokanten Begriffen inszeniert die Neue Rechte ihren gegenwärtigen Kampf um die Deutungshoheit. In seiner Analyse Das Deutsche Demokratische Reich (Klett-Cotta 2025) zeigt Historiker und Journalist Volker Weiß, wie Geschichte und Sprache von rechts vereinnahmt, uminterpretiert und als Waffe gegen demokratische Werte eingesetzt werden. Ziel dabei: Die Delegitimierung des Liberalismus und die Verschiebung politischer Koordinaten. Im Gespräch seziert Weiß die Methoden und Strategien von AfD und Rechtsextremen in Deutschland und auf der Welt und benennt die Widersprüche im ideologischen Großprojekt.
VVK 11/7 € AK 12/8 €; Bei noch freien Plätzen freier Eintritt für Göttinger Studierende mit Kulturticket.
Weitere Informationen und Reservierung auf der Webseite des Literarischen Zentrums
3.11, 19 Uhr, WERKRAUM: Daniel Ris (Neue Bühne Senftenberg): "Als Theater Haltung zeigen - Erfahrungen aus Brandenburg", Impulsvortrag und Gespräch
Daniel Ris ist Schauspieler, Regisseur und Autor. 2012 schloss er das Studium EXECUTIVE MASTER IN ARTS ADMINISTRATION der Universität Zürich mit Auszeichnung ab und veröffentlichte seine Masterarbeit „Unternehmensethik für den Kulturbetrieb“ bei Springer VS. Er ist systemischer Coach mit Zertifikat der Fachhochschule Potsdam und seit 2015 auch als Berater tätig. Von 2016 bis 2021 war er Intendant der Burgfestspiele Mayen. Seit 2022 ist er Intendant der „neuen Bühne Senftenberg“.
Der Eintritt ist frei.
2.12, 19 Uhr, Museum Friedland: Albert Knoll (Historiker): "Die Erinnerung an den NS-Terror im Visier der Rechten: Beispiele aus der KZ-Gedenkstätte Dachau und der queeren Community München"
Rechtspopulisten versuchen zunehmend Einfluss auf demokratische Kulturinstitutionen zu nehmen und bedrohen Einrichtungen, die sich mit der Geschichte und Situation vulnerabler Gruppen auseinandersetzen. Besonders Orte, die an die NS-Zeit erinnern, sind bei ihrer Arbeit mit Übergriffen oder bewussten Störungen konfrontiert.
Albert Knoll, langjähriger Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte Dachau und Vorstand des Forums Queeres Archiv München, forscht seit über 30 Jahren zur Opfergruppe der homosexuellen Häftlinge des KZ Dachau und kämpft für die Rechte von Schwulen und Lesben.
In seinem Vortrag zeigt er anhand konkreter Beispiele, wie die Gedenkstättenarbeit und Institutionen der queeren Community von rechts bedroht werden und wie sich die Einrichtungen dagegen wehren.
Der Eintritt ist frei.
Das Programm wurde konzipiert vom BoatPeopleProjekt, Deutschen Theater Göttingen, Institut für Diversitätsforschung, Kulturzentrum KAZ, Literarischen Zentrum Göttingen, Museum Friedland und vom Stadtlabor Göttingen. Sie öffnen ihre Türen und schaffen einen Raum, in dem Stimmen aus Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft aktuelle Entwicklungen sichtbar machen, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen – und damit erhalten.
Die Veranstaltungsreihe wird gefördert durch das Bundesprogramm »Demokratie leben!«.