(A)symmetries and Movement in Spoken and Sign Language


Team

Neha Kulshreshtha
Markus Steinbach
Seid Tvica
Hedde Zeijlstra


Beschreibung des Projekts

Eine der faszinierendsten Eigenschaften des Aufbaus von Sätzen ist das häufige Vorkommen bestimmter Arten von "Links-Rechts-Asymmetrien" (LRA). Dazu gehört z.B. die gut dokumentierte Präferenz spezifikator-initialer Strukturen gegenüber spezifikator-finaler Strukturen. Diese Asymmetrie wirft die Frage auf, inwieweit die zugrundeliegenden Strukturen selbst asymmetrisch sind. In der aktuellen Forschung gibt es dazu (zumindest) zwei gegensätzliche Ansätze: Der erste Ansatz geht davon aus, dass die Grammatik grundsätzlich symmetrisch ist und damit sowohl spezifikatoren- und kopf-initiale als auch spezifikatoren- und kopf-finale Strukturen generieren kann. Im Rahmen dieses "symmetrischen" Ansatzes lässt sich die Dominanz spezifikator-initialer Strukturen aus einem generellen Verbot von Rechtsbewegung (“ban on rightward movement”, BORM) ableiten, das wiederum auf extragrammatischen Prinzipien zurückgeführt werden kann. Im Rahmen des konkurrierenden "asymmetrischen" Ansatzes werden alle Phrasen grundsätzlich in einer Spezifikator-Kopf-Komplement-Abfolge (SHC-Abfolge) linearisiert. Dies bedeutet, dass Strukturen, die dieser SHC-Abfolge nicht entsprechen, mithilfe von zusätzlichen syntaktischen Bewegungen abgeleitet werden müssen. Beide Ansätze sehen sich mit einer Reihe empirischer Problemen konfrontiert, so dass die grundsätzliche Frage, ob grammatische Strukturen symmetrisch oder asymmetrisch sind, nach wie vor nicht beantwortet ist.

Im Mittelpunkt des vorliegenden Projekts stehen die beiden folgenden Fragen: (i) Welche LRA gibt es in gesprochenen Sprachen und lassen sich diese LRA aus dem BORM oder einer anderen generellen Beschränkung ableiten und (ii) welche LRA gibt es in Gebärdensprachen und wie unterscheiden sich diese Asymmetrien von entsprechenden Asymmetrien in gesprochenen Sprachen? Das zentrale Ziel des Projektes ist, zu ermitteln, ob die im Rahmen der beiden Fragen (i) und (ii) untersuchten Phänomene Hinweise auf ein grammatikexternes BORM als grundlegende Beschränkung für syntaktische LRA liefern und in wieweit grammatikexterne Faktoren wie die Sprachmodalität (i.e. Laut- vs. Gebärdensprachen) zu den beobachteten Oberflächenasymmetrien beitragen.

LRA werden im Allgemeinen als Argumente für einen asymmetrischen Ansatz angeführt. Der erste Schritt des Projekts besteht daher darin, zu untersuchen, ob syntaktische Strukturen in Laut- und Gebärdensprache in ihrem Kern grundsätzlich asymmetrisch sein müssen. Wenn es möglich ist, belegte LRA auf ein extragrammatisches BORM zurückzuführen, dann sind diese Asymmetrien sowohl mit einer symmetrischen als auch mit einer asymmetrischen Analyse kompatibel und wären somit keine Evidenz mehr für einen asymmetrischen Ansatz. Eine Reduktion bestehender LRA auf BORM würde demnach bedeuten, dass es keine empirischen Argumente für eine asymmetrische Analyse mehr geben würde.

Der zweite Schritt besteht darin, zu untersuchen, ob die Häufigkeit von Links- und die Seltenheit von Rechtsbewegung direkt eine asymmetrisch organisierte Grammatik widerspiegelt, oder ob sich diese Asymmetrie aus unabhängigen, extragrammatischen Gründen wie beispielsweise Parsingbeschränkungen und modalitätsspezifischen Restriktionen ableiten lassen. Da Rechtsbewegung in Gebärdensprachen stärker verbreitet zu sein scheint, gehört zu unseren Zielen, zu erklären, warum Gebärdensprachen nicht denselben Beschränkungen unterliegen wie Lautsprachen und was die Abwesenheit solcher Beschränkungen in Gebärdensprachen über die (A)Symmetrie der zugrundeliegenden Strukturen aussagt.