Der Mann in der Krise? Über Antifeminismus und Weiblichkeitsabwehr in aktuellen Geschlechterdiskursen

Vortrag von Rolf Pohl

Wann: Donnerstag, den 7.Juni 2018
Zeit: 16.15Uhr
Ort: KWZ 0.610 (Kulturwissenschaftliches Zentrum im Heinrich-Düker-Weg 14)

Die verbreitete Rede vom "Mann in der Krise" verschleiert, dass Männlichkeit in männlich dominierten Gesellschaften grundsätzlich ein fragiles und krisenhaftes Konstrukt ist. Zu den typischen Erscheinungsformen dieses Konstrukts und seiner Verarbeitung gehören Weiblichkeitsabwehr, Antifeminismus und Homosexualitätsfeindschaft: die Abwehr von Allem, was als nicht-männlich gilt und als Bedrohung erlebt wird. Die von MännerrechtlerInnen und einigen Mainstreammedien mit misogynen Schuldzuweisungen erhobenen Klagen über die „Krise der Männer“, die „benachteiligten Jungen“ und die „entsorgten Väter“ sind eine rückwärtsgewandte Reaktion auf die marktradikale Verschärfung des gesellschaftlichen Krisengeländes. Ihr essentialistisches Bild von dem aus weiblicher und feministischer Knechtschaft zu befreienden ‚männlichen Wesen‘ macht die Problematik einer affirmativen, mit Hass aufgeladene Verwendung des Identitäts-Begriffs in besonderer Weise deutlich.

Rolf Pohl war Professor für Sozialpsychologie am Institut für Soziologie der Leibniz Universität Hannover mit den Schwerpunkten Geschlechterforschung (Männlichkeit, sexuelle Gewalt, männliche Adoleszenz) und Politische Psychologie (NS-Täter, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit).