Julia Koblitz

1. Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Ich habe mein Abitur in Hannover gemacht. Dann entschied ich mich für ein Sozialwissenschaftliches Studium an der Universität Göttingen. Meine Hauptfächer waren Wirtschafts- und Sozialpsychologie, Soziologie, Öffentliches Recht und Volkswirtschaftslehre. Dabei lag mir besonders die Wirtschafts- und Sozialpsychologie am Herzen. Nach meinem Abschluss 2006 begann ich ein Jahr als Trainee bei der Emlix GmbH. Hier bekam ich einen Einblick in die Arbeit der Geschäftsleitung und in die Arbeitsbereiche Marketing/PR, insbesondere ins Veranstaltungsmanagement. Mit der Zeit entwickelte ich eine Vorstellung von Tätigkeitsbereichen, die genauer fokussiert werden sollten: Personalreferentin, Unternehmensberatung oder Eventmanagement. Im Laufe der Bewerbungsphase viel mir eine Stellenbeschreibung durch Zufall in die Hände, die viele für mich interessante Aspekte, wie Kommunikation, Organisation und Koordination verband. Der Landkreis Osterode am Harz bot mir 2008 die Leitstelle Region des Lernens an. Im Rahmen dieser Netzwerkstelle zwischen dem Bildungs- und dem Wirtschaftsbereich beantragte ich nach drei Jahren Fördergelder des Bundes für das sogenannte „Übergangsmanagement“ Jugendlicher von der Schule in das Berufsleben. Durch diesen erfolgreichen Antrag arbeitet außer mir nun ein dreiköpfiges Team an diesem Thema. Durch längere Vorarbeit konnte ich gemeinsam mit dem Team den Landkreis Osterode überzeugen, die Nachhaltigkeit der Arbeit zu sichern, indem aus den bisher laufenden Projekten 2010 eine gemeinsame, feste Abteilung im Landkreis entstanden ist: Die Koordinierungsstelle Bildung-Beruf in der Stabsstelle Bildung, Wirtschaft und Regionalplanung.


2. Wer hat Sie in Ihrem beruflichen Umfeld am stärksten unterstützt? Hatten Sie Vorbilder, die Ihren Werdegang beeinflusst haben?
Meinen Weg habe ich selbst gefunden. Da es sich um ein relativ neues Berufsfeld handelt, gab es in der Region in diesem speziellen Sinne keine Vorbilder. Allerdings lerne ich natürlich durch den täglichen Kontakt mit den unterschiedlichsten Netzwerkpartnern täglich dazu. Außerdem habe ich durchaus einen Vorteil, da ich bereits eine gute Mischung an Themenbereichen mit auf den Weg bekommen habe. Mein Vater war Schulleiter, meine Mutter ist Lehrerin und gleichzeitig habe ich meine ersten beruflichen Erfahrungen durch Praktika und ein Trainee-Programm in der Wirtschaft gesammelt. Dadurch erhielt ich schon früh Einblicke in beide Bereiche und deren Herausforderungen. Besonders hilfreich ist auch der Austausch mit Kollegen, den ich besonders zu schätzen weiß, weil ich die ersten drei Jahre alleine in diesem Bereich gearbeitet habe.


3. Wenn Sie an Ihre aktuelle Arbeit denken, können Sie positive wie negative Aspekte nennen?
Besonders positiv hervorzuheben ist die Eigenverantwortlichkeit in diesem Berufsfeld, zumal noch ein großer Bedarf an neuen Konzepten und Ideen herrscht. Auch die Vielfältigkeit der Institutionen und Branchen hat einen Reiz: Ich muss mich immer wieder neu auf die verschiedenen Interessen, Bedarfe und Probleme der Akteure an den Übergängen von der Schule bis in das Berufsleben einstellen.
Als nicht so vorteilhaft sehe ich, dass man für alle Netzwerkpartner mit dem eigenen Anliegen immer zusätzliche Arbeit wahrgenommen wird und dass es damit oft ein hohes Maß an Geduld, Überzeugungsarbeit und Frustrationstoleranz braucht. Der Verdienst ist im Vergleich zur freien Wirtschaft bei Kommunen nicht sehr hoch. Es gibt einen festen Tarif im öffentlichen Dienst. Ein weiterer Aspekt ist, dass hierarchische Aufstiege nur durch Tätigkeitserweiterungen und einer damit einhergehenden Überprüfung der Stellenbeschreibung zu erreichen sind. Das ist ein Schritt, der eher unüblich und nur durch viel Eigeninitiative zu erreichen ist.


4. Was sind Ihre persönlichen Interessen, die vielleicht auch zu Ihrem Beruf geführt haben?
Ich habe sehr bald gemerkt, dass für mich Beruf und Berufung zusammen gehören. Ich wollte die Vielseitigkeit: Beratung, Planung, Kommunikation. Ich suchte einen Beruf, in dem zwischenmenschliche Kompetenzen neben den Fachkenntnissen ebenfalls gefragt sind. Ich habe sehr viel Spaß beim Umgang mit Menschen, aber als besondere Herausforderung empfinde ich neben diesem Aspekt auch die strategischen Aufgaben, die zu meinem Beruf gehören. Eine ausgewogene Mischung verschiedener Bereiche macht meinen Job so vielseitig und interessant!


5. Wie stellen Sie Ihre „Work-Life Balance“ her, also die Vereinbarkeit bzw. den Einklang von Beruf und Privatleben?
Ich denke, dass ist leichter, wenn man einen Beruf hat, den man auch gerne ausübt. Natürlich ist es auch wichtig, einen Gegenpol zu haben: Ich reite gerne und bin gerne in der Natur für mich. Aber auch soziale Netzwerke, wie Freundschaften und Partnerschaft sind für mich wichtig und tragen natürlich zur Ausgeglichenheit bei.


6. Mit welchen Problemen hatten Sie während Ihres Karriereverlauf zu kämpfen?
Während meines Studiums habe ich gezweifelt, ob Sozialwissenschaften das Richtige für mich sind. Ich überlegte zu Psychologie zu wechseln, entschied mich nach einer Beratung dann aber doch dagegen. Während des Traineejahres habe ich eher herausgefunden, in welche Richtung ich mich beruflich nicht weiterentwickeln möchte. Das Problem war die Suche nach einer für mich passenden beruflichen Mischung, die ich inzwischen gefunden habe. Heute sehe ich die Probleme eher inhaltlicher Art. Es ist zum Beispiel manchmal mühsam, Akteure eines ganzen Landkreises dauerhaft zu aktivieren und zu motivieren.


7. Welche Empfehlungen haben Sie für Absolventinnen in diesem Berufsfeld?
Praktika in diesem Bereich zu machen. Man sollte sich darüber klar werden, dass es ein sehr schnelllebiger Arbeitsbereich ist, der sehr viel diplomatisches Geschick, Flexibilität und Toleranz voraussetzt. Wenn man sich für diesen Bereich entscheidet, sind praktische Erfahrungen in Schulen oder Betrieben sehr hilfreich. Vor allem sollte man aber kommunikativ und eigenverantwortlich arbeiten und das auch vermitteln können.
Studierende der Sozialwissenschaften zweifeln oft an ihrer Fachkompetenz. Meiner Erfahrung nach liegt diese bei Sozialwissenschaftlern aber genau in der Vielfalt der Themenbereiche und in der Kombination zu einer Gesamtsicht, die sich daraus ergibt. Kompetenzen werden aber auch erst deutlich und entwickeln sich im Berufsalltag weiter. Auf jeden Fall sollte man die eigene Expertise wahrnehmen und den Willen zur Umsetzung eigener Ziele zeigen.


8. Spielt Gleichstellungsarbeit in Ihrem Berufsfeld eine Rolle? Wie beurteilen Sie die Geschlechterverhältnisse und Ihre Rolle als Frau in Ihrem Beruf?
In meinem Job ist Erfahrung, Persönlichkeit und Willen wesentlicher wichtiger als das Geschlecht. Ich habe noch keine Kinder und kann deswegen auch nicht viel zur Vereinbarkeit von Kind und Karriere sagen. Allerdings glaube ich schon, dass eine Kommune diesbezüglich sehr sichere Arbeitsplätze im Vergleich zur freien Wirtschaft bietet (Sozialleistungen, Kündigungsschutz,…). Andererseits gibt es im Übergangsmanagement viele Abendveranstaltungen, deren Vereinbarkeit mit Familie problematisch werden könnte.
In diesem Bereich sind viel Vertrauensarbeit, Respekt und Durchsetzungsvermögen nötig, die man sich in jeder Berufsgruppe unterschiedlich erarbeiten muss. Über Vorurteilen und veralteten Ansichten sollte man stehen und seine Ziele weiter verfolgen.