Neue Quantentechnologie verbindet freie Elektronen und Photonen

Nr. 39 - 17.08.2022

Forschenden aus Göttingen und der Schweiz gelang es erstmals, kontrolliert Elektron-Photon-Paare in einem Elektronenmikroskop zu erzeugen. Mit einem neuen Messverfahren konnten sie die beteiligten Teilchen präzise nachweisen. Die Erkenntnisse der Studie erweitern den Werkzeugkasten der Quantentechnologie.

 

Schnellere Computer, abhörsichere Kommunikation, bessere Sensoren in Autos – Quantentechnologien haben das Potenzial, unser Leben genauso zu revolutionieren wie einst die Erfindung von Computern oder des Internets. Weltweit arbeiten Expert*innen daran, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in Quantentechnologien umzusetzen. Damit dies gelingt, benötigen sie mitunter einzelne Teilchen, zum Beispiel Photonen – die Elementarteilchen des Lichts –, mit speziellen Eigenschaften. Exakt einzelne Teilchen zu erhalten, ist jedoch aufwendig und bedarf komplexer Methoden. In einer kürzlich im Fachmagazin Science veröffentlichten Studie stellen Forschende nun ein neues Verfahren vor, das gleich zwei verschiedene Einzelteilchen in Form eines Paares erzeugt.

 

Einem Forschungsteam des Göttinger Max-Planck-Instituts (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, der Universität Göttingen und der Schweizer École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) gelang es, einzelne freie Elektronen und Photonen in einem Elektronenmikroskop miteinander zu koppeln. In dem Göttinger Experiment passiert der Strahl eines Elektronenmikroskops einen integrierten optischen Chip, den das Schweizer Team hergestellt hat. Dieser Chip besteht aus einer Glasfaserkopplung und einem ringförmigen Speicher – ein sogenannter Resonator –, der sich bewegende Lichtteilchen auf einer Kreisbahn hält. „Wenn ein Elektron mit dem anfangs leeren Resonator wechselwirkt, wird ein Photon erzeugt“, erklärt Dr. Armin Feist, Wissenschaftler am MPI und an der Universität Göttingen und einer der Erstautoren der Studie. „Dabei verliert das Elektron genau die Energiemenge, die das Photon benötigt, um quasi aus dem Nichts im Resonator zu entstehen: Die beiden Teilchen sind durch ihre Wechselwirkung miteinander verbunden und bilden ein Elektron-Photon-Paar.“ Mit einem weiterentwickelten Messverfahren konnte das Team die beteiligten Teilchen und deren gleichzeitiges Erscheinen präzise nachweisen.

 

„Das Besondere der Elektron-Photon-Paare ist, dass nur ein Teilchen gemessen werden muss, um Informationen über Energiegehalt und zeitliches Auftreten des zweiten zu erhalten“, betont Germaine Arend, Doktorandin am MPI und ebenfalls Erstautorin der Studie. Die Forschenden können also zur selben Zeit ein Quantenteilchen in einem Experiment nutzen und das andere zur Kontrolle vermessen. Dies ist für viele Anwendungen in der Quantentechnologie notwendig.

 

Max-Planck-Direktor und Universitäts-Professor Dr. Claus Ropers sieht in den Elektron-Photon-Paaren eine neue Chance für die Quantenforschung: „Die Methode eröffnet faszinierende neue Möglichkeiten in der Elektronenmikroskopie. Im Bereich der Quantenoptik verbessern verschränkte Photonenpaare bereits die Bildgebung. Mit unserer Arbeit können solche Konzepte nun auch mit Elektronen erforscht werden.“

 

Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Multidisziplinäre Naturwissenschaften