In publica commoda

Schweiger: Modernitätsdiskurse in deutscher und chinesischer Literatur.
45771, Mi 11-13, Beginn: 19.04.2006, VG 414


Die westliche Vorstellung von Moderne beschreibt Matei Calinescu als zwei unversöhnliche Modernitäten, die sich ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts irreversibel in eine technisch-industrielle und eine kulturell-ästhetische Moderne aufgesplittert haben. Topographisch ist die westliche Moderne an die Großstadt gebunden. In der Volksrepublik China wurde im 20. Jahrhundert der Versuch unternommen, das „Land“ in Ablehnung der „Stadt“ als Ausgangspunkt einer chinesi-schen Moderne zu entwerfen.
Die Frage, der im Seminar nachgegangen werden soll, gilt den unterschiedlichen, kulturspezifischen Modernitätsentwürfen in ihrem sozialhistorischen Kontext. Anhand literarischer Beispiele lässt sich verdeutlichen, wie sich diese Entwürfe voneinander unterscheiden, wo sie eine kulturelle Wechselwirkung dokumentieren und wo sie eine bewusste Abgrenzung oder Vereinnahmung signalisieren. Dabei wird sich zeigen, wie sehr der Begriff „Moderne“ von Ideologien und Projektionen gespeist ist.

Für dieses Seminar ist eine Anmeldung erforderlich unter:
irmy.schweiger@phil.uni-goettingen.de

CHINESISCHKENNTNISSE SIND NICHT ERFORDERLICH
Literatur zur Einführung:
Zmegac, V. (1994): Moderne, Modernität. In: Dieter Borchmeyer/Viktor Zmegac [Hg.]: Moderne Literatur in Grundbegriffen. 2., neubearb. Aufl. Tübingen, S. 278-285. - Schönert, J.(1989): Gesell-schaftliche Modernisierung und Literatur der Moderne. In: Zur Terminologie der Literaturwissen-schaft. Akten des IX. Germanistischen Kolloquiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft Würz-burg 1986. Hg. von Christian Wagenknecht. Stuttgart, S. 393-413. - Lee, Leo Ou-fan (1990): "In Search of Modernity: Some Reflections on a New Mode of Consciousness in Twentieth-Century Chinese History and Literature." In Cohen and Goldman, eds. Ideas Across Cultures. Cambridge: HUP, 109-136. - Hermand, J. (1972): „Der Aufbruch in die falsche Moderne. Theorien zur deutschen Literatur um die Jahrhundertwende“. In: Ders.: Der Schein des schönen Lebens. Studien zur Jahrhundertwende. Frankfurt/M, S. 13-25. – Jenner (1982): "Is a Modern Chinese Literature Possible?" In W. Kubin and R. Wagner, eds. Essays in Modern Chinese Literature and Literary Criticism. Bochum: Brockmeyer. - Calinescu, M. (1987): Five Faces of Modernity. Modernism. Avant-Garde. Decadence. Kitsch. Postmodernism. Durham.


Zhang: Interkulturelle Wahrnehmungsmuster am Beispiel Märchen
45582, Do 16-18, Beginn: 20.04.2006, VG 212


In der Zeit zunehmender Globalisierung gewinnt die kulturvergleichende Untersuchung an Bedeutung. In der Begegnung mit Literatur ist Fremderfahrung auf vielen Ebenen möglich. Ab etwa 1980 setzt die Forschung im Gebiet der Interkulturalität verstärkt ein. Aber wie lässt sich Kultur vergleichend
untersuchen? Unter welchen Bedingungen vollzieht sich ‚interkulturelles Verstehen’? Das ist Thema der Interkulturellen Literaturwissenschaft, die sich mit der Interpretation und Rezeption fremdkultureller Literatur befasst. Sie reflektiert Möglichkeiten und Grenzen des Verstehens und der Verständigung zwischen verschiedenen kulturellen und gesellschaftlichen Systemen. Relevant sind u.a. Fragen zu allgemeinen Strukturen des (Fremd-)Verstehens sowie Überlegungen zu Anthropologie,Universalismus und Kulturrelativismus.
Literaturwissenschaft. Das Seminar setzt sich mit grundlegenden Texten der interkulturellen Theorie und Methoden interkultureller Hermeneutik auseinander. Im Anschluss werden Märchen als kulturübergreifendes Textkorpus diskutiert. Durch die Analyse der in Märchen manifesten Themen und Motive soll der Frage nachgegangen werden, welche Rezeptionshaltung beim Lesen und Interpretieren fremdkultureller Märchen eingenommen wird. Ferner wird zu diskutieren sein, ob die Leseweise dem Gegenstand überhaupt gerecht werden kann.
Da es für diesen Ansatz noch kein allgemein verbindliches Standardwerk gibt, werde ich eine Auswahl an Texten bereitstellen, die es ermöglichen sollen, sich dem Thema von verschiedenen Perspektiven aus zu nähern (Hermeneutik, Anthropologie, Kognitionspsychologie etc.). Als Einstieg empfehle ich:

Turner, Mark: The Literary Mind. The Origins of Thought and Language. New
York/Oxford, 1996. Göller, Thomas: Sprache, Literatur, kultureller Kontext. Studien zur Kulturwissenschaft und Literaturästhetik. Würzburg 2001.

Es gelten die Regelungen des neuen Anmeldeverfahrens.