Kunstwerk des Monats im Juni 2012


03. Juni 2012
Tod am Vesuv - Leben und Werk des Göttinger Historienmalers Friedrich Spangenberg
Vorgestellt von: Jan Stieglitz

KDM Juni 2012Bereits seit den Anfängen der Universitätskunstsammlung Göttingen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind Stiftungen ein elementarer Bestandteil ihres Bestandes. Auf diese Weise gelangten viele Werke unterschiedlichen künstlerischen Stils aber auch unterschiedlicher Qualität in den Besitz der Universität. Gemeinsam ist ihnen allen die Bedeutung als historisches Zeugnis ihrer Zeit, was sie unabhängig von ihrem ästhetischen Gehalt für die Kunstgeschichte interessant macht. Dies gilt in besonderem Maß für Vorstudien von Werken, die schon aus ihrem Entstehungszweck heraus eigentlich niemals über einen längeren Zeitraum ausgestellt werden sollten. Seit mehr als 120 Jahren befinden sich zwei solche Ölskizzen im Besitz der Universitätskunstsammlung. Sie wurden anlässlich der Sonderausstellung Akademische Strenge und künstlerische Freiheit nun erstmals eingehend untersucht.

Ihr Schöpfer, der in Göttingen aufgewachsene Maler Friedrich Spangenberg, spielte in der Kunstgeschichtsschreibung bislang kaum eine Rolle, was sicher auch daran lag, dass er bereits im Alter von 30 Jahren während einer Italienreise verstarb. Der im Jahr 1843 geborene Göttinger erhielt seine erste künstlerische Ausbildung bei seinem Vater, dem Landschafts-, Bildnis- und Porzellanmaler Johann Friedrich Spangenberg. Im Oktober 1859 schrieb er sich an der Akademie der bildenden Künste in München ein, um bei Carl Theodor von Piloty zu studieren, bevor es ihn zwei Jahre später zum Studium an die damals neu eingerichtete Kunstschule in Weimar zog.
Bis heute sind nur noch zwei seiner ausgeführten Werke bekannt. Eine Darstellung der Triumphierenden Union über die Konföderierten Südstaaten, die sich heute in New York befindet und das Historiengemälde Geiserich führt die gefangene Eudoxia aus dem geplünderten Rom in der Kunsthalle in Kiel. Die beiden Ölskizzen der Kunstsammlung stehen in direktem Bezug zu letztgenanntem Werk. Es handelt sich dabei um Schaustücke, die der Verbindung für historische Kunst vorgelegt wurden. Die beiden Werke zeigen eine Szene aus der Völkerwanderungszeit, die Plünderung Roms durch den Vandalenkönig Geiserich im Jahr 455 sowie weiterhin ein hochmittelalterliches Thema, eine Kreuzzugspredigt des Hl. Bernhard von Clairvaux. Die Verbindung entschied daraufhin, dass die Szene um den Vandalenkönig Geiserich ausgeführt werden sollte, was bis zum Jahr 1872 geschah.
Die vorzustellenden Skizzen stellen einen guten Ausgangspunkt dar, um sich mit dem künstlerischen Werdegang des Göttinger Malers und den Bedingungen der Produktion großformatiger Historiengemälde im 19. Jahrhundert zu beschäftigen. Der junge Göttinger ist hierzu durchaus repräsentativ. Er schulte sich an einigen der bekanntesten Historienmaler seiner Zeit und führte dann ein Werk aus, dessen Skizze noch heute zum Vergleich mit dem Original einlädt. Gleichzeitig ist es ein sprechendes Zeugnis für den Versuch der Zeitgenossen des 19. Jahrhunderts eine Kunstförderung einzurichten, die nur einen kleinen Teil der Kunstproduktion, die Historienmalerei, erreichen sollte.