Kunstwerk des Monats im November 2006


05. November 2006
"Blick in einen Laden" von Willem van Mieris, 1720
Vorgestellt von: Dorle Meyer

Willem van Mieris: Blick in einen LadenZur Genremalerei

Die Genremalerei, die Darstellung des Alltäglichen, ist eine Kunstgattung, die im 17. Jahrhundert vor allem in den Niederlanden expandierte. Ihre Wurzeln liegen mutmaßlich in den Lasterdarstellungen Boschs und den Bauernszenen Brueghels.

Die Forschung des 20. Jahrhunderts geht allgemein davon aus, dass den Genrebildern vielfach ein tieferer - unterhaltender und meist auch belehrender - Sinn inne wohnt. Für uns heutige Betrachter erschließt sich diese andere Bedeutung hinter der Alltagsszene oft nicht ohne weiteres. Rezipienten des 17. Jahrhunderts jedoch dürften sie durch die Kenntnis damals geläufiger Literatur, Emblembücher, Theater und Sprichwörter leichter verständlich gewesen sein. Denn dies waren nicht selten die Quellen bestimmter Motive. Es handelt sich bei den Genregemälden also auch nicht nur um "schnappschuß"-artig wahrgenommene Momente des täglichen Lebens, sondern um im Atelier sehr genau durchdachte und säuberlich konzipierte Bilder.

Die Leidener "Feinmalerei"

Die Schule der "Leidener Feinmaler", die durch den Rembrandt-Schüler Gerard Dou ins Leben gerufen wurde und die sich namensgetreu auf den Umkreis der Stadt Leiden beschränkt, brachte viele Künstler hervor, die das Genre zu einem ihrer Spezialgebiete erkoren. Dabei verwendeten sie eine besondere, sehr feine und fast emailleartige Malweise, die ihnen die Bezeichnung als "Feinmaler" einbrachte. Willem van Mieris ist ein wichtiger Vertreter dieser Schule. 1662 in Leiden geboren, ging er bei seinem Vater Frans van Mieris in die Lehre. Jener hatte bei Gerard Dou gelernt und gab seine Kenntnisse an den Sohn weiter. Neben anderen Themen spezialisierte sich Willem van Mieris auf Interieurs mit Händlern oder Musizierenden.

Der "Blick in einen Laden" in der Göttinger Kunstsammlung ist durch seine Technik und seinen erotischen Gehalt ein schönes Beispiel sowohl für "Leidener Feinmalerei" als auch für doppeldeutige niederländische Genredarstellungen des 17. Jahrhunderts.